Einen ebenen Zugang hat die Verwaltungsstelle in Altburg an der Gebäuderückseite. Die ehemalige Gastwirtschaft aus dem Jahr 1752 wurde 1835 Rathaus und 1927/28 sowie 2019 renoviert und umgestaltet.Fotos: Schabert Foto: Schwarzwälder Bote

Heimatgeschichte: 1835 wurde aus der Gaststätte das Rathaus / Wirtschaft lebte zwei Häuser oberhalb fort

270 Jahre alt ist das Gebäude, das heute noch von der Stadt benutzt wird. Doch vor der Zeit als Verwaltungsgebäude war es eine Gastwirtschaft. Die musste mehrmals gerettet werden und wurde schließlich doch von der Stadt aufgekauft.

Calw-Altburg. Das Altburger Rathaus hat eine lange Geschichte als "Goldener Ochsen". Das zugehörige Lehen war mit Abstand das größte im Ort, und das Gasthaus hatte auch besondere Handelsrechte. Verliehen waren diese von den Ortsherren, wobei auch an die Ritterschaft Oberkochen gezinst werden musste, wie Elke Schöffler und Eberhard Bantel bei Forschungen herausfanden.

Im Jahr 1773 verstarb die Frau des aus Rotfelden nach Altburg gekommenen Ochsenwirts Christian Dürr schon nach einem Jahr Ehe. Er heiratete noch im selben Jahr Sophia Margaretha Seuff aus Neuenbürg. Sie gebar ihm drei Söhne und die Tochter Margaretha Barbara.

Ab 1792 tobten die Koalitionskriege zwischen Frankreich und seinen europäischen Machtrivalen. Als Dürr 1797 starb, war die Familie in höchsten finanziellen Nöten, verkaufte Land und konnte trotzdem die Zwangsversteigerung nicht vermeiden. Der Altburger Pfarrer, Gottlieb Christoph Bohnenberger, berichtete 1796, dass er am Sonntag, den 10. Juli, von marodierenden Soldaten gleich fünf Mal überfallen wurde. Weiter schrieb er: "Was die Gemeinde anbetrifft, so haben die beiden hiesigen Wirte, besonders der Ochsenwirt Dürr, der gegen meine Warnung sein Haus mit Weib und Kindern verlassen hatte, ebenfalls sehr gelitten."

Rettung kam, als die Tochter Margaretha Barbara Dürr 1798 Johann Michael Schaible aus Altburg heiratete. Er war begütert, denn sein Vater hatte laut Kaufvertrag das "Lehensgut", das heutige Bauernhausmuseum, zur Hälfte seiner Tochter Katharina, verheiratet mit Benjamin Lörcher aus Weltenschwann, und zur anderen Hälfte ihm vermacht. Johann Michael Schaible ließ sich von seinem Schwager auszahlen, sodass das Lehensgut wieder vereinigt war. Mit dem ausbezahlten Geld erwarb er im Jahr 1800 das "Dürren Gut" für 5000 Gulden. Er blieb Wirt des Ochsen, bis dieser 1835 verkauft und einer kommunalen Nutzung zugeführt wurde.

Tradition wird doch noch weitergeführt

Die Tradition des Gasthauses "Zum Ochsen" wurde allerdings weitergeführt, und zwar im damals übernächsten Gebäude aufwärts auf der gleichen Straßenseite. Der gebürtige Altburger Ulrich Rentschler, der 1834 Barbara Volz geheiratet hatte, eröffnete dort zum dritten Mal ein Gasthaus zum Ochsen im Ort.

Eine von den beiden Töchtern, Christina Barbara, ehelichte 1864 Jakob Erhard aus Schmieh, der damit die Funktion des Ochsenwirts übernahm. Ihnen wurden drei Töchter geschenkt, Anna Maria, Katharina Barbara und Margaretha. Anna Maria Erhardt nahm 1888 Johann Michael Kusterer zum Ehemann, der durch den Wechsel von Ottenbronn nach Altburg nächster Ochsenwirt wurde. Einer der fünf Söhne, Johann Georg Kusterer, heiratete die Schwester des Altburger Schuhmachers, Lina Lutz. Sie hatten einen Sohn und eine Tochter.

Ilse Kusterer ging die Ehe mit Gottlieb Kling aus Altburg ein, war eine ausgezeichnete Köchin und betrieb lange Zeit die Gastwirtschaft. Danach gab es etliche Pächter, bis um die Jahrtausendwende die Ochsen-Ära endgültig zu Ende ging.

Die Gemeinde Altburg hatte den "Goldenen Ochsen" 1835 für 3150 Gulden erworben, um ein Schul- und Rathaus einzurichten. Man benötigte dringend neuen Schulraum, Amtsstuben und Wohnungen für Lehrer und den Schultheißen. Im zweiten Stock entstanden Unterkünfte für Kranken- und Kinderschwestern. 1927/28 fand eine gründliche Renovierung statt. Im Erdgeschoss wurden die Registratur, ein Saal für Sitzungen und sonstige Veranstaltungen sowie das Ortsgefängnis eingerichtet. In ihm pflegte Bürgermeister Karl Walz sein Mittagsschläfchen zu halten, wenn es gerade nicht besetzt war. Dann hörte man im Dorf sagen, der Bürgermeister sei mal wieder auf dem Weg nach "Karlsruhe". Walz war nicht nur Jahrzehntelang Bürgermeister von Altburg. Er führte über 40 Jahre hinweg als Vorsitzender – kurz unterbrochen in der Nachkriegszeit, während dieser aber als Geschäftsführer – von 1926 bis 1967 auch den Zweckverband Schwarzwaldwasserversorgung.

Weitere Amtsräume und der Sitzungssaal wurden 1969 im ersten Stock in der bisherigen Bürgermeister-Wohnung eingerichtet, als der damalige Bürgermeister Wolfgang Mayer in eine Privatwohnung zog. Bei der Renovierung von 2019 wurde dieser Saal wieder an seinen angestammten Platz im Erdgeschoss zurückverlagert. Die Ortsverwaltung arbeitet jetzt wieder im Erdgeschoss, barrierefrei und behindertengerecht in dem fast 270 Jahre alten Haus.

Damit wurden Räume im Stockwerk darüber für die ortsansässigen Vereine frei. Am 14. April 2019 fand die Einweihung der neuen Verwaltungsräume und einer neuen Gedenkstätte zu Ehren des großen Sohnes von Altburg, Johann Gottlieb Friedrich von Bohnenberger (1765 bis 1831) statt, der als Erfinder und Landvermesser in die Geschichte einging. Sein Vater war jener Pfarrer, der 1796 wohlmeinend den Ochsenwirt gewarnt hatte.