Redakteurin backt gemeinsam mit Maximilian Raisch. Im Brot steckt viel mehr als "nur" Teig.
Calw-Oberriedt - Am Dienstag, 15. Mai, ist der Tag des Deutschen Brotes. Maximilian Raisch, deutscher Meister der Bäckermeister, zeigt unserer Redakteurin zu diesem Anlass in der elterlichen Backstube, worauf es beim Backen ankommt. Und beweist: In einem Brot steckt viel mehr als "nur" Teig.
Es ist heiß in der Backstube der Hauptfiliale von Raisch in Oberriedt. Und das, obwohl die Öfen noch nicht einmal angeschaltet sind. Beziehungsweise nicht mehr. Denn für die Bäcker ist es um 10 Uhr morgens schon beinahe spät. Die Waren müssen schließlich schon längst für die Kunden bereit liegen. In Calw, aber auch in allen anderen Filialen in der Region. Nun wird schon für den nächsten Tag vorbereitet. Ich darf dabei helfen.
Schmuck ausziehen, Hände waschen, dann erst geht es los. Maximilian Raisch, der Sohn der Bäckerei-Inhaber Udo und Linda Raisch, gibt mir einen weißen Kittel. Gemeinsam gehen wir durch die Backstube, die eigentlich mehr eine Art Halle ist. Vorbei an einem Korb voller Erdbeeren, die zwei Frauen auf Kuchen drapieren. Vorbei an einer ganzen Reihe riesiger Öfen.
Auf einem schmalen Fließband werden Teigklumpen aus einer Maschine befördert. "Die wiegt den Teig ab und portioniert ihn", erklärt Raisch. Zwei Angestellte nehmen die Teigstücke vom Band, bringen sie mit geübten Handgriffen in Form und legen sie auf Bleche. Raisch und ich stellen uns gegenüber den beiden Männern ans Fließband und helfen mit. "Du wirst am Anfang langsamer sein als die Zwei, aber das ist normal", beruhigt mich der amtierende Deutsche Meister im Backen. Dann erklärt er, was genau zu tun ist.
Den rechteckigen Klumpen zweimal falten, am Rand etwas zusammendrücken und dann so rollen, dass die beiden Enden spitz zulaufen. Das Ganze wird dann auf ein nasses Handtuch gelegt. Im nächsten Schritt wälzt Raisch den geformten Teig in Pulver aus gerösteten Kartoffeln. Schlussendlich soll nämlich ein Dinkel-Kartoffel-Baguette entstehen. "Nach Dinkelprodukten haben wir momentan eine sehr große Nachfrage", erzählt der 24-Jährige.
Unterschied zu Industriewaren
Also ran ans Werk. Am Anfang noch etwas zaghaft drehe und wende ich den Teig, schaue immer wieder, wie es der "Profi" gegenüber macht. Ganz so einfach ist es nämlich gar nicht, denn die Falte an dem Baguette soll möglichst in einer geraden Linie verlaufen. Das erste Baguette sieht also noch etwas gewöhnungsbedürftig aus. "Aber das ist doch schon ganz gut", lobt Raisch. Von Mal zu Mal geht das Formen des Teigs schneller und das Ergebnis sieht besser aus. Vor allem wenn die künftigen Baguettes auf den Blechen liegen, könnte man schon Appetit bekommen. Jedoch kommt mir immer wieder zwischendurch ein Teigklumpen unter, der einfach nicht so geformt werden will, wie ich es gerne hätte und die Motivation ist dahin. Alles klebt, gefühlt befindet sich mehr Teig an meinen Händen als auf der Platte. Schnell streut Raisch etwas Mehl auf und unter den Teig. Immerhin: Nur ein Teigstück kann nicht mehr gerettet werden und wird aussortiert. Ansonsten entstehen nach und nach ganz ansehnliche Teigrollen, die bestimmt gute Baguettes werden.
Bevor der Teig überhaupt auf das Förderband kommt, hat er schon eine lange Vorbereitungszeit hinter sich. Beinahe zwei Tage vorher muss man damit anfangen. "Man muss vorausschauend arbeiten", meint Raisch. "Kunden können jetzt zum Beispiel nicht einfach kommen und 120 solcher Baguettes bestellen, weil die Vorbereitung so lange braucht." Das sei der Unterschied zu den Industriebackwaren, die in Discountern verkauft werden. Denn diese werden längst nicht so aufwendig vorbereitet. Obwohl das für den amtierenden Deutschen Meister eines der Erfolgsgeheimnisse für gutes Backen ist. "Aufwendige Vorbereitung und viele Vorstufen." Also: Verschiedene Koch-, Quell- oder Aromastücke , die dazu dienen, das Brot fluffiger, geschmackvoller und länger frisch zu machen (siehe Infokasten). "Und natürlich viel Zeit und viel Liebe", fügt er hinzu.
Übergabe eines Korbes im Kanzleramt
In einem riesigen Kessel wird inzwischen Brezelteig von einer Maschine geknetet. Raisch nimmt ein Stück heraus. "Jetzt reißt er noch, wenn man ihn auseinanderzieht. Wenn er fertig ist, muss eine dünne Haut entstehen", sagt er. Dafür sind momentan 19 Minuten und einige Sekunden eingestellt. "Das ist aber nicht jeden Tag gleich. Eben deswegen braucht man gestandene Bäcker, damit der Teig perfekt wird."
Apropos gestandene Bäcker – den Tag des Deutschen Brots verbringt Raisch mit den anderen Mitgliedern der Deutschen Bäckernationalmannschaft in Berlin. Seit 2015, als er den Deutschen Meistertitel errang, ist er das Nesthäkchen der 13-köpfigen Mannschaft. Morgens ist eine symbolische Brotkorb-Übergabe im Kanzleramt geplant, am Abend findet dann die große Feier zum Tag des Brotes statt. "Es gibt dort auch ein Brotbuffet mit neuen Trends", erzählt er. Für den 24-Jährigen ist die Zeit in der Nationalmannschaft eher ein Hobby. "Wir sind eine geile Gruppe, in der jeder von jedem lernt." Sein Hauptberuf sei aber hier, im elterlichen Betrieb, sagt Maximilan Raisch während er mit Wasser den Tisch befeuchtet, auf dem gleich Dinkelkrusten-Brote geformt werden sollen.
Aus einem Haufen an Teig wiegt er kleine Stücke ab, eines davon drückt er mir in die Hand. "Jetzt so lange nach unten einschlagen, bis die Oberfläche glatt ist", weist er an. Dafür muss man aber ganz schön flink sein, denn zu Beginn fühlt es sich an, als würde man versuchen, einen Schluck Wasser zu kneten. Aber es funktioniert. An der Theke zeigt Maximilian Raisch, wie die Brote aussehen werden, wenn sie fertig sind. Auch nach all den Jahren, in denen er schon als Bäcker tätig ist, erfüllt es ihn noch mit Stolz, die Waren zu sehen. "Am Abend stellen wir uns manchmal vor die Theke und schauen, was war heute gut, was kann man besser machen", verrät er. "Wenn man den Kunden ein Lächeln ins Gesicht zaubern kann, ist es natürlich perfekt."