Salvatore Aranzulla (links), Vorsitzender des ACLI-Ortsvereins Calw, gibt Tüten mit Grundnahrungsmitteln aus. Foto: Fritsch

ACLI-Ortsverein gibt bei CARIsatt Tüten mit Grundnahrungsmitteln aus. Armut in Deutschland nimmt zu.

Calw - Schlange stehen nach Grundnahrung – da denkt man zunächst an Hungersnöte in Afrika. Oder vielleicht an die Abgabe von Lebensmitteln an Bedürftige in Problembezirken deutscher Großstädte wie in Berlin-Neukölln. Dass es so etwas auch in einer bürgerlich geprägten schwäbischen Stadt wie Calw gibt, ist nicht vielen bekannt.

Wer CARIsatt in der Biergasse kennt, weiß was gemeint ist. Schon lange vor der Öffnung um 11 Uhr stehen Menschen an. Und an einem Tag vor Weihnachten waren es besonders viele. Denn der ACLI-Ortsverein in Calw, eine Organisation, die in Italien aus der christlichen Arbeitnehmerschaft hervorgegangen ist, verteilt an diesem Tag an jeden Kunden eine Tüte mit Grundnahrungsmitteln. Darin befinden sich Reis, Bohnen, Mehl und Saucen. Das zeigt, dass es vielen am notwendigsten mangelt. Und in einem Land, in dem viel Wohlstand herrscht, müssen Bedürftige eine hohe Schamschwelle überwinden, um so etwas überhaupt anzunehmen. Rund 50 solcher Pakete sind an einem Tag ausgegeben worden.

Es herrscht dichtes Gedränge in dem kleinen Laden, in dem Lebensmittel mit nicht mehr allzu langem Haltbarkeitsdatum günstig an Bedürftige abgegeben werden. Nur wenn jemand den Raum verlässt, werden wieder Menschen herein gelassen. Es ist eine Mischung aus Scham und Freude, mit der die meisten das Präsent der Italiener entgegennehmen. Auf jeden Fall ist viel Dankbarkeit zu spüren.

Aufschwung kommt bei vielen nicht an

"Es gibt in Deutschland jede Menge Armut", weiß der Calwer ACLI-Vorsitzende Salvatore Aranzulla. "Und es werden immer mehr", fährt er fort. "Der Aufschwung kommt bei vielen gar nicht mehr an", sagt Elmar Schubert. Der Fachleiter Soziale Hilfen bei der Caritas Schwarzwald-Gäu war wegen der Aktion eigens aus Böblingen angereist.

Aranzulla lebt seit 26 Jahren in Calw und arbeitet seit 22 Jahren bei Daimler in Sindelfingen. Er weiß, wie sich die Arbeitswelt verändert hat. Gerade erst, kurz vor Weihnachten, seien die letzten von 3000 Leiharbeitern entlassen worden, die man bei der abflauender Konjunktur nicht mehr braucht.

Wie Giuseppe Tabbi, Vorsitzender der ACLI in Baden-Württemberg sagt, wollen Caritas und seine Organisation ihre Zusammenarbeit vertiefen. So ist in Calw geplant, an einem Tag im nächsten Jahr beim Kaufland ein Zelt aufzustellen, um dort ein warmes Essen an sozial Schwache auszugeben. Ähnliches hat es schon einmal gegeben, erzählt Aranzulla. ACLI-Helfer haben 15 Obdachlose der Erlacher Höhe im katholischen Gemeindehaus bekocht.

"Es geht uns nicht um Schuldzuweisungen. Wir wollen wach rütteln und den Politikern zeigen, dass es solche Menschen gibt", sagt Schubert. Die Italiener von ACLI in Calw haben sie jedenfalls nicht vergessen. Und zeigen ein wunderbares Beispiel für erfolgreiche Integration in der deutschen Gesellschaft.

Die ACLI (Associazioni Cristiane Lavoratori Italiani – Christliche Vereinigung der italienischen Arbeitnehmer) arbeiten seit über einem halben Jahrhundert in Italien mit dem Ziel, die Grenzen der Solidarität, des Friedens und der Menschenrechte zu erweitern. Gemäß diesem Auftrag, haben die ACLI Netze aufgebaut und verbreitet, die die Rechte der Arbeiter, der Benachteiligten, der Bedürftigen verteidigen, ihnen Hilfestellung geben und sie stärken. Nach dem Selbstverständnis der Organisation bleiben diese Herausforderungen unverändert bestehen: Die Frauen und Männer des 21. Jahrhunderts erwarten, dass sich jemand darum kümmert, dass die Welt eine gastfreundliche Heimat für alle wird. In Deutschland sind die ACLI in der Sozialarbeit tätig. Der Schwerpunkt liegt in der Hilfe für italienische Landsleute im Umgang mit deutschen Behörden.