Für Duo Zweierpasch ist Musik auch Mittel zum Zweck. Finalist bei Panikpreis in Calw. Viel Applaus auf dem Marktplatz geerntet.
Calw - Beim Panikpreisfinale am Samstag in Calw war Zweierpasch ein Exot. Als einzige Formation gaben die Zwillinge Till und Felix Neumann Hip-Hop zum Besten und bedienten sich einer Fremdsprache. Für die beiden ist das auch Mittel zum Zweck, denn ihnen geht es um mehr als nur flotten Sprechgesang.
"Es gibt 50 Millionen Flüchtlinge auf der Welt, das sind 50 Millionen zu viele. Ihnen widmen wir diesen Song", sagte Till Neumann beim Panikpreisfinale mit Udo Lindenberg, als er das Lied "Immigré" ankündigte. Zu Deutsch: Einwanderer. Fast sekündlich wechselnd in deutscher und französischer Sprache drücken die rappenden Zwillinge darin aus, welche unsäglichen Strapazen Flüchtlinge auf sich nehmen müssen, um in einer besseren Welt leben zu können. Und das oft, ohne dort jemals anzukommen.
Mit ihren Songs möchten die 30-Jährigen erreichen, dass sich Menschen anderen Kulturen öffnen, andere Länder bereisen – und vor allem Fremdsprachen lernen. "Wer miteinander spricht, führt keinen Krieg gegeneinander. Sprache und Kommunikation sind der Schlüssel zu Frieden", ist Till Neumann, inzwischen wohnhaft in Schramberg, überzeugt.
Seit acht Jahren besucht Zweierpasch daher Schulen und Kulturzentren in Deutschland Frankreich und in Afrika, um Schülern in zweisprachigen Rap-Workshops zu vermitteln, wie cool es sein kann, Fremdsprachen zu sprechen. Und wie ginge das einfacher, als mit flotter Musik? Der Erfolg gibt ihnen Recht: Weil es so viele Anfragen gibt, müssen sie diese teilweise ablehnen. Als Dank für das völkerverbindende Engagement durften sie 2013 sogar bei Bundespräsident Joachim Gauck in Schloss Bellevue auftreten.
Von ungefähr kommt ihre bewusste Denkweise nicht. Aufgewachsen in Freiburg, waren Grenzen für die Neumanns nie fern. Beide wagten den Schritt auf die andere Rheinseite, absolvierten in Frankreich ihr Studium. In Anbetracht der Geschichte mit all den Kriegen ist das für die beiden keine Selbstverständlichkeit: "Leider ist es vielen nicht bewusst, was für ein Geschenk Frieden ist. Ich bin der Überzeugung, dass wir jeden Tag etwas tun müssen, um diesen zu bewahren", betont Till Neumann. Im Song "Grenzgänger", den Zweierpasch ebenfalls in Calw performte, bauen sie Zitate von Charles de Gaulle und Konrad Adenauer bei der Unterzeichnung des Élysée-Vertrags ein, dem Beginn der deutsch-französischen Freundschaft.
Auf dem Marktplatz erntete das Duo dafür viel Applaus. In den 15 Jahren, in denen die Zwillinge nun schon gemeinsam rappen, war es die größte Bühne, auf der sie spielten. "Bei 250 Bewerbern zu den sechs Finalisten zu gehören, ist natürlich eine große Ehre. Das Konzert war ein riesen Erlebnis, einfach der Hammer. Schon bei den ersten Tönen haben wir gemerkt, dass die Leute mitziehen", erzählt Till Neumann euphorisch.
Den Auftritt beim Hermann-Hesse-Festival sieht er auch als Bestätigung an, dass sich Zweierpasch auf einem guten Weg befindet. Die Arbeit wird den leidenschaftlichen Musikern wohl leider auch nicht ausgehen. Till Neumann: "Allein Syrien, Gaza, die Ukraine und die Situation vor Lampedusa zeigen, dass dieses Thema von Tag zu Tag eher wichtiger als unwichtiger wird."