Finanzen: Ausgaben übersteigen Einnahmen / Einige Projekte gestrichen – wenn auch mit knapper Mehrheit

Schrumpfende Einnahmen und steigende Ausgaben: Das Jahr 2020 dürfte für die Stadt Calw voraussichtlich kein einfaches werden. Da verwundert es nicht, dass bei der Beratung des Haushalts bei einigen Projekten der Rotstift angesetzt wurde. Um manche Entscheidungen wurde im Gemeinderat dabei heftig gerungen.

Calw. Im Ergebnishaushalt der Stadt Calw wird in diesem Jahr vermutlich eine große Lücke klaffen. Denn die Verwaltung geht laut Plan davon aus, dass rund 63,1 Millionen Euro Erträgen Aufwendungen in Höhe von etwa 66,5 Millionen Euro gegenüberstehen. Ein Defizit, das über die liquiden Mittel der Stadt – also gewissermaßen die "Ersparnisse" – finanziert werden muss. Ende des Jahres würden die liquiden Mittel sich dann noch auf etwa 8 Millionen Euro belaufen. Neue Kredite werden voraussichtlich nicht benötigt; zudem ist ein Schuldenabbau von rund 1,5 Millionen Euro vorgesehen. Der Schuldenstand würde Ende 2020 dann rund 20,3 Millionen Euro betragen.

Kämmerer Klaus Reichert rechnet für 2020 im Einzelnen unter anderem mit 8 Millionen Gewerbesteuer sowie 14,7 Millionen Euro an Schlüsselzuweisungen durch das Land Baden-Württemberg auf der Einnahmenseite, inklusive kommunale Investitionspauschale. Die Personalkosten klettern, unter anderem wegen allgemeiner Lohnsteigerung sowie mehrerer neuer Erzieher-Stellen, im Vergleich zu 2019 um etwa 1,2 Millionen Euro auf 23,8 Millionen Euro. Auch die Sach- und Dienstleistungen steigen um rund 1,5 Millionen Euro auf knapp 12,7 Millionen Euro – unter anderem wegen der Miete für die Container, in der die Schüler des Maria von Linden-Gymnasiums in Stammheim während der Generalsanierung der Schule untergebracht sind.

Aufgrund dieser finanziellen Gesamtsituation werden nun einige gewünschte Projekte vorerst wohl nicht umgesetzt. Das beschloss der Gemeinderat in seiner jüngsten Sitzung in mehreren Abstimmungsrunden. Manche Entscheidung ging dabei relativ knapp aus.

Friedhofsgebäude

Bei Adrian Hettwer (Gemeinsam für Calw, GfC) sorgte gleich zu Beginn der Vorschlag, keine Planungsmittel für einen Umbau des Friedhofsgebäudes in Alzenberg bereitzustellen, für Unmut. Immerhin sei der Friedhof sowohl für die Wimberger als auch die Alzenberger wichtig. "Es ist schon seit Jahren der Bedarf da, dieses Gebäude zu erweitern", betonte Hettwer. Bei Trauerfeiern müssten die Trauernden nicht selten im Regen stehen. Und so stellte er den Antrag, 10 000 Euro für Planungen im Haushalt vorzusehen. Dieter Kömpf (Freie Wähler) räumte hierbei zwar ein, dass auch er den Bedarf sehe. Solange jedoch kein Geld in Aussicht sei, um die Baumaßnahmen tatsächlich umzusetzen, ergebe auch eine Planung zum jetzigen Zeitpunkt wenig Sinn. Bei zwölf Gegenstimmen und drei Enthaltungen wurde der Antrag mehrheitlich abgelehnt.

Kunstrasenplätze

Einstimmig angenommen wurde dagegen ein Antrag der Freien Wähler, der GfC und der CDU. Konkret ging es dabei um die Finanzierung der Kunstrasenplätze in Altburg und Wimberg. Beide Flächen haben ihre besten Zeiten hinter sich und müssen dringend erneuert werden. Gemäß des Antrags werden nun die Stadt mindestens 80 Prozent und die Vereine maximal 20 Prozent der Kosten tragen. Dabei soll die Verwaltung mit den Vereinen verhandeln, welche Möglichkeiten eines Beitrages sinnvoll erbracht werden können, ohne die Vereinsstruktur über Gebühr zu belasten.

Oliver Höfle (GfC) stellte in diesem Zusammenhang gleich einen weiteren Antrag: dem VfL Stammheim, der im vergangenen Jahr seinen neuen Kunstrasenplatz eingeweiht hat, einen Teil der Investitionen zurückzuerstatten. "Wir wollen ja alle Vereine im Stadtgebiet gleich behandeln", so Höfle. Denn: Der VfL hatte 30 Prozent der Kosten übernommen. Hermann Seyfried gab jedoch zu bedenken, dass es bei den Plätzen durchaus auch Unterschiede gebe. So seien die Flächen in Altburg und Wimberg der Allgemeinheit zugänglich, jene in Stammheim dagegen eingezäunt. Auch Oberbürgermeister Florian Kling war eher skeptisch. "Wir machen hier gerade etwas komplexer und komplizierter, als es sein muss", meinte er. Generell wolle er das Thema zuerst durch die Verwaltung aufarbeiten lassen, bevor endgültig entschieden werde. Am Ende gab es dadurch zwei Anträge: Zunächst votierte das Gremium bei zehn Ja- zu acht Nein-Stimmen dafür, dem VfL zehn Prozent (rund 66 000 Euro) zurückzuerstatten, bevor der Rat bei zwölf Ja- zu neun Nein-Stimmen beschloss, dies zuerst erneut im Gemeinderat zu diskutieren, bevor die Rückzahlung erfolge.

Skateanlage

Ebenfalls umstritten war der Antrag der Freien Wähler, die Mittel (etwa 100 000 Euro) für den geplanten Neubau einer Skateanlage in der Kernstadt zu streichen. "Dafür ist die Zeit im Moment nicht reif", erklärte Kömpf dazu. Andere Projekte hätten Priorität. Hettwer konnte dafür kein Verständnis aufbringen. "Das ist doch etwas, das wir bereits entschieden haben", wunderte er sich. Und gerade in der Kernstadt gebe es für Kinder und Jugendliche ohnehin kaum Angebote. Jürgen Ott (GfC) sah das ähnlich. "Wir müssen als Gremium verlässlich sein", unterstrich er mit Blick auf den Beschluss des Gemeinderats im vergangenen Jahr. Kömpf meinte dazu jedoch, dass nicht der Bau entschieden worden sei, sondern lediglich, die Kosten dafür, wenn möglich, im Haushalt einzustellen. Bei einer knappen Abstimmung mit 13 Ja- zu zwölf Nein-Stimmen wurde das Projekt schließlich gestrichen.

Plattenband

Ebenfalls gestrichen wurde auf Antrag der Freien Wähler das geplante Plattenband in Richtung Marktplatz zu verlegen. "Wir würden hier jetzt nicht 400 000 Euro ausgeben, wenn der Marktplatz sowieso neu gestaltet werden soll", erklärte Kömpf. Sollte es verkehrsrechtlich zulässig sein, soll dagegen der Lückenschluss des Plattenbands zwischen Lederstraße und Marktbrücke gemacht werden. Hettwer regte zudem an, das Plattenband in der Lederstraße, das gerade für ältere Fußgänger wichtig sei, in Richtung Kaufland zu erweitern. Die Verwaltung will nun prüfen, welche Kosten dadurch entstehen würden.

Rettungsweg

Ferner beantragten die Freien Wähler, 30 000 Euro für die Schaffung eines zweiten Rettungswegs in der "Aula" der Grundschule Stammheim in den Haushalt aufzunehmen. Stammheims Ortsvorsteher Patrick Sekinger hatte hierbei gute Nachrichten zu verkünden: In Absprache mit Calws Stadtbrandmeister Dirk Patzelt sei es möglich, den bereits bestehenden Fluchtweg für rund 10 000 Euro umzuarbeiten. Dann dürften die Räume für Veranstaltungen mit rund 60 Menschen genutzt werden. Mehr fänden dort ohnehin kaum Platz. Der Beschluss fiel einstimmig.

Kiga im Zwinger

Auch für die Sanierung des Kindergartens Zwinger werden zusätzliche Mittel eingestellt. Das entschied das Gremium einstimmig. Die Freien Wähler schlugen vor, dafür das Geld zu verwenden, das durch die Streichung von Plattenband und Skateanlage eingespart wird. Insgesamt sind 475 000 Euro eingeplant.

Preise Tiefgarage

Die Mietpreise für die Tiefgarage bei der Turnhalle in der Badstraße steigen um zwei Euro pro Monat. Auch hier war sich der Gemeinderat einig. Die Begründung: Durch den Einbau von Rolltoren sei die Qualität der Parkplätze deutlich erhöht worden.

Gartengestaltung

Erhard Hofmann (Linke) beantragte, 10 000 Euro für die Förderung von naturnahen Gärten einzuplanen – um der "Unsitte der Versteinerung in Gärten" entgegenzutreten. Hofmann schwebte dabei vor, damit einen Anreiz zu bieten und das Geld zum Beispiel in einer Art Wettbewerb für besonders naturnahe Gärten zu vergeben. Dieses Vorhaben wurde grundsätzlich sowohl von Kömpf, als auch von Ott, Irmhild Mannsfeld (Neue Liste Calw) und Bernhard Plappert (CDU) unterstützt. Alle wünschten sich jedoch zunächst ein Konzept, nachdem dieses Vorhaben umgesetzt werden könnte. Auch Kling hatte Bauchschmerzen, einfach "frei Schnauze, nach dem Gießkannen-Prinzip" Geld zu verteilen. Ohnehin sei es "mit Geld allein nicht getan". Der Antrag wurde bei zehn Gegenstimmen angenommen.

Müll

Darüber hinaus schlug Hofmann vor, 5000 Euro einzustellen, um Initiativen zu fördern, die sich um Müll in Feld, Wald und Flur kümmern. Obgleich diese Idee generell auf Zustimmung stieß, fehlte dem Gremium erneut ein konkreteres Konzept. Nur zwei Räte votierten dafür, der Antrag wurde abgelehnt.

Elektro-Smog

Um Schüler über mögliche Gefahren von Elektro-Smog aufzuklären, wollte Hofmann 5000 Euro bereitstellen. Damit sollte eine Beratung finanziert werden, die den Kindern und Jugendlichen an Calwer Schulen Maßnahmen aufzeigen könne, wie man sich gegen Gefahren von WLAN, Funkstrahlung und elektromagnetischen Feldern schütze. "Wenn es den Eltern und den Schulen wichtig ist", so meinte Mannsfeld, müsse eine solche Maßnahme aber eher beispielsweise über das jeweilige Schulbudget abgedeckt werden. Das Gremium schmetterte den Vorschlag mit 25 Gegenstimmen ab.

Dachbegrünung

Auch Hofmanns Plan, 20 000 Euro für Zuschüsse bereitzustellen, die zu mehr begrünten Dächern in Calw führen sollen, fand keine Zustimmung. Dies könne auch über die Bauleitplanung geregelt werden, meinte Mannsfeld. Nur Hofmann selbst votierte dafür.