Reiner Ebel berät seit Jahren Allergiker. Foto: Werthenbach

"AllergieMobil" stoppt in Calw. Viele machen Fehler im Umgang mit Pollenallergie.

Calw - Habe ich wirklich eine Intoleranz gegen bestimmte Lebensmittel? Ist es gefährlich, nichts gegen Heuschnupfen zu tun? Antworten auf diese und andere Fragen gibt es im "AllergieMobil", das am Mittwoch Halt in Calw gemacht hat.

Seit zehn Jahren ist Reiner Ebel als Berater des Deutschen Allergie- und Asthmabunds (DAAB) mit dem Fahrzeug vor allem in Süd- und Ostdeutschland unterwegs. "Gestern war ich in Mosbach, morgen bin ich in Freudenstadt", erzählt er. Passanten können ihn spontan, gratis und unverbindlich mit ihren Fragen zum Thema Allergie und Asthma löchern. Auch ein kostenloser Lungenfunktionstest ist in dem Mobil möglich. Er dürfe zwar nicht wie ein Arzt Medikamente verschreiben, sagt Ebel: "Aber ich kann die Menschen in die richtige Fachrichtung leiten, damit sie beim passenden Arzt landen."

Gerade in den vergangenen Jahren seien zwar immer wieder neue Allergien hinzugekommen, eines aber habe sich nicht geändert: Keine Allergie tritt häufiger auf als die umgangssprachlich "Heuschnupfen" genannte Pollenallergie. Dabei wirkt diese Bezeichnung schon fast verharmlosend: Ebel betont, dass keine oder eine falsche Behandlung der Symptome – meist Niesen, Schnupfen, Juckreiz und trockene Augen – durchaus gefährlich sei.

Hyposensibilisierung inzwischen auch mit Tabletten möglich

Laut Ebel der häufigste Fehler: "Viele erkennen das nicht oder halten das dann einfach aus. Die Symptome werden nicht gleich richtig zugeordnet und zum Beispiel auf einen Sommerschnupfen geschoben". Die Gefahr dabei: Wer nichts gegen Heuschnupfen tut, riskiert einen "Etagenwechsel". Dabei wandern die Symptome vom Gesichtsbereich in die Lunge, ein allergisches Asthma entsteht. Das müsse dann erst recht behandelt werden, um es zumindest einzudämmen, erklärt Ebel. Sonst könne daraus ein chronisches Asthma werden. Daher solle man Heuschnupfen "nicht auf die leichte Schulter nehmen".

Aber was hilft denn nun wirklich gegen Heuschnupfen? "Am allerbesten ist eine Hyposensibilisierung", meint Ebel. Die bekämpfe die Ursachen der Allergie. "Das Immunsystem wird wieder an das Allergen (eine Substanz, die eine Allergie auslöst, Anm. d. Red.) gewöhnt", beschreibt der Berater. Was die meisten dabei nicht wissen: Die Behandlung ist inzwischen auch mit Tabletten möglich. Laut Ebel denken viele Betroffene noch, dass Hyposensibilisierung bedeute, sich über drei Jahre alle paar Wochen eine Spritze vom Arzt geben zu lassen. Inzwischen aber könne die gleiche Wirkung mit der täglichen Einnahme von Tabletten über denselben Zeitraum erzielt werden.

Doch auch bei der klassischen Behandlung von Heuschnupfen-Symptomen könne man einiges falsch machen, wie Ebel sagt: Wichtig sei bei der Benutzung von Nasenspray, dass man solche nehme, die den Wirkstoff Kortison enthalten. "Die wirken auch richtig, wenn man sie täglich nimmt." Allerdings erst nach ein bis zwei Tagen. Die "normalen" Sprays hingegen machen die Nase zwar sofort frei – bei längerer Anwendung entwickle der Körper aber eine Abhängigkeit, und die Nasenschleimhäute würden zerstört, warnt Ebel.

Kortison in Nasensprays wiederum sei entgegen weit verbreiteter Meinungen unbedenklich. Die häufig gefürchteten Nebenwirkungen des Wirkstoffs treten laut Ebel nur bei Infusionen, Spritzen oder Tabletten auf. Nasensprays mit Kortison könne man dagegen auch über längere Zeit ohne Risiken einnehmen. Nur eines sei zu beachten: "Man sollte den Rachen nach jeder Anwendung mit Wasser ausspülen, weil Kortison-Rückstände dort einen Pilz verursachen könnten."

Seit einigen Jahren kommen immer mehr Menschen mit Fragen über Nahrungsmittelallergien und -intoleranzen zu Ebel. Für diese Häufung hat er verschiedene Erklärungen: Einerseits habe man diese Intoleranzen vor zehn bis 20 Jahren noch gar nicht feststellen können. "Damals gab es nur die Symptome wie Bauchkrämpfe, Durchfall und Verstopfung. Man wusste aber nicht, woher sie kamen", erklärt er. Andererseits würden sich auch immer mehr Menschen beispielsweise gluten- oder laktosefrei ernähren, obwohl sie es gar nicht müssten. Daher rät der Experte immer dazu, sich bei Verdacht untersuchen zu lassen. Ärzte könnten die Allergie genau benennen und eine spezifische Ernährungsberatung veranlassen. "Dann weiß man genau, was man essen darf und was nicht", sagt Ebel, "sonst experimentieren die Menschen oft einfach selbst herum". Oft werde eine solche Beratung sogar von der Krankenkasse bezahlt.

Einen anderen Tipp zur Vermeidung von sämtlichen Lebensmittelallergien hat Ebel für junge Eltern: Der Effekt sei zwar nicht bewiesen, aber es sei in jedem Fall ratsam, Babys mit allen möglichen Arten von Nahrungsmitteln zu füttern und dabei nichts auszulassen. So gewöhne sich das Immunsystem an die verschiedenen Inhaltsstoffe.