Die Kandidaten (von links) Ralf Albrecht, Anja Holland, Theodor Sinner, Götz Kanzleiter, André Bohnet und Christoph Seeger bei der Präsentation im Haus der Kirche in Calw. Foto: Hild Foto: Schwarzwälder Bote

Kirchenwahl: Sechs Männer und eine Frau treten bei Wahl zu Landessynode an / Vorstellung in Calw

Im Calwer Haus der Kirche präsentierten sich die Kandidaten für die Kirchenwahlen am 1. Dezember. Das Interesse war allerdings eher gering.

Calw. Die Reihen waren noch licht als Elke Burkhardt-Haas die Informations-Veranstaltung im Andreäsaal im Haus der Kirche eröffnete. Das Evangelische Jugendwerk, Bezirk Calw bot in Kooperation mit dem zuständigen Vertrauensausschuss eine Podiumsdiskussion mit den Kandidaten zur Landessynode an. Die erste Veranstaltung des Abends richtete sich schwerpunktmäßig an die Jugendlichen und Erstwähler.

Die Landessynode ist die gesetzgebende Versammlung der Evangelischen Landeskirche in Württemberg, praktisch das Landesparlament der Kirche. Sie besteht zu einem Drittel aus Theologen und zu zwei Dritteln aus Laien. Für den Wahlkreis 20 Nagold, Neuenbürg und Calw, bedeutet das ein Theologe und drei Laien.

Die Landessynode entscheidet über den landeskirchlichen Haushalt und die Verwendung der Kirchensteuer. Über sie laufen die Anfragen an Oberkirchenrat und Landesbischof. Letzterer wird von der Landessynode gewählt. Im Kirchenparlament gibt es jedoch keine Parteien sondern Gesprächskreise oder Gruppierungen, denen sich die Synodalen ohne Fraktionszwang zuordnen.

Sieben Kandidaten vollzählig anwesend

Die sechs Männer und eine Frau, die sich zur Landessynode zur Wahl stellen, waren vollständig anwesend. Moderator Markus Buck, seines Zeichens geschäftsführender Jugendreferent, erklärte die Vorgehensweise.

Mit den Hintergrundfragen nach den Träumen als 15-Jähriger, der eigenen Vision für die Kirche im Jahr 2030, die größte Befürchtung bei Wahl in die Landessynode und welche Entscheidung in der vergangenen Legislaturperiode beschäftigt oder verärgert hat, konnten sich die Kandidaten vorstellen und erklären.

André Bohnet (Theologe) und Theodor Sinner (Laie) kandidieren für die Gruppe Evangelium und Kirche. Sinner, mit 18 Jahren der jüngste Kandidat, machte den Anfang. Als zukünftiger Pfarrer macht er sich Gedanken über die Situation der Pfarreien in der Zukunft. Trotz des demografischen Wandels wünscht er sich, dass die sonntäglichen Gottesdienste und das Gemeindeleben erhalten bleiben.

Bohnet hofft 2030 auf eine Volkskirche, in der sich die Menschen willkommen fühlen. Er hätte sich klarere Mehrheiten bei der Homo-Segnung gewünscht, die von der Synode erst im zweiten Anlauf mit Einschränkungen und Kompromissen verabschiedet wurde.

Anja Holland (Laie), Martin Wurster (Laie) und Ralf Albrecht (Theologe) lassen sich für die Lebendige Gemeinde wählen. Holland hat aus den beiden vorangegangenen Perioden bereits Erfahrungen mit der Synodalarbeit und würde bei einer Wiederwahl altersgemäß eine Reihe nach vorne rutschen. Sie sieht gespannt in die Zukunft, wie die bereits freigegebenen Geldmittel eingesetzt werden, um neue Gemeindeformen und Innovatives auszuprobieren.

Wurster wünscht sich für 2030 barrierefreiere Köpfe und eine lebendigere Kirche. Er stellt fest, dass die Inklusion angekommen und Thema geworden ist.

Albrecht betont, dass man auch 2030 die Kirche brauche. Wichtig ist es ihm vor allem, die jungen Menschen für den Glauben zu interessieren.

Christoph Seeger (Laie) kandidiert für die Offene Kirche. Er hofft für 2030 auf genügend ausgebildete Pfarrer, die auch Sonderpfarrstellen wahrnehmen können. Er sieht bei der Entscheidung zur Homo-Segnung ein Menschenrecht beeinträchtigt. Götz Kanzleiter (Laie) vertritt den Gesprächskreis Kirche für morgen. Das Kirchenschiff sei ein träger Tanker, der zu einem Solar-Segelschiff umgerüstet werden sollte. Er möchte sich weitere sechs Jahre in der Synode einbringen. Bei der Entscheidung für die gleichgeschlechtliche Liebe hatte er sich für einen Kompromiss eingesetzt, der vielen nicht weit genug ging.

Außer Holland waren auch die Laien Kanzleiter und Wurster sowie der Theologe Albrecht bereits Mitglieder in der vorangegangenen 15. Württembergischen Landessynode.

Die Bewahrung der Schöpfung, die Stärkung der Ehrenamtlichen, die Förderung der evangelischen Bildung und der Einsatz gegen Fremdenfeindlichkeit haben sich in unterschiedlichen Worten alle auf die Fahnen geschrieben. Es gibt jedoch unterschiedliche und teils abweichende Schwerpunkte.

Bei der stärksten Gruppierung, der Lebendigen Gemeinde, fällt das Stichwort Mission auf. Missionarische Initiativen innerhalb und außerhalb des Landes werden gefördert. Die Ehe von Mann und Frau und werdendes Leben im Mutterleib stehen für diese Gruppe unter besonderem Schutz.

Der zweitgrößte Gesprächskreis, die Offene Kirche, betont, dass sie Vielfalt in der Volkskirche und in den Kirchengemeinden zulässt (kirchliche Trauung für alle) sowie die Toleranz gegenüber Menschen mit unterschiedlichen Glaubensformen. Darüber hinaus setzt sie sich für die Kontrolle des Oberkirchenrates durch die Landessynode und für die Wahl der Mitglieder des Oberkirchenrates durch die Landessynode ein. Interessant auch der Hinweis auf Bündnisbereitschaft mit gleichgesinnten Bewegungen (Seenot-Rettung, Fridays for Future).

Der Vereinigung Evangelium und Kirche (EuK) liegt die Bewahrung der Sonntagskultur am Herzen. Die Bedeutung der Weitergabe der biblischen Botschaft in Kindergarten und Schule, sowie die religiöse Bildung und die Notwendigkeit der kirchlichen Seelsorge werden betont.

Der kleinste Gesprächskreis, Kirche für morgen, sieht die Notwendigkeit eines klaren Innovationskurses, in den zehn Prozent aller Ressourcen fließen sollen. Die Kirche soll an die neuen Lebenswelten angepasst werden. Auch sie fordert mehr Demokratie in der Kirchenpolitik, das beinhaltet eine neue Kirchenverfassung, eine klarere Gewaltenteilung, eine Begrenzung der Macht des Oberkirchenrates und eine Stärkung der Macht der Landessynode.

Anschließend war eine Fortsetzung der Informationsveranstaltung mit interessierten Erwachsenen geplant. Wurden da früher nicht auch Wahlunterlagen an die Haushalte verteilt? Die Wahl findet doch bereits am 1. Dezember statt.

Melanie Fenzlau vom evangelischen Kirchenbezirk Calw weiß, dass die Stimmzettel im Laufe der nächsten Woche verteilt werden.Wer sich in die gut überschaubaren Wahlprogramme vertiefen möchte, findet für die vier Gruppierungen Lebendige Gemeinde, Offene Kirche, Evangelium und Kirche sowie Kirche für morgen herunterladbare Wahlprogramme im Internet.