Gemeinderat setzt Signal und billigt Kostenbeteiligung bei zwei Gegenstimmen. Landrat Riegger wirbt emotional. Mit Kommentar.
Calw - Die Hermann-Hesse-Bahn gibt es für die Stadt keinesfalls zum Nulltarif. Sie muss nicht nur den Park- und Ride-Parkplatz bezahlen. Sie wird sich auch an den Kosten für Invest und Betrieb des S-Bahn-Anschlusses nach Stuttgart beteiligen.
Der Calwer Gemeinderat sprach sich in seiner Sitzung am Dienstagabend bei zwei Gegenstimmen der beiden Räte der Neuen Liste Calw (NLC) Hermann Seyfried und Hans Necker) mit großer Mehrheit dafür aus. Und das kostet die Stadt jetzt ein erkleckliches Sümmchen. 6,26 Millionen Euro für den Invest, wie Oberbürgermeister Ralf Eggert erläuterte. Insgesamt sind für das Projekt rund 48 Millionen Euro veranschlagt.
Bei möglichen Baukostensteigerungen, an denen sich Calw wie auch die beiden anderen beteiligten Anrainergemeinden Althengstett und Ostelsheim nach den mit dem Kreis getroffenen Vereinbarungen mit maximal 12,5 Prozent beteiligen, würde der städtische Betrag auf 7,454 Millionen Euro ansteigen. Knapp 60. 000 Euro jährlich kostet der laufende Betrieb. Nicht zu vergessen die 2,8 Millionen Euro für Park & Ride und ÖPNV. Bei einer Kreditfinanzierung mit einem Tilgungszeitraum von 30 Jahren und einen Zinssatz beträgt die Belastung unterm Strich rund 1,06 Millionen Euro jährlich.
"Mit dem gefundenen Kompromiss kann niemand so richtig zufrieden sein – wie das bei Kompromissen eigentlich immer ist", meinte der Sprecher der Freien Wähler, Dieter Kömpf dazu. "Aber wir müssen jetzt zustimmen. Das ist eine Riesenchance für Calw." Jürgen Ott (FDP), Hugo Bott (SPD) und Peter Ayasse (CDU) sahen das als Sprecher ihrer Fraktionen ebenso. Nur eben die beiden NLC-Vertreter nicht. "Wir müssen auch daran denken, was wir unseren Kindern finanziell aufbürden", meinte beispielsweise Hermann Seyfried.
Landrat Helmut Riegger und Althengstetts Bürgermeister Clemens Götz, die beide anwesend waren, warben für das Projekt Hermann-Hesse-Bahn. Ganz emotional tat dies dabei der Landrat. Nach seinem Zeitplan sollen die Züge bis Ende 2017/Anfang 2018 rollen. Noch nie sei die Chance größer gewesen als jetzt, betonte er. Die Region und vor allem die Stadt Calw sowie die Anrainergemeinden könnten von ihm nur profitieren.
Mitgeteilt wurde, dass der Brückenbau bei Heumaden mittlerweile genehmigt ist. Darüber hinaus wurde erläutert, wie es gelungen ist, die Kosten von ursprünglich 60 Millionen Euro auf 48 Millionen Euro herunter zu rechnen: Vor allem, weil auf einen S-Bahn-Standard verzichtet werden soll. Wichtig sei zunächst einmal, dass der S-Bahn-Anschluss ganz schnell kommt, so Landrat Riegger.
Kommentar: Signal gesetzt
Hans-Jürgen Hölle
Als Dauermahner, die städtischen Kassen nicht noch weiter zu strapazieren, sind Hermann Seyfried und Hans Necker von der Neuen Liste Calw im Gemeinderat bekannt. So gesehen war es aus ihrer Sicht nur konsequent, dass sie sich gegen die Kostenbeteiligung der Stadt am Invest und Betrieb der Hermann-Hesse-Bahn ausgesprochen haben. Immerhin geht es da um insgesamt mehr als neun Millionen Euro.
Aber in diesem Fall wäre Stillstand wirklich Rückschritt gewesen. Die Chancen, dass der S-Bahn-Anschluss nach Stuttgart kommt, standen noch nie so gut. Ein Nein aus Calw hätte das Projekt ins Stolpern gebracht. Gut, dass die anderen Ratsmitglieder mit ihrer Zustimmung ein deutliches Signal gesetzt haben. Jetzt fehlt noch, dass das Votum in den beiden anderen Anrainergemeinden Althengstett und Ostelsheim sowie im Kreistag ähnlich klar ausfällt.