Die neue Direktorin und Vorstandsvorsitzende Claudia Bollinger (Zweite von links) freut sich auf eine gute Zusammenarbeit mit ihren Kollegen Erich Hartmann (von links), Martina Windbiel und Martin Haag.Foto: Biermayer Foto: Schwarzwälder Bote

Amtseinsetzung: Viele Gäste heißen Claudia Bollinger als Direktorin des Sprachheilzentrums willkommen

Schon im Juli stand die Entscheidung fest. Jetzt wurde die offizielle Amtseinführung vollzogen. Claudia Bollinger ist die neue Direktorin des Sprachheilzentrums und Vorstandsvorsitzende des evangelischen Kinderdorfs. Die vielen Festredner betonten vor allem Bollingers herausragende Qualifikationen.

Calw-Stammheim. Solche Veranstaltungen sind in diesen Zeiten selten geworden. Rund 70 geladenen Gäste kamen am Freitag in den Bruningsaal des Sprachheilzentrums in Stammheim. Viele Vertreter der Kirchen sowie aus Verwaltung und Politik machten der neuen Chefin Claudia Bollinger ihre Aufwartung. Das zeigt die Wertschätzung, welche in der Region für die Einrichtung herrscht. Die stellvertretende Direktorin Martina Windbiel zeigte sich in ihrer Begrüßung froh, dass die Veranstaltung, selbstverständlich unter Einhaltung aller Hygieneregeln, stattfinden konnte.

Neue Kollegin

Dekan Erich Hartmann sprach von einem großen und wichtigen Tag. Für ihn wird Bollinger auch zu einer neuen Kollegin. Denn der Dekan ist Mitglied des Verwaltungsrates des Kinderdorfvereins. Die ganze Einrichtung stehe mit der Pandemie vor einer großen Herausforderung, so Hartmann weiter. Lösungen zu finden, sei eine der Aufgaben Bollingers. Aber mit Gottes Hilfe sei dies möglich.

Hartmann ließ die fast 200-jährige Geschichte der Einrichtung in Stammheim Revue passieren. Man sei tief im Ort verwurzelt, und das Wohl der Kinder habe immer an erster Stelle gestanden. Zudem habe sich das Haus stets neu erfunden. Auch hier sei Bollinger gefragt.

Oberkirchenrat Dieter Kaufmann gab Bollinger mit auf den Weg, sich ihrer Gaben zu bedienen. Sie habe davon gewiss viele. Es sei eine wichtige Aufgabe, den Kindern gesellschaftliche Teilhabe zu ermöglichen. Gottes Kraft und Liebe seien dabei eine stete Hilfe.

Was Bollinger bisher geleistet hat, zählte Birgit Matt vom Regierungspräsidium auf. Die erste und die zweite Staatsprüfung habe sie mit der Note 1,0 und Auszeichnung abgeschlossen. An all ihren Arbeitsstationen habe sie immer zu den Leistungsträgern gezählt, so auch in ihrer ersten Zeit von 2008 bis 2017 im Sprachheilzentrum. Zuletzt sei sie in Böblingen Leiterin der Klinikschule gewesen. Dort habe sie viele Aufgaben in einem multidisziplinären Team lösen müssen. Diesen "reichen Schatz an Erfahrungen" könne sie nun in Stammheim einbringen.

Auch die Schulkinder hießen ihre neue Direktorin willkommen. Drei Jungs aus der Internatsgruppe wünschten ihr bei dieser Aufgabe viel Glück. Es sei schön, dass sie da sei. Die Schüler hatten sogar ein kleines Geschenk zur Amtseinführung dabei: Ganz stilecht selbstverständlich in Form einer Schultüte.

Der Sozialdezernent des Landratsamts Calw, Norbert Weiser, schwärmte von der guten Zusammenarbeit mit dem Sprachheilzentrum. Die Einrichtung helfe dem Landkreis immer wieder unkompliziert aus. Bollinger treffe auf ein tolles Kollegium mit große Fachwissen. Und er bat sie, lange im Amt zu bleiben. "Ich kann mir in meinem Alter nicht mehr so gut neue Gesichter merken", scherzte er mit Bezug auf die zurückliegenden Wechsel an der Spitze der Einrichtung.

Vielfältiges Angebot

Oberbürgermeister Florian Kling betonte die Wichtigkeit der Verwurzelung des Sprachheilzentrums in Stammheim, wie er es nannte. Das breite und vielfältige Angebot sei gut. Denn Sprache schaffe Verständigung und sei deshalb eine Angelegenheit von "Krieg und Frieden".

Raphael Joos von der Mitarbeiterverwaltung freute sich auf Bollingers neue Impulse. Man habe zwar eine Kollegin verloren, aber dafür eine Chefin gewonnen. Man werde hoffentlich immer an einem Strang ziehen.

Schuldekan Thorsten Trautwein zitierte den Gründer Christian Gottlob Barth. Man dürfe nicht müde werden, bis das letzte Kind vor Verwahrlosung bewahrt sei. Sprache sei ein zutiefst menschlicher Zug, so Trautwein. Deshalb helfe die Einrichtung den Kindern bei der Menschwerdung.

Und dann betrat die neue Chefin selbst die Bühne. Sie dankte für die vielen lobenden Worte und Ratschläge. Ein Schüler habe ihre neue Funktion ganz gut auf den Punkt gebracht. "Du bist jetzt Chefin von alles", habe der zu ihr gemeint. Sie freue sich darauf, mit einem großen und kompetenten Team zusammenzuarbeiten.

Sie sei leidenschaftliche Lehrerin und identifiziere sich mit der Einrichtung. Ihr Ziel sei es, junge Menschen stark zu machen für ein Leben in der Mitte der Gesellschaft. Natürlich sei die Pandemie aktuell die wohl größte Herausforderung. Aber langfristig müsse man sich um immer komplexere Förderbedarfe kümmern. Man könne Beeinträchtigungen heute nicht mehr isoliert betrachten, erklärte Bollinger im Gespräch mit dem Schwarzwälder Boten. Zu Störungen der auditiven Wahrnehmung kämen Aussprechstörungen und Aufmerksamkeitsdefizite. Da bräuchten die Kinder eine klare Führung.

Erste Frau an der Spitze

Bollinger hat in ihrer ersten Zeit in Stammheim erfolgreich an der Umsetzung eines Inklusionskonzept an den Calwer Schulen mitgewirkt. Ein Fakt, den viele der Festredner immer wieder gerne erwähnten. Ein Fakt, den die Festredner allesamt nicht thematisierten, obwohl kaum jemand müde wurde, die Geschichte des Hauses nachzuerzählen, und der damit etwas unterging: Claudia Bollinger ist die erste Frau an der Spitze der Einrichtung.