Landrat Helmut Riegger stellte des Haushaltsplanentwurf für 2021 vor.Foto: Kunert Foto: Schwarzwälder Bote

Finanzen: Landrat Riegger stellt Etat-Entwurf für 2021 vor / 225,5 Millionen Euro Volumen / "Akzeptanz von Schulden wächst"

Ein Kreishaushalt in Zeichen der Corona-Pandemie: Mit der Haushaltsrede von Landrat Helmut Riegger starteten jetzt die Beratungen für den Etat 2021 im Calwer Kreistag. 225,5 Millionen Euro Gesamtvolumen sind veranschlagt. Die Kreisumlage soll um 1,5 Punkte auf 31,5 Prozent steigen.

Kreis Calw/Ebhausen. Wobei Landrat Riegger im Pressegespräch vor der Haushaltsrede offen eingesteht, dass "die Kreisräte mir noch immer die Kreisumlage gekürzt haben" – er also bisher nie seine in einem Haushaltsentwurf vorgeschlagene Umlage-Höhe habe am Ende durchsetzen können. Was aber im Endeffekt nur bedeuten würde: Die Umlagen-Anteile, die vor allem die Bürgermeister im Kreistag für ihre Kommunen regelmäßig nicht – im Zweifel aus eigenen Schulden – finanzieren wollten, müsse der Kreis letztlich irgendwie selbst finanzieren; mutmaßlich eben auch aus (neuen) Schulden. Für den Steuerzahler ändert sich also im Prinzip nichts, wenn die Kreisumlage sinkt.

Weshalb sich ein Blick auf die Schuldenseite des Entwurfs des Kreishaushalt 2021 lohnt: 12,8 Millionen Euro sind als Kreditaufnahmen geplant, 4,2 Millionen Euro an Tilgungen. Macht eine Netto-Neuverschuldung von 8,6 Millionen Euro. Und voraussichtliche Gesamtschulden von 43,3 Millionen Euro zum Jahresende 2021. Klingt viel, aber die Zinslast schlägt mit gerade einmal 300 000 Euro im Jahr zu Buche für den Kreis. Geld ist derzeit extrem billig, für die öffentliche Hand in Deutschland sowieso. "Wir haben gerade für unsere Kliniken fünf Millionen Euro aufgenommen", erläutert Kreiskämmerer Albrecht Reusch auf Nachfrage. "30 Jahre fest zu 0,49 Prozent Zinsen." Weshalb Landrat Riegger bestätigt: "Die Akzeptanz von neuen Schulden steigt" in der Öffentlichkeit, auch bei den sonst ja sprichwörtlich sparsamen Schwaben. "Aber nur, wenn es echte Investitionen in die Zukunft betrifft." Von denen dann auch spätere Generationen profitieren können.

Und von genau denen hat der Landkreis Calw eine ganze Reihe auf der Agenda. Wobei Riegger vor seinen Kreisräten, die diesmal in der Gemeindehalle von Ebhausen tagten, keinen Hehl daraus macht, dass man in Verwaltung – und wahrscheinlich auch im Kreistag selbst – ziemlich stolz darauf ist, schon vor Jahren wichtige Weichenstellungen getroffen zu haben, deren politische und gesellschaftliche Weitsichtigkeit und Relevanz sich gerade ganz aktuell bei den verschiedenen Krisen der Zeit bewahrheitet (Zitat: "Wir können stolz sein auf unsere vorausschauende Kreispolitik!").

In der Klimakrise zum Beispiel: Der Bereich Schülerbeförderung und Personennahverkehr steht mit 25,7 Millionen Euro – nach dem Sozialhaushalt (70,7 Millionen Euro) und den Personalaufwendungen (40,9) – auf Platz drei der Ausgaben-Spitzenreiter. Rund vier Millionen davon wird der Kreis 2021 als Defizitausgleich finanzieren müssen – um den mit einem Vorlauf von mittlerweile vier Jahren angesetzten Nahverkehrsplan für den Kreis Calw umzusetzen – mit einem gewollten, sicheren Stundentakt der Verbindungen. Die Hoffnung: Dass die Bürger dieses (deutlich) bessere ÖPNV-Angebot – zu dem ja künftig auch die Hessebahn rechnen wird – auch nutzen und öfter mal aufs Auto verzichten. Das Klima, die Umwelt und die Friday-for-Future-Generation wird’s danken.

Corona-Krise: Auch hier zeigt sich, dass der Landkreis mit seinem Beharren auf eigene Kreiskliniken – und davon gleich zwei in einem Landkreis – die richtige Strategie verfolgt hat die vergangenen Jahre. Dezentrale medizinische Versorgung schützt – mehr – vor Pandemie-Risiken, schafft mehr Flexibilität. Wobei nichts so gut ist, dass es nicht noch besser werden könnte. Im Gesundheitswesen des Kreises meint das, dass in den Bereich "Digitalisierung" im kommenden Haushaltsjahr (weiter) massiv investiert werden soll. Zum Beispiel im Bereich des Gesundheitsamtes, aber auch der Schulen (hier allein 1,5 Millionen Euro).

Doch auch hier baut man auf Entscheidungen auf, die bereits vor Jahren dem Kreis Calw einen strategischen Vorteil verschafft haben – mit der eigenen Breitband-Initiative: Bereits 600 Kilometer eigenes Glasfasernetz sind hier verlegt, 18 Teilorte nahezu komplett per Glasfaser angeschlossen. "Im Kreis Böblingen beginnen sie jetzt erst mit der Backbone-Planung", zeigt Riegger den Vorsprung seines Kreises auf.

Wobei diese Ressort-übergreifende "Weitsichtigkeit" dieser Investitionen – Zitat Riegger in Richtung seiner Kreisräte: "Das haben Sie entschieden!" – auch noch einen ganz anderen, positiven Effekt zeitigt: Hessebahn, Kreiskliniken, Digitalisierung – ursprünglich war der Landkreis davon ausgegangen, diese Mega-Projekte zum größten Teil aus eigener Kraft stemmen zu müssen. Mittlerweile, wo die gesellschaftlichen Veränderungen beweisen, dass man im Kreis Calw der Zeit voraus war, profitiert man – mit als Erste – von immer höheren Förderquoten. Bei den Kreiskrankenhäusern ist man mittlerweile bei 50 Prozent der Gesamtkosten angekommen, bei der Hessebahn bei zwischen 75 und 90 Prozent, beim Breitbandausbau und der Digitalisierung der Schulen gar bei 90 Prozent. Das sei ursprünglich so nie zu erwarten gewesen.

Hinzu kommen ganz aktuell die Sonderzuweisungen von Bund und Land, die die Lasten der Landkreise und Kommunen durch die Corona-Krise auffangen sollen. "Unser Haushalt 2021 ist nur durch diese massiven Förderungen von Bund und Land zu meistern", so Riegger. Wobei die Liste diese Sonderförderungen tatsächlich ziemlich lang ist: Zum Beispiel mit dem Ausgleich der Gewerbesteuereinnahmen, den höhere Schlüsselzuweisungen, vor allem aber der (massiven) Erhöhung der Bundesbeteiligung an der Grundsicherung, also bei der Sozialhilfe. Um 2,5 Millionen Euro steigen allein hier die Zuschüsse vom Bund. Was noch begleitet wird von einem aus Sicht Rieggers zumindest in seiner Amtszeit einzigartigen, positiven Novum: Denn erstmals sinkt das Sozialbudget des Landkreises auch insgesamt gegenüber dem Vorjahr, und das um gleich zwei Millionen auf insgesamt nur noch 66 Millionen Euro. Neben den höheren Zuschüssen vom Bund schlagen hier verstärkend sinkende Fallzahlen bei den Asylkosten positiv zu Buche.

Weshalb der Krisen-Haushalt des Landkreises – bei allen Unwägbarkeiten aus der Pandemie – insgesamt irgendwie so gar nicht nach Krise klingt. Rieggers Merkel-Zitat am Ende seiner Haushaltsrede: "Gegen eine Krise kann der Staat nicht ansparen." Vielmehr müsse er investieren, um – vor allem auch – die Wirtschaft am Laufen zu halten. Genau das wolle der Kreis Calw im kommenden Jahr tun. Um sich eben auf diese Weise aktiv gegen die Krise zu stemmen.

Der Haushaltsentwurf 2021 des Landkreises geht jetzt in die Einzelberatungen der Fachausschüsse, wo die Beratungen darüber ab Anfang Dezember ins Detail gehen. Landrat Helmut Riegger hofft, dass anschließend bereits am 14. Dezember der Kreistag einen finalen Entwurf des knapp 900-Seiten-Werks verabschieden wird.