Doch kein Stühlerücken beim Gewerbeverein. Der Vorstand wurde wiedergewählt. Das Bild zeigt von rechts: Nicolai Stotz, Armin Schnürle, Magdalene Watzl-Furtmüller, Beate Giese, Rechtsbeistand Sebastian Nothacker und Thomas Albiez. Foto: Hölle

Magdalene Watzl-Furthmüller weiter an der Spitze. Rechnung ohne Mitgliederversammlung gemacht. Mit Kommentar.

Calw - Nein, weißer Rauch stieg aus dem Kamin nicht auf, als der Calwer Gewerbeverein am Montagabend um 22.35 Uhr sein Vorstandsproblem gelöst hatte. Es ging ja auch nicht um die Wahl des Papstes, sondern nur um die Frage, wer den Verein weiter anführt. Es ist Magdalene Watzl-Furthmüller.

Das Ergebnis hat sie selbst überrascht. Und ihre Vorstandskollegen Nicolai Stotz (Schriftführer) sowie Armin Schnürle (Kassier), die ebenfalls wieder gewählt wurden, auch. Sie waren nämlich mit der Absicht erschienen, zurückzutreten. Aus ihrer Sicht folgerichtig sollte ein neues Vorstandsgremium gewählt werden.

Dass sich das als schwierig erweisen dürfte, hatte sich im Vorfeld abgezeichnet. Kein ernst zu meinender oder realisierbarer Vorschlag war im Vorfeld eingegangen. Dagegen war innerhalb darüber spekuliert worden, was geschieht, wenn man ab Dienstagmorgen vorstandslos dasteht. Die Mitglieder bewegte dabei vor allem die Frage, wie der Verein noch zu retten sei.

Magdalene Watzl-Furthmüller erläuterte zu Beginn der außerordentlichen Mitgliederversammlung nochmals, was den Vorstand inklusive der Fachgruppensprecher dazu bewogen hat, den Rücktritt anzubieten. Um den Rückzug ihres Stellvertreters Bernhard Stopper sowie den vermeintlichen Austritt eines weiteren Mitglieds und die Berichterstattung, darüber ging es dabei. Aber auch darum, dass das Verhältnis zur Stadt offensichtlich nicht das beste sei. Und auch aus den Reihen der Mitgliedschaft seien kaum Rückmeldungen gekommen, aus denen hätte geschlussfolgert werden können, dass der Vorstand das Vertrauen der Mitglieder genießt. "Deswegen haben wir die Reißleine gezogen", so die Vorsitzende. „Obwohl es in einer Stadt wahrscheinlich kein attraktiveres Ehrenamt gibt, als in einem Gewerbeverein Verantwortung zu tragen", hatte sie zuvor gesagt.

Da haben die Vereinsverantwortlichen die Rechnung aber ohne die Anwesenden bei der Versammlung gemacht. Der Gewerbeverein steht nämlich hinter seinem Vorstand. "Gemeinsam Stärke zeigen ist das Motto des Gewerbevereins", betonte Ehrenmitglied Albrecht Diem nach einer Pause, in der die Rücktrittswilligen, die zuvor schon ins Grübeln gebracht worden waren, offensichtlich nochmals bearbeitet wurden. Die Mitglieder würden ganz klar hinter dem Vorstand stehen. "Und das tragen wir jetzt auch nach außen", so Diem.

"Mit diesem Versammlungsverlauf haben wir nicht gerechnet", gestand Magdalene Watzl-Furthmüller ein. Vorschläge, eine Findungskommission einzusetzen, die nach neuen Vorstandsmitgliedern Ausschau hält (Rüdiger Pfrommer), oder, den seitherigen Vorstand zu ermächtigen, bis zur Hauptversammlung im Oktober weiter zu agieren (Heiner Ungeheuer) mussten nicht mehr diskutiert werden, als sich abzeichnete, dass der Neuanfang auch mit altem Personal funktionieren könnte.

Und so kam es auch. Gewählt werden musste auf jeden Fall. "Einen Rücktritt vom Rücktritt gibt es nämlich nicht", wie Rechtsanwalt Sebastian Nothacker aus vereinsrechtlicher Sicht erläuterte. Der Vollständigkeit halber: Der Gewerbeverein hat seit Montagabend auch wieder – unter Vorbehalt – einen stellvertretenden Vorsitzenden. Die Versammlung sprach sich hier für Thomas Albiez, bisher Sprecher der Fachgruppe Innenstadt/Hirsau, aus. Die Fachgruppensprecher müssen jetzt übrigens ebenfalls neu gewählt werden. Die seitherigen hatten aus Solidarität zum Vorstand, auch ihren Rücktritt erklärt.

Kommentar: Neuanfang

Von Hans-Jürgen Hölle

War da beim Gewerbeverein die Rede von Neuanfang? Den gibt es zwar. Aber mit altem Personal. Vorsitzende Magdalene Watzl-Furthmüller und ihre Kollegen erlagen dem Flehen der Mitglieder, dass sie in ihren Ämtern bleiben mögen. Dem in diesem Maße gezeigten Vertrauen der Basis wollten sie sich nicht verschließen. Möglicherweise wäre das Vereinsschiff sonst in eine ungewisse Zukunft gesteuert. Das ist zu akzeptieren. Und jetzt hat der Vorstand es verdient, dass man ihn in Ruhe arbeiten lässt und dass man ihn erst dann an seinen Taten misst. Aber zu diesem Neuanfang gehört auch, dass sich die Verantwortlichen fragen, ob mehr Kommunikation auch untereinander dem Vereinswohl nicht besser dient, als verbale Breitseiten nicht nur gegen öffentliche Kritik, sondern auch gegen die Stadtverwaltung und die Mitglieder selbst abzufeuern.