Es gibt kaum noch einen Lebensbereich, der nicht von dem Thema Coronavirus überschattet wird. (Symbolfoto) Foto: htpix - stock.adobe.com

Pandemie kommt im Gemeinderat zur Sprache. Hettwer: "Rascher Stopp nicht mehr möglich".

Calw - Kein Tag vergeht, ohne dass Neuigkeiten über das Coronavirus bekannt werden – und es gibt kaum noch einen Lebensbereich, der nicht von der Krankheit überschattet wird. Da wundert es nicht, dass dieses derzeit allgegenwärtige Thema auch in der jüngsten Sitzung des Calwer Gemeinderats zur Sprache kam.

Oberbürgermeister Florian Kling bezeichnete es als das, was die Verwaltung momentan "umtreibt und auf Trab hält": das Coronavirus. Doch nicht nur die Behörden, auch jeder Einzelne solle prüfen, was getan werden könne, um der Lage Herr zu werden – ob es beispielsweise wirklich notwendig ist, Veranstaltungen abzuhalten oder zu besuchen. Auch wenn ihm bewusst sei, dass dies mit unerfreulichen Konsequenzen verbunden sein werde.

Vereine betroffen

"Das trifft die Vereine extrem", meinte Kling mit Blick auf das ehrenamtliche Engagement und Feiern wie jene des 1. FC Altburg, der in der vergangenen Woche seinen Festakt zum 100-jährigen Bestehen abhalten wollte. "Das tut mir auch unglaublich weh", erklärte der OB. Und "wir wissen, dass dadurch auch bei Firmen extreme Verluste entstehen", führte Kling weiter aus. Die Auswirkungen von Corona würden "uns alle treffen".

Nach der Pandemie und der damit einhergehenden Ausnahmesituation müsse man sehen, wie den Menschen nicht zuletzt finanziell geholfen werden könne; vielleicht, indem Behörden auf Bundes- oder Landesebene in die Pflicht genommen würden. Vielleicht springe dann auch die Kommune ein.

Angesichts der potenziellen Gefahr, die derzeit von der neuartigen Krankheit ausgehen kann, machte Kling aber klar: "Das ist mir im Moment auch egal." Ein Satz, der nach Adrian Hettwers (Gemeinsam für Calw) folgendem Sachvortrag wohl niemanden mehr überraschte.

"Es fällt schwer, zur Tagesordnung überzugehen, wenn draußen der Krieg ansteht", eröffnete der Allgemeinmediziner und stellvertretende Vorsitzende der Kreisärzteschaft. Vor rund einer Woche hatte Hettwer einen Medizinerkongress zur Weltseuchenlage in Berlin besucht. "Angesichts der sich zuspitzenden Situation im Gesundheitssystem", erklärte er, "scheint es wichtig, hier aktuelle, wissenschaftliche Informationen weiterzugeben." Zwei Arztpraxen im Landkreis seien derzeit bereits wegen der Krankheit geschlossen.

Beatmung notwendig

Das Virus, so der Mediziner weiter, gelte als bis zu 20 Mal ansteckender als jenes, das 2002 die erste SARS-Infektion ausgelöst hatte. Problematisch sei dabei, dass der Erreger nicht zuerst die Lunge, sondern den Nasen- und Rachenraum befalle. Eine Verbreitung könne daher in einem sehr frühen Stadium der Krankheit geschehen – sogar bevor sich diese bemerkbar mache.

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Bei rund 20 Prozent der Betroffenen komme es zu teils schweren Verläufen mit hohem Fieber und beiderseitiger Lungenentzündung. Als Folge sei unter Umständen eine Beatmung im Krankenhaus unumgänglich, "was eine entsprechende Bettenkapazität erforderlich macht. Dass diese Situation, im Rahmen einer Pandemie, die Gesundheitsbehörden vieler Länder schnell vor unlösbare Herausforderungen stellt, sehen wir dieser Tage in Italien", warnte Hettwer. Mediziner gingen derzeit davon aus, dass etwa 0,35 Prozent aller Infizierten sterben. Bis ein Impfstoff entwickelt sei, dauere es wohl noch rund eineinhalb Jahre.

Betroffene sollten schnellstmöglich erkannt und isoliert werden. Denn "ein rascher Stopp der Pandemie ist nicht mehr möglich", betonte Hettwer. Umso wichtiger sei es, die Ausbreitung zu verlangsamen. Und dennoch: "Trotz all dieser bescheidenen Aussichten sollten wir, gemeinsam, diese schwierigen Zeiten durchleben, eine unnötige Hysterie und Panik vermeiden und mit Sachverstand die aufkommenden Probleme rational angehen", schloss der Allgemeinarzt.

Wie berichtet zieht das Virus übrigens noch eine weitere Vorsichtsmaßnahme nach sich: OB Kling bittet die Bevölkerung, in nächster Zeit "von persönlichen Vorsprachen im Rathaus" abzusehen. In der gegenwärtigen Situation sei es wichtig, dass die Verwaltung funktioniere und aufrecht erhalten bleibe – was bei weitreichenden Quarantänemaßnahmen schwierig werden könnte.

Termine könnten zwar immer noch vereinbart werden; viele Angelegenheiten ließen sich aber auch per Telefon oder E-Mail regeln.