Reinhold Schill beklagt Situation von Bauern. Infobus macht am Samstag, 8. September, Halt in Stammheim.
Calw-Stammheim - Er ist Landwirt mit Leib und Seele, hasst Ungerechtigkeit und gibt einfach nicht auf. Seit Jahren kämpft der Stammheimer Landwirtschaftsmeister Reinhold Schill bei jeder neuen Milchkrise (im Schnitt alle drei bis vier Jahre) für zuverlässige, faire und auskömmliche Milchpreise.
Der 47-Jährige hat seinen idyllisch gelegenen Aussiedlerhof fast völlig auf Milchviehhaltung eingestellt. 100 Milchkühe und rund 140 Jungtiere bilden die Existenzgrundlage der Schills. Dazu bewirtschaftet der Familienbetrieb 100 Hektar Land und produziert sein eigenes Futter. Da ein verlässlicher Milchpreis ganz entscheidend ist, kämpft das Ehepaar Petra und Reinhold Schill um jeden Cent beim Milchpreis. "Wenn der Literpreis um nur zehn Cent sinkt, macht das bei uns gleich 50.000 Euro Mindereinnahmen aus", unterstreicht der Stammheimer Bauer. Er ist stolz darauf, dass zu den zwei Prozent der Bundesbürger gehört, die in der Landwirtschaft tätig sind und das ganze Jahr über zuverlässig zur Ernährung der Bevölkerung bei- tragen. "Wir wollen unseren Forderungen nach einer deutlichen Erhöhung der Milchpreise Nachdruck verleihen. Wir brauchen unbedingt marktreduzierende Maßnahmen", hebt Schill hervor.
Wenn nichts passiert, müssen mehr Höfe dicht machen
Derzeit bekämen die Milchviehhalter lediglich 34 Cent pro Liter Milch. "Wenn wir Milchpreise hätten mit 50 Cent pro Liter, dann wäre das kostendeckend", unter- streicht der Landwirt. Die Milchbauern bekämen einfach zu wenig Vergütung für ihre Milch. Bei den Molkereien und Verkaufsläden werde hingegen kräftig an der Vermarktung verdient. "Es ist ein Unding, wenn der Landwirt als freier Unternehmer nicht einmal selbst seinen Milchpreis bestimmen kann", kritisiert Schill.
Er steht voll und ganz hinter den Argumenten des Bundesverbandes Deutscher Milchvielhalter (BDM). Dieser verweist darauf, dass die Viehhaltung die Kulturlandschaft erhalte, Arbeitsplätze sichere und in nicht unerheblicher Weise zur Wertschöpfung in der Region beitrage. Außerdem müsse die gesell- schaftliche Akzeptanz der Milchbauern erhöht werden, verlässliche Arbeitsmarktregelungen getroffen und den Landwirten ein angemessenes Einkommen für den Lebensunterhalt ihrer Familien gewährleistet werden. "Ich würde gerne meiner langjährigen Mitarbeiterin, die ich selbst ausgebildet habe, mehr bezahlen. Aber dies geht bei den derzeitigen Einnahmen leider nicht", bedauert Schill. Alle von den niedrigen Milchpreisen Betroffenen müssten momentan den Gürtel enger schnallen.
Er fordert, dass die Politik jetzt endlich handeln müsse. Die Milchbauern bräuchten "keine Almosen" von Zeit zu Zeit, wie die jüngsten Beihilfen für Ernteausfälle durch die Dürre. Vielmehr seien strukturelle Veränderungen des Milchmarktes und der Landwirtschaft dringend nötig. Geschehe dies nicht, müssten künftig bald immer mehr Höfe dicht machen.
Im Kampf um gerechte Milchpreise hat sich der Bundesverband Deutscher Milchviehhalter jetzt eine Werbekampagne einfallen lassen, die "Tour für einen Milchmarkt mit Aussicht". 14 Tage lang fährt ein Panoramabus quer durch ganz Deutschland mit dem Ziel, die drängenden Zukunftsfragen mit Milchviehhaltern, Politikern, Vertretern der Wirtschaft, der Presse und der Gesellschaft zu diskutieren. Dieser Bus wird auch auf dem Stammheimer Eichwaldhof der Familie Schill Halt machen und zwar am Samstag, 8. September, ab 13 Uhr. Neben Lokalpolitikern sind auch Abgeordnete der Region zu dem Treffen eingeladen.
Seit die Europäische Union im Jahr 2015 die Milchquote freigab, ist die Situation der Milchbauern wieder deutlich schwieriger geworden. Immer wieder, und zuletzt ganz besonders im Jahr 2008, führten die deutschen Milchviehhalter einen Kampf um faire Milchpreise und letzten Endes auch um ihre Existenz. Dabei erzielten sie durch einen Lieferstopp beachtliche Teilerfolge. In jüngster Zeit ist die wirtschaftliche Situation der Milchbauern wieder schwieriger geworden. Nun hoffen die Milchviehhalter mit ihrer Aufklärungskampagne und das Eingreifen des Staats deutlich fairere Milchpreise zu erzielen.