Hier geht nichts mehr: Ein Transporter macht die Weiterfahrt der Feuerwehr unmöglich. Foto: Klormann

Rettungswege-Test: Im Ernstfall entscheiden Sekunden über Leben und Tod.

Calw - Wenige Minuten, im Extremfall Sekunden, können über Leben und Tod entscheiden. Einsatzkräfte und Mitarbeiter der Stadt Calw wissen das – und haben deshalb diese Woche getestet, wo im Stadtgebiet kein Durchkommen für Löschfahrzeuge ist.

Donnerstagabend, kurz vor 19 Uhr, Feuerwehrgerätehaus Calw. Mitglieder der Feuerwehr, der Polizei und des Ordnungsamtes bereiten sich auf eine besondere Mission vor: Durchfahrtskontrollen. Eine Aktion, die darauf aufmerksam machen soll, was ein falsch geparktes Auto anrichten kann, wenn es die Anfahrt der Feuerwehr behindert oder gar unmöglich macht.

Bereits im vergangenen Jahr hatten sich Ordnungshüter und Brandbekämpfer zu diesem Zweck zusammengetan, waren ab April 2016 mehrmals mit ihren großen Feuerwehrfahrzeugen durch bestimmte Straßen gefahren. Im Februar begann die Neuauflage.

"Durch solche Aktionen sieht man erst, wo Problemstellen sind", ist Tugce Kilic vom Ordnungsamt überzeugt. Eine Ansicht, die sich nur kurz darauf bewahrheiten wird. Wie bei der ersten Durchfahrtskontrolle dieses Jahres führt der Weg zunächst an der Esso-Tankstelle vorbei über den Welzbergweg in die Hindenburgstraße. Biotonnen säumen die Straßenränder, die die Müllabfuhr am kommenden Tag leeren wird, die Straßen sind noch schmaler als üblich.

Schleppend langsam quält sich das Fahrzeug an Autos und Eimern vorbei, manchmal mit wenigen Zentimetern Abstand. Kostbare Zeit verstreicht. Im absoluten Ernstfall, sollte es einen bestätigten Brand geben, machen die Feuerwehrleute deutlich, wäre die Rücksichtnahme kleiner – und der ein oder andere Außenspiegel möglicherweise abgerissen.

Richtig brenzlig wird es jedoch erst wenig später. Ein Transporter parkt am Straßenrand der Hindenburgstraße, auf einem Privatparkplatz gegenüber steht ein Kleinwagen, der ein wenig auf die Fahrbahn ragt. Hier ist kein Durchkommen mehr. Und das Kennzeichen des Transporters macht klar: Kein Calwer Bürger – wodurch sich nicht einmal ermitteln lässt, in welchem Haus der Fahrer zu finden ist. Doch Glück im Unglück: Offenbar hat der Mann die Einsatzkräfte bemerkt. Und obwohl ihm der potenzielle Ernst der Lage nicht bewusst zu sein scheint, parkt er wenigstens sein Fahrzeug um. Die Feuerwehr steht bereits seit Minuten.

Parkverbot wieder einführen?

Unterdessen kommen interessierte Anwohner aus ihren Häusern, informieren sich, was eigentlich los ist. Als ein Pärchen den Grund des Einsatzes erfährt, sind beide begeistert. "Das finde ich klasse!", betont die Frau. "Sehr gute Idee", bekräftigt der Mann. Beide sind überzeugt: Die Parkverbote am Straßenrand, die es früher in der Hindenburgstraße gab, sollten wieder eingeführt werden.

Und der Fahrer des Transporters? Wird er bestraft? Diesmal nicht, erklärt Kilic. "Wir machen das nicht für die Kasse, sondern für die Sicherheit", unterstreicht sie. Andere Kommunen seien da nicht so kulant.

Weiter geht es zur die Eduard-Conz-Straße, wo mobile Halteverbotsschilder darauf warten, fest installiert zu werden. Eine Maßnahme, weil hier parkende Autos immer wieder den Rettungsweg blockierten, so Kilic.

Stuttgarter Straße, Marktplatz und Altburger Straße sind weitgehend unproblematisch – ein Auto in der Burgsteige macht dagegen Probleme: Es ragt deutlich über die Parkfläche hinaus, für die Feuerwehr wird es eng. Und während die Polizei versucht, den Halter des Fahrzeugs zu finden, fürchtet ein zufällig vorbeikommender Fußgänger, dass sein Parkplatz weichen muss, um eine Durchfahrt zu erleichtern. "Dann muss die Stadt auch dafür sorgen, dass man anderweitig parken kann", fordert er. Sein Vorschlag: Die Stellplätze an der Altburger Straße sollten nur für Anwohner da sein.

Zwischenzeitlich wurde der Fahrer des herausragenden Autos gefunden, der sich durchaus einsichtig zeigt. Vielleicht nicht zuletzt, weil Stadtbrandmeister Dirk Patzelt deutliche Worte findet: "Wir passen hier durch", sagt er. "Aber wenn wir hier löschen müssten...", deutet er an und zeigt auf die beengten Verhältnisse. Hier das Material zum Einsatz bringen? Kaum vorstellbar.

Schwierigkeiten auch im Teuchelweg: Hier geht es besonders knapp zu – ein massives Problem. Nicht zuletzt ist die Straße eine wichtige Zufahrt zur Seniorenresidenz Schönblick. Ein Ort, an dem möglicherweise nachgebessert werden muss – vielleicht mit Parkverboten.

Kurze Zeit später wird dann übrigens doch noch der erste Strafzettel verteilt: Ein Fahrzeug am Schießberg steht im absoluten Halteverbot – so weit darf die Kulanz dann doch nicht gehen.

Und schließlich ist die Runde zu Ende. Die zweite in diesem Jahr – und vermutlich nicht die letzte.

Wo ist Parken verboten?

Nicht jedes Parkverbot ist durch ein Verkehrsschild ausgewiesen. Hintergrund ist eine Gesetzesnovelle aus dem Jahr 1997, die unnötige Schilder verhindern soll; Verkehrszeichen sollen demnach nur noch aufgestellt werden, wenn es zwingend sein muss. Alles weitere – in Sachen Halten und Parken – regelt Paragraf zwölf der Straßenverkehrsordnung. Dort steht unter anderem, dass das Halten an engen und unübersichtlichen Straßenstellen sowie im Bereich von scharfen Kurven verboten ist.

Was bedeutet "eng" bei einer Straße ?

In Paragraf 32 der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung steht, dass ein Fahrzeug oder Anhänger maximal 2,55 Meter breit sein darf. Dazu kommt ein Sicherheitsabstand von je 25 Zentimetern pro Seite. Daraus ergeben sich 3,05 Meter, die auf einer Straße mindestens frei bleiben müssen, um den Durchfahrtsverkehr zu gewährleisten. Geht dies nicht, darf dort nicht geparkt werden.

Welche Strafen drohen?

Die Strafen reichen von einer Verwarnung bis hin (bei einem echten Einsatz) zu strafrechtlichen Konsequenzen. Stirbt zum Beispiel ein Mensch, weil die Feuerwehr wegen einer blockierten Straße nicht rechtzeitig am Einsatzort ankommt, kann sich der Blockierer wegen einer Mitschuld am Tod dieses Menschen verantworten müssen.

Wo wird überall kontrolliert?

Da die Kontrollen unangekündigt sind, wird auch im Vorfeld nicht klar sein, wo kon-trolliert wird. Bürger können sich jedoch bei der Stadt melden, wenn sie an bestimmten Stellen Kontrollbedarf sehen.