Der Friedhof ist auch heute noch sehr gepflegt und hat viele historische Gräber. Foto: Würfele Foto: Schwarzwälder Bote

Heimatgeschichte: Calwerin Katharina Haydt verkauft 1618 Grundstück am Brühl an Stadt / Mauern 2004 restauriert

Vor 400 Jahren, also 1618, verkaufte die Calwer Bürgerin Katharina Haydt ihren Acker am Brühl an die Stadt, damit dort ein neuer Friedhof errichtet werden konnte. Wenig später starb sie und wurde als erste dort beerdigt.

Calw. Bei der Gründung Calws um die Mitte des 13. Jahrhunderts baute man die Kirche an zentraler und dominanter Stelle in der Stadt. Rings um das neue Gotteshaus wurde ein Begräbnisplatz für die Verstorbenen, der Kirchhof, angelegt. Die Menschen waren damals von der Taufe bis zu ihrem Ableben eng mit dem Gotteshaus verbunden. Pfarrer und andere verdiente Personen wurden sogar in der Kirche bestattet, um Gott noch näher zu sein. Im Laufe der Zeit musste der Kirchhof bis etwa zum heutigen Dekanatsgebäude ausgedehnt werden.

Der Gottesacker um die Stadtkirche reichte durch die Zunahme der Bevölkerung und wegen der vielen Menschen, die durch die Pest im Jahre 1502 starben, nicht mehr aus. Ein neuer Friedhof musste deshalb bei der Marienkapelle (heute Gasthaus Brauhaus) angelegt werden, der 1503 durch den Weihbischof von Speyer Heinrich Schertlin geweiht wurde.

Grabinschrift ist nicht mehr lesbar

Dieser Friedhof war wegen seiner ungünstigen Lage nicht nur grundwasser-, sondern auch hochwassergefährdet. Leichen sollen aus ihren Gräbern gespült und fortgeschwemmt worden sein. So wird berichtet, dass man eine "Calwer Leich" bei Unterreichenbach gefunden habe, die die Nagold mitgerissen hatte.

1618 dann bot die fast hundertjährige Katharina Haydt ihren "ohnfern der großen Linde auf dem Bruel" gelegenen Krautacker der Stadt für einen neuen Kirchhof um 50 Gulden zum Kauf an. Ein zur damaligen Zeit recht hoher Preis. Die Stadt griff zu, da der Platz sicher vor Hochwasser war. Das war der Anfang des heute noch bestehenden Begräbnisplatzes. Kurze Zeit später starb Haydt. Sie wurde am 30. Oktober 1618 als erste auf dem neuen Gottesacker beerdigt. Ihr Grabstein ist noch vorhanden, jedoch stark verwittert und nicht mehr lesbar.

Der Begräbnisplatz bei der Marienkapelle wurde, im Gegensatz zum Kirchhof bei der Stadtkirche, weiterhin mitbenutzt. Nach dem zweiten Stadtbrand von 1692 erfolgten die Beerdigungen nur noch auf dem neuen Friedhof.

Dieser war lange im Eigentum der (evangelischen) Kirchen- und Schulpflege; die Verwaltung oblag dem Kirchenkonvent, beziehungsweise dem Stiftungsrat. Ab Mitte 1890 ging der Friedhof auf die Stadt über, da zunehmend eine konfessionelle Vermischung der Bevölkerung stattfand und eine Trennung von Aufgaben zwischen bürgerlicher und kirchlicher Gemeinde unumgänglich war.

Die nach den Plänen von Stadtbaumeister Christian Hohnecker errichtete Friedhofskapelle wurde im August 1896 eingeweiht. Den größten Teil der Bausumme spendeten hierfür Mathilde Schauber, Tochter des Fabrikanten Friedrich Schauber in Calw, der Königliche Salinenverwalter in Hall, Friedrich Schüz (1858-1923) und der Fabrikant Ludwig Schüz (1862-1911). Der von Ludwig Schüz gestiftete Inventar der Friedhofskapelle – sechs hölzerne Stühle, Strohmatten und ein Kruzifix – waren Eigentum der Kirchengemeinde.

In den vergangen vier Jahrhunderten waren immer wieder Erweiterungen des Friedhofs und Restaurierungen der Mauern notwendig geworden. Im Jahr 1935 wurde die Friedhofskapelle unterkellert sowie Leichenzellen eingebaut und 1986 wurde der Platz vor der Kapelle neu gestaltet.

Das Gesicht der Grabmale wandelte sich im Laufe der Zeit. Sie zeigen, in welchem Bezug Verstorbene zum Tode standen, geben Auskunft über soziale Strukturen und Verhältnisse und sind damit historische Quellen.

Monumente teils stark verwittert

Auf dem Calwer Friedhof gibt es eine große Zahl kunsthistorisch bemerkenswerter Grabmale, vorwiegend aus der wirtschaftlichen Blütezeit der Stadt im 18. und 19. Jahrhundert. Die Inschriften vieler Monumente sind inzwischen stark verwittert. Es handelt sich fast ausschließlich um Gräber von Angehörigen der Calwer Zeugmacher-Compagnie.

Diese Grabmale zeigen auch das soziale Gefälle der Stadt in dieser Zeit. Ein Weber, Arbeiter oder Tagelöhner, der für die Calwer Compagnie tätig war, konnte sich finanziell ein solch prächtiges Grabmal nicht leisten. Ihre Löhne reichten kaum aus, um sich und ihre Familien zu Lebzeiten durchzubringen.

2004 wurden Friedhofsmauer und Grabinschriften restauriert. Calwer Familien und ehemalige Bürger beteiligten sich an den Kosten.