Der Überfall auf den Netto-Markt im Juni konnte vor Gericht nur teilweise geahndet werden. Foto: Hölle

Raub vom Juni kann vor Gericht nur zum Teil geahndet werden. Bewährungsstrafen für zwei Tatbeteiligte.

Calw - Der eine war lediglich Beifahrer beim Überfall auf die Netto-Filiale in der Bahnhofstraße im Juni diesen Jahres. Er wies den Haupttätern den Fluchtweg. Der andere ließ diese herein. Das wurde am Mittwoch vom Calwer Schöffengericht geahndet.

Richter Marco Laxgang verhängte nach dem Jugendstrafrecht eine Bewährungsstrafe von zwei Jahren für den Azubi und Bewährungsauflagen für den Neffen des Anstifters zur Tat, die laut Staatsanwältin Michaela Nörr ablief, wie man sich das in einem Krimi vorstellt.

Mit einer Waffe betrat der Onkel mit einem weiteren maskierten Mann den eigentlich schon geschlossenen Markt. Die beiden sind wie auch noch ein weiterer Tatbeteiligter, der im Auto wartete, immer noch auf der Flucht. Zumindest zwei halten sich aller Wahrscheinlichkeit in Montenegro auf.

Azubi hatte den Überfall erst ermöglicht

Im Markt hielten die zwei Männer den beiden Angestellten eine Pistole vor, zwangen sie zu Boden und fesselten sie. Mit einer Beute von rund 10.000 Euro machten sie sich aus dem Staub. Der Auszubildende, der es erst ermöglicht hatte, dass es zu diesem Geschehen kam, tat so, weil ihm das, wie er vor Gericht sagte, geheißen worden war, als sei er selbst Opfer.

Die Polizei kam ihm und dem ebenfalls 19 Jahre alten Helfer aber bald auf die Schliche. Mittels einer Funknetz-Recherche wurde festgestellt, dass sich ihre Vertrags-Handys zur passenden Zeit im Bereich des Tatorts befunden haben. Außerdem gab es stimmige Zeugenaussagen. Bei den Vernehmungen gefragt, ließ der Azubi auf Anraten seines Verteidigers Christian Schmidtberg schnell die Hosen runter. Gegen ihn und den gleichaltrigen Mittäter wurde zunächst einmal Untersuchungshaft angeordnet, aus der sie aber entlassen wurden.

Und so saßen sie gestern vor den Schranken des Gerichts und waren der Beihilfe zum gemeinschaftlichen schweren Raubes angeklagt. Bei einer solchen Tat denkt man, wenn Erwachsenenstrafrecht angewandt wird, normalerweise über eine Strafe von fünf Jahren aufwärts nach. Das beeindruckte die beiden sichtlich, die sich zwar zur ihrer Tatbeteiligung einließen, denen aber manchmal jedes Wort, wie dies Richter Laxgang sagte, aus der Nase gezogen werden musste.

Zum Beispiel, als das Gericht wissen wollte, was sie denn von der Beute bekommen hätten. Etwa 1000 Euro für beide dürften es gewesen sein, bis ins letzte Detail wurde das nicht mehr erörtert. Genauso wie die Frage, ob sie wirklich nur so hineingeschliddert sind, weil sie der Haupttäter dazu überredet habe, oder ob sie im Vorfeld der Tat mehr gewusst haben.

Staatsanwältin Nörr ging in ihrem Plädoyer, bei dem sie für den Azubi zwei Jahre und drei Monate Freiheitsstrafe forderte, jedenfalls von Letzterem aus. "Das ist ihre letzte Chance", meinte Richter Laxgang zu diesem, als er es bei einer Bewährungsstrafe beließ. Der junge Mann hat während eines Praktikums in einem Calwer Altenheim Diebstähle begangen.

Zu den Bewährungsauflagen, die der Beifahrer erfüllen muss, gehört die Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von 1000 Euro an eine der beiden betroffenen Angestellten. Sie hatte sich dem Verfahren als Nebenklägerin angeschlossen und wurde von Rechtswalt Rainer Reichle vertreten.