Verkehrsminister Hermann will S-Bahn-Anbindung von Calw unterstützen. Landrat in Berlin.
Kreis Calw/Stuttgart - Vor ein, zwei Jahren war das Thema S-Bahn-Anbindung von Calw Richtung Weil der Stadt mehr tot als lebendig. Jetzt ist das Thema in den Fokus der Macht in Stuttgart gerückt. Doch wichtigster Adressat für kommende Bemühungen des Calwer Landrats bleibt Berlin.
In dieser Woche beschäftigte sich die Kommission der Landesregierung für Haushalt und Verwaltungsstruktur mit dem Ausbau des ÖPNV im Land. Wichtigstes Ergebnis, das Finanzminister Nils Schmid und Verkehrsminister Winfried Hermann nach außen kommunizierten: Das Land will sein Engagement beim Ausbau von Bahn-Projekten in den nächsten Jahren intensivieren.
Mit 450 Millionen Euro will Stuttgart Projekte des Bundesprogramms nach dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG) mitfinanzieren und somit realisieren helfen. Da werden auch schon konkrete Maßnahmen genannt, die sich allerdings fast ausschließlich auf die Ballungsräume konzentrieren: Das reicht von der Stadtbahn Mannheim, über die in Stuttgart bis zur Straßenbahn in Ulm und zur Stadtbahnerweiterung in Freiburg.
"Das zeigt, dass sie uns sehr ernst nehmen"
Doch auch weitere Projekte wolle man gegebenenfalls unterstützen, heißt es von den beiden Ministern. Und da kommt plötzlich der Kreis Calw ins Spiel. Dessen Pläne, Calw über Weil der Stadt und Renningen an das Stuttgarter S-Bahn-Netz anzudocken, hält man in Stuttgart laut einer Pressemitteilung aus dem Verkehrsministerium "verkehrspolitisch für sehr sinnvoll". Man werde sich "politisch dafür stark machen", heißt es aus Stuttgart. Und sofern der Bund diese Maßnahme in die Bundesförderung aufnehme, werde sich das Land um eine Kofinanzierung bemühen.
Dass sich der Koalitionsausschuss in Stuttgart zu diesem Zeitpunkt ernsthaft mit der Hermann-Hesse-Bahn Calw-Renningen beschäftigt, stimmt den Calwer Landrat Helmut Riegger froh. "Ich bin froh, dass wir so schnell so weit sind, dass dieses Gremium sich mit unserem Projekt befasst", sagte Riegger gegenüber dem Schwarzwälder Boten. "Das zeigt, dass sie uns sehr ernst nehmen." Allerdings nicht so ernst wie das aus Sicht des Calwer Landrats sein sollte, der bedauert, dass das Calwer Projekt bei der direkten Förderung außen vor geblieben ist und der beklagt, dass diese feste Zusage nur an Projekte aus den Ballungsräumen ging. "Die Regierung muss den ländlichen Raum einfach ernster nehmen", fordert der Calwer Kreischef in diesem Zusammenhang, der das Land nun unbedingt beim Wort nehmen will: "Wenn der Bund ja zu unseren Plänen sagt, dann erwarte ich vom Land, dass es zu seiner Kofinanzierung steht." Dass dem so sein wird, dafür hat Riegger konkrete Anhaltspunkte.
Riegger: "Jetzt bin ich gefordert"
So habe man ihm aus Stuttgart signalisiert, dass man mit den Plänen "auf dem richtigen Weg sei" und auch der Verkehrsminister Winfried Hermann persönlich hinter der Hermann-Hesse-Bahn stehe. Jetzt müsse man sich aktiv um die Förderung durch den Bund in Berlin bemühen, so der Ratschlag der Landesregierung.
Und genau das hat Riegger jetzt auch vor. In der kommenden Woche wird er zu Gesprächen in die Bundeshauptstadt reisen. Riegger sieht sich dabei persönlich in der Pflicht: "Ich will dieses Projekt, der Kreis Calw braucht dieses Projekt. Jetzt bin ich gefordert. Jetzt muss ich die Mittel in Berlin organisieren", sagt ein merklich motivierter Landrat im Gespräch mit dem Schwarzwälder Boten.
Riegger weiß auch, dass er in Berlin und Stuttgart keine Zeit verlieren darf. Denn um in den Genuss der Bundeszuschüsse zu kommen, muss die Hesse-Bahn bis 2019 abgerechnet sein. Deswegen hat Riegger auch schon einen Zeitplan im Kopf: zwei Jahre Planung, dann die eigentliche Bauphase in den Jahren 2015 und 2016 und dann 18 Monate Zeit für die Abrechnung. Doch dieser Zeitplan setzt voraus, dass Rieggers Gespräche nächste Woche in Berlin auch tatsächlich positiv verlaufen.
Über das Bundesprogramm nach dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG) fördert der Bund Infrastrukturvorhaben des ÖPNV, wie Stadtbahn- oder S-Bahnprojekte. Der Bund übernimmt dabei 60 Prozent der Kosten, das Land stellt weitere 20 Prozent zu Verfügung. Den Rest übernimmt die kommunale Ebene. In Folge der Förderalismusreform läuft das GVFG im Jahr 2019 aus. (Quelle: Ministerium für Verkehr und Infrastruktur Baden-Württemberg)