Hatten sichtlich Spaß am Comeback auf der Bühne: die Mitglieder der Calwer Rockabilly-Band "Booze Bombs"Foto: Fritsch Foto: Schwarzwälder Bote

Kultur: "Booze Bombs" lassen die Klostermauern in Hirsau wackeln / Andrang ist noch verhalten

Mit einer herrlichen Mixtur aus Rockabilly und derbem Roots-Country feierten die "Booze Bombs" eine fulminante Rückkehr aus dem erzwungenen "Corona-Urlaub". Immerhin mussten Anni Leopardo und ihre drei Männer "seit Corona" 28 Konzerte absagen. Nun kamen sie zurück – und wie. Sie rockten das Kloster in Hirsau.

Calw. Die Veranstaltungsreihe "Raus ins Kloster" muss sich sicherlich noch in den Köpfen der Calwer Kultur-Anhänger etablieren. Immerhin: Heuer kamen knapp mehr als 100 Zuschauer, um die Calwer Hillbilly Band anzufeuern. Immerhin dreistellig; jedoch dürften theoretisch mehr als 200 Zuhörer dabei sein. Veranstalter Jürgen Ott stellte im Pressegespräch klar, dass "sich hartnäckig das Gerücht hält, Karten wären nur online zu beziehen. Tatsache ist, online ist bequem; aber man kann auch an der Abendkasse noch eine Karte erwerben, wenn Plätze frei sind". Was für spontane Menschen von Vorteil ist.

Für Tom Sanchez (Mitveranstalter) war recht schnell klar: "Hier in Hirsau bekommen die Künstler aus der Region endlich wieder eine Bühne." Denn, so Ott, "bei allen sinnvollen Unterstützungen, die viele Menschen und Institutionen heute erfahren, hat man eine Gruppe vergessen: Die regionalen Kleinkünstler und die Veranstalter. Deswegen war man sich mit der Stadt Calw und Oberbürgermeister Florian Kling rasch einig, dass diese Veranstaltungsreihe den Künstlern aus der Region die verdiente Bühne bieten wird. Auch wenn hier und da die Gage gering ausfallen wird – die Künstler haben zu erkennen gegeben, wie wichtig ihnen schon der Auftritt selbst ist."

Somit werden in der Klosteranlage verschiedene Veranstalter aus den verschiedensten Genres der Calwer Kleinkunstszene mittun. Seien es die Aurelianer, Jazz am Schießberg, die Konzertreihe St. Aurelius, Musikschule oder die Volkshochschule, um nur einige zu nennen. Dass gleichzeitig noch das Sommerkino läuft, macht alles noch attraktiver.

Klostersommer-Feeling kommt wieder auf

Jene, die an diesem schönen Sommerabend da waren, hatten teilweise richtig Spaß am zweieinhalbstündigen Konzert der Booze Bombs. Vor allem: Recht schnell fand sich der Zuhörer im bekannten, "normalen" Klostersommer-Konzertfeeling-Modus wieder. Dafür sorgte das Zuhören im "Jetzt und Hier" – von Ersatz also keinerlei Spur.

Diese fetzige Gruppe, die sogar in der US-Rockabilly-Szene bekannt ist, hat mittlerweile auf sieben CDs ein gewaltiges Repertoire angehäuft. Viel davon sind Eigenkompositionen, verriet Leopardo stolz auf der Bühne. Kein Wunder also, dass in Hirsau sage und schreibe 35 Titel wie aus einem Guss gespielt werden konnten.

Dass sich die Stilrichtungen bei einer Mehrzahl der Stücke ähnelten, wurde vom überwiegenden Teil des Publikums dankbar aufgenommen. Der rockige Sound, oft in schnellem Tempo und im Country-Style zelebriert, ist ein Markenzeichen der Booze-Bombs. Diese Musik steht als Ausdruck eines Lebensgefühls der Hillbillys und ihrer Anhänger. Einige Fans waren gekommen, gestylt in feschen Rockabilly-Kleidern und typgerechten Rockabilly-Frisuren. Sängerin Annie Leopardo, nach eigener Interpretation das "italienische Calwer Mädchen" klärte die Zuhörer zwischen den Stücken kurz darüber auf, welche Hintergründe der eine oder andere Song innehat.

Verharren auf den Plätzen verordnet

Dabei durfte manche Lebensweisheit nicht fehlen. "Was passiert, wenn die Liebe vergeht? Ganz klar – dann kommt die Neue – die Bessere". Um dann zu flehen "Please baby, love me". Oder von "Romeo" zu singen, um später mit dem "Midnight train" zu fahren. Unverkennbar: Manche Rhythmen und Tempi erinnerten immer wieder an einen rasenden Zug.

Wohl wissend, dass die Corona-Verordnung den Leuten das Verharren auf den Sitzen gebietet, fragte Annie schelmisch, "wie es den Zuhörern möglich ist, sich auf den Stühlen zu halten bei diesen schnellen Shakin-Rhythmen". Zum Mitsingen lud sie ebenfalls ein. Der Text war machbar: "Zack, zack, zack", lautete der vielsagende und nicht schwer erlernbare Refrain. In der ersten Reihe machte ein besonders eifriger Fan inbrünstig mit. Dieser betrat später ebenfalls die Bühne um einige Songs auf seiner Bluesharp zu begleiten. Für seine Körpersprache und die Leidenschaft, mit welcher der besagte Gast mit dem Namen "Dynamite White" (er heißt wohl Weiss) auftrat, verschaffte sich dieser Aufsehen. Mit vehement und dauerhaft durchgeschütteltem Kopf heimste "Shakin White" verdienten Sonderapplaus ein.

Beeindruckend das stetige Wahnsinns-Tempo, mit welchem das kongeniale Herren-Trio "Lucky Steve" (E-Guitar), "Rockin’ Bende" (Drums) und "Lothar, the barbarian" (Kontrabass) rockige wie countryeske Songs interpretierten. Und wenn´s dann hieß "are you ready for the boogie", war das eine oder andere Hillbilly-Mädel im Auditorium doch nicht mehr auf dem Stuhl zu halten. Es legte eine kleine Solo-Tanzeinlage auf den heiligen, grünen Klosterrasen.

Doch die Booze-Bombs konnten auch anders. "Appartment Nr. 9" erschien als sanfte Ballade. Ein wahrer Ohrwurm gelang den Vieren mit dem Song "In the night". Gitarrist Lucky Steve, der mit eigenem Bodyshake, sang im Duett mit Annie eine weitere der vielen Eigenkompositionen. Welchen Wert diese Veranstaltung hatte, merkte man am Ende Annie Leopardo an. Die Countryrockröhre bedankte sich, und dies gleich mehrfach, bei den Veranstaltern Sanchez und Ott, aber auch bei der Stadt Calw, dass diese tolle Möglichkeit geschaffen wurde. Die Reihe "Raus ins Kloster" ist somit eröffnet. Die Booze Bombs machten Lust auf das, was noch kommt.