Viele Calwer hängen nach wie vor an ihrem alten Krankenhaus. Auch im Gemeinderat wurde das deutlich. Foto: Thomas Fritsch

Zwei Meinungen prallen aufeinander: Thema bleibt emotional diskutiertes Thema im Gemeinderat. Mit Kommentar

Calw - "Schön, dass wir uns hier einmal ausgetauscht haben", meinte Oberbürgermeister Ralf Eggert am Donnerstagabend während der Gemeinderatssitzung, als er die Debatte über den möglichen Neubau eines Krankenhauses Calw beendete. Schön war’s aber nicht wirklich.

Sondern zeitweise zumindest eher heftig. Dabei wollte die Verwaltung das Gremium nur über das vom Kreis ins Auge gefassten VgV-Verfahren (Vergabeverordnung für Architektenleistungen) zur Auswahl der Planer mit städtebaulichem Realisierungswettbewerb für den Neubau informieren. Aber dann prallten zwei Meinungen aufeinander. Auf der einen Seite die immer noch nicht überwundene Enttäuschung darüber, dass das alte Calwer Krankenhaus keine Zukunft haben soll. Auf der anderen Seite nüchterne Sachlichkeit, mit der dafür plädiert wurde, dass man doch nehmen möge, was zugesagt worden ist und das nicht auch noch in Frage stellt.

Orthopädie ist weg

"Ich habe das Gefühl, dass wir immer noch verschaukelt werden", meinte beispielsweise Stadträtin Irmhild Mannsfeld. Ein großes Krankenhaus mit Orthopädie werde es in Calw in Zukunft nicht mehr geben. Hier hätte sie sich vom Gemeinderat eine entsprechende Stellungnahme gewünscht. "Was wir bekommen, ist kein Krankenhaus, sondern Schrott", meinte ihr Fraktionskollege von der Neuen Liste Calw (NLC) Bernhard Stopper. Während OB Eggert noch versucht hatte, die Wogen zu glätten – "wir sollten jetzt nicht torpedieren, dass uns ein 33-Millionen-Neubau versprochen worden ist", platzte Sebastian Nothacker fast der Kragen. "Wenn wir jetzt darüber lamentieren, was wir bekommen, dann ist das das falsche Signal. Dann gefährden wir auch das", so der CDU-Sprecher im Gemeinderat. Seit Jahrzehnten würden die Calwer bei allem Neuen sagen, dass das nichts bringt. Eine solche Haltung sei nicht zielführend.

Wie berichtet, hat der Kreistag in der vergangenen Woche einstimmig wichtige Entscheidungen getroffen, damit bald die Sanierung der Nagolder Klinik und der Neubau des Calwer Krankenhauses samt Gesundheitscampus beginnen können. Neben der eigentlichen neuen Calwer Klinik mit 135 Betten soll der Campus aus einer Klinik für Psychosomatik mit 30 Betten, einer Tagesklinik, einer Tagesklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, einer psychiatrischen Ambulanz, einem nephrologischen Zentrum mit 25 Dialyseplätzen und einem "Haus der Gesundheit" mit Facharztpraxen, PORT-Gesundheitszentrum, Pflegestützpunkt und AOK-Gesundheitszentrum bestehen.

Zweifel am Zeitplan

Den von der Kreisverwaltung genannten Zeitplan, nachdem mit den Arbeiten für den Neubau in Calw im Herbst kommenden Jahres begonnen werden soll, stellte Hans Necker von der NLC in Frage: "Daran glaube ich nicht."

Eine Einschätzung, die offensichtlich auch Andreas Quentin, der Fachbereichsleiter Planen, Bauen und Verkehr bei der Stadtverwaltung, teilt. Er erläuterte, dass das Bebauungsplanverfahren eingeleitet werden kann, sobald der Siegerentwurf aus dem Architektenwettbewerb, der europaweit ausgeschrieben werden soll, vorliegt. Quentin geht davon aus, dass das Planungsrecht Anfang 2019 vorliegen wird.

Kommentar: Versachlichen

Von Hans-Jürgen Hölle

Wenn es um die Zukunft des Krankenhauswesens im Kreis geht, dann kochen zumindest in Calw und Umgebung die Emotionen hoch. Verständlich. Calw soll etwas genommen werden: Das alte Krankenhaus mit seinem guten Ruf nämlich, in das in den vergangenen Jahrzehnten zig Millionen investiert worden sind. Dafür käme die Light-Version einer Klinik sowie ein Gesundheits-Campus.

Wie dieser im Detail aber aussehen wird und vor allem, wie er finanziert werden soll, das steht in den Sternen. Kein Wunder, dass die Verunsicherung groß ist. Hier müssen die Verantwortlichen schnell Antworten liefern. Und nicht zuletzt auf die Frage eingehen, was aus dem einmal leeren alten Krankenhaus-Gebäude werden soll. Dazu wollte sich bisher noch niemand so richtig äußern. Aber vielleicht würde auch das dazu beitragen, die Diskussion wieder zu versachlichen.