Die Bronze der Mia Hesse wurde von der Künstlerin Maria Magel (links) gestaltet. Bei der Enthüllung hilft Franziska Keller (Mitte), Großnichte von Mia Hesse. Eva Eberwein freut sich als Initiatorin der Ehrung. Foto: Burger Foto: Schwarzwälder Bote

Literatur: Ehefrau Mia in den Titel mit aufgenommen / Geschichte soll gerade gerückt werden

Gaienhofen am Bodensee, Hermann-Hesse-Weg 2 – so lautet die Adresse des Hermann-Hesse-Hauses. Oder vielmehr des Mia-und-Hermann-Hesse-Hauses. Das Gebäude, in dem die Familie einst gelebt hat, wurde jüngst umbenannt, um das Leben der Fotografin zu würdigen.

Calw/Gaienhofen. Am liebsten hätte er das Haus selbst gekauft, 2003, als es kurz vor dem Abriss stand, "um es vor Leuten zu schützen, die nur auf das Grundstück in bester Lage aus waren", gibt Karl-Josef Kuschel aus Tübingen, Präsident der Internationalen Hermann Hesse-Gesellschaft, zu. Wie froh sei er gewesen zu erfahren, dass das Ehepaar Bernd und Eva Eberwein diese Aufgabe übernommen hat und auch die finanziellen Mittel aufbringen konnte, es zu sanieren; das Haus wieder in den Zustand zu bringen, in dem es Anfang des 20. Jahrhunderts war, ein prächtiges modernes Haus im Schweizer Reformstil. 1907 hatte die Familie Hesse es gebaut, bis 1912 bewohnt. Das Bild des verkommenen Anwesens noch im Kopf habe Kuschel es ein zweites Mal besucht, und sei "voll Bewunderung für das kulturschaffende Ehepaar Eberwein gewesen", die das Kulturgut erhalten haben.

Seinem Grußwort lauscht man dicht gedrängt im Esszimmer des Hesse-Hauses, das nun "Mia- und Hermann Hesse Haus Gaienhofen" heißt. Zur Feier der Umwidmung sind Enkel und Nachfahren der Familie gekommen, darunter Simon und Silver Hesse, Mitglieder des Fördervereins und des Arbeitskreises Mia Hesse.

Die Erhaltung des Hauses legte wiederum den Grundstein für die Forschung zu Mia Hesse, geborene Bernoulli aus Basel, die vor allem Eva Eberwein voran trieb. Ein Arbeitskreis sichtete Dokumente, transkribierte mehr als 600 Briefe Mias an Hesse. Seine Briefe an sie waren mit dem Brand ihres Haus in Ascona 1942 vernichtet worden. Mit Hilfe des Forschungskreises konnte Mias Leben dennoch weitgehend rekonstruiert werden. Viele Mythen konnten zurecht gerückt werden, die teils von Hesse selbst oder seinen Verehrern gepflegt wurden. Die Managerin seines Hauses und Mutter seiner drei Söhne war lange auf "Hesses erste Frau, die noch dazu geisteskrank gewesen sei" reduziert worden, so Eberwein. Dabei war sie "ihrer Zeit weit voraus, eine experimentelle Kunstfotografin, die ein Atelier in Basel führte", fügt Kuschel hinzu.

Gebäude verkauft

"Sie war warmherzig und liebevoll", berichtet Franziska Keller, Enkelin von Tuccia Bernoulli, Mias Schwester. Oft war sie als Acht- bis Zehnjährige mit ihrer Großmutter bei der Großtante in Muri bei Bern zu Besuch: "Im Alter war Mia fröhlich, ein wenig chaotisch im Haushalt, und da haben wir bei ihr aufgeräumt", erzählt Keller. Tuccia war zehn Jahre jünger als Mia, "aber sie war die Intellektuelle und eher kalt. Mia war die Kreative". Die beiden Schwestern Bernoulii hatten nicht nur ihre Ausbildung zu Kunstfotografinnen in München durchgesetzt, sondern gründeten auch gemeinsam das Atelier in Basel.

Nach der Hochzeit mit Hesse war es für Mia vorbei mit der Karriere, sie ordnete sich ihrem Mann komplett unter. Weder zeigte er Verständnis für ihre Ambitionen, noch das bäuerliche Umfeld in Gaienhofen. Auch das großzügige Haus am Erlenloh konnte die schwieriger gewordene Beziehung nicht retten, Hesse floh immer häufiger auf seine längeren Reisen. 1912 wurde das Haus verkauft, die Familie zog nach Bern.

Der Dornröschenschlaf des Hauses, in dem es zuletzt lag, endete 2004 mit der Renovierung. Eine Entwicklung, die manchen Nachbarn nicht gefällt. Etliche protestieren gegen die Führungen im Garten, die deshalb nur streng limitiert stattfinden dürfen. So fanden auch die Feierlichkeiten im engen Rahmen des Hauses statt. Allein zur Enthüllung der Büste Mia Hesses zog man hinaus ins Freie.