Vor allem die größeren Kinder waren voller Neugier bei der Sache. Foto: Stöß Foto: Schwarzwälder Bote

Historie: Hans-Joachim Rapp führt Kinder herum / Wissenswertes über Leben in früheren Zeiten / Ostereiersuche als Höhepunkt

Wo kann man in einen richtigen Sarg hineinklettern? Wieso kann man an der Marienkapelle so viele Löcher sehen? Wo steht die älteste Turnhalle Württembergs? Antworten auf diese und weiteren Fragen erhielten zwei Dutzend Kinder bei einer Oster-Führung durch das Kloster Hirsau.

Calw-Hirsau. Gästeführer Hans-Joachim Rapp füllte am Ostermontag manch eine Geschichte aus dem Mittelalter mit Leben. Bei ihrer Entdeckungsreise durch die historische Anlage konnten die Kinder in Begleitung einiger Eltern Interessantes aus dem Leben der Mönche erfahren. Es war eine anspruchsvolle Aufgabe, die Rapp bei seinem eineinhalbstündigen Rundgang zu bewältigen hatte. Immerhin wurden zu diesem Rundgang Kinder vom vierten bis zum 14. Lebensjahr eingeladen. Widmete sich das eine oder andere kleinere Kind schon nach wenigen Minuten lieber dem Gemäuer als Klettermöglichkeit, waren die meisten doch bald in die Jahrhunderte zurückliegende Vergangenheit vertieft.

Der Klosterguide Rapp verstand es immer wieder, die Kinder mit Fragen aus der Reserve zu locken und bei Laune zu halten. "Jetzt brauch ich mal wieder einen Schätzer". Dann wurde geraten, was das Zeug hält. Manche der Fragen auf dem, für kleine Kinder langen, Rundweg entpuppte sich sogar für die Erwachsenen als eine harte Nuss.

Deren Lust auf weiteres Wissen über die Klosteranlage wuchs. "Das Angebot an Möglichkeiten hierzu ist groß", klärte Rapp auf. Neben weiteren Kinderführungen gibt es für Erwachsene verschiedene Arten von Einzel- und Gruppenführungen. Bei einer zum Beispiel könne man an fünf verschiedenen Stationen eine Weinprobe kosten, so Rapp. Ausgeschenkt werden Weine aus Gebieten, die geschichtliche Beziehungen zum Kloster Hirsau unterhielten.

Aber zurück zur Kinder-Klosterführung: Die Kinder und ihre Eltern rümpften die Nase, als sie hörten, dass Mönche anno dazumal nur zwei Mal im Jahr badeten. Diesem Umstand schrieb man die Redewendung "Du stinkst mir" zu. Damals durften nur Männer in der ältesten Turnhalle (heute Klostercafé) turnen. Man erfuhr, dass damals Wein als Grundnahrungsmittel galt und dass sich im 37 Meter hohen Eulenturm das Gefängnis befand. Die große Wiese hinter dem Turm haben schon viele Besucher betreten. Was sie aber nicht wussten: Genau an dieser Stelle stand die Basilika "St. Peter und Paul", das "größte Kirchenbauwerk nördlich der Alpen". Sie wurde 1692 von den Franzosen in Brand gesteckt. Im elften Jahrhundert war sie innerhalb von neun Jahren mithilfe von 15 000 bis 20 000 Mann erbaut worden.

Dort, wo heute das große Kreuz steht, stand damals der Altar, erriet ein kleiner Geschichtsforscher aus der Gruppe. Mitten im satten Grün kletterten die Kids in ein Steinbehältnis, dessen Zweck sie erraten sollten. Von der Badewanne bis zum Viehtrog wurde alles Mögliche genannt. Woher sollten sie auch wissen, dass es sich um den Sarg des Grafen Adalbert handelte?

120 Mönche verwenden ein Handtuch

Auch der Marienkapelle wurde ein Besuch abgestattet. Dieses Gebäude war, neben dem Eulenturm, das "einzige inmitten der Anlage, das vom großen Feuer verschont blieb". Die Löcher in den Steinen des Kirchengemäuers waren keine Einschüsse, wie es ein Teilnehmer vermutete. Sie dienten vielmehr als Halterungen, um beim Bau die schweren Steine hochzuziehen. Nachdem die Kinder im Kreuzgang bei der Fuß-Wasch-Stelle erfahren haben, dass 120 Mönche ein einziges Handtuch gemeinsam benutzten, wartete auf die Kinder der Höhepunkt des Nachmittags: Sie gingen auf Osterhasen und -eiersuche.

Manche Kinder bedankten sich hinterher sogar mit einem Handschlag bei Hans-Joachim Rapp. Es zeigte sich wieder einmal: Nirgendwo kann Geschichte anschaulicher erlebt und verstanden werden, als in solch geschichtsträchtigen Stätten. Rapp zitierte einen Erwachsenen, der "schon 100 Mal am Kloster Hirsau vorbeigefahren war, ohne zu ahnen, wie interessant das hier alles ist und welche Schätze hier zu besichtigen sind."