Opfer von Verbrechen sollen künftig mehr in den Mittelpunkt rücken. Foto: dpa/Gambarini

Opferschutz: Bislang standen Täter im Mittelpunkt. Polizei bietet Hilfe an. Präventionsarbeit.

Calw - Opfer eines Verbrechens zu werden, das vergessen Betroffene ihr Leben lang nicht. Mit ihren Problemen fühlen sie sich in vielen Fällen allein gelassen.

Bislang, so Sabine Schmieder, standen die Täter im Fokus. Nun möchte man in der polizeilichen Arbeit den Opferschutz in den Vordergrund rücken und Betroffenen Hilfe sowie Betreuung anbieten, erläutert die Leiterin des Referats Prävention beim Polizeipräsidium Karlsruhe.

"Der Bedarf ist da", stellt Schmieder kurz und bündig fest. Ganz gleich, ob es sich um Opfer von Verkehrsunfällen, Einbrüchen, sexueller Gewalt oder anderer Straftaten handelt – im Kreis Calw finden diese Menschen nun Hilfe und Beratung. Ansprechpartnerin ist Melanie Jänsch. Die Polizeihauptmeisterin teilt sich ihren Arbeitsplatz zwischen Calw und Pforzheim auf. Entstanden ist ein Netzwerk, so Schmieder. Es gibt einen Koordinator beim Polizeipräsidium Karlsruhe, in Calw stehen Jänsch drei pensionierte Polizeibeamte zur Verfügung. Ein weiterer Partner ist der Weiße Ring, der sich ehrenamtlich um Verbrechensopfer kümmert.

"Manche müssen nach einem Einbruch die Wohnung wechseln"

"Manchmal reicht schon ein Telefongespräch", berichtet Jänsch von ihrer Arbeit. Viele Betroffene reden von alleine und man müsse einfach nur zuhören. Damit ist es jedoch nicht immer getan. Opferschutz heißt auch Unterstützung bei Anträgen nach dem Opferentschädigungsgesetz. Die Vermittlung von Fachanwälten oder bei Traumatisierungen von Psychotherapeuten gehören ebenso dazu.

Verbrechen können lange nachwirken. "Manche müssen nach einem Einbruch die Wohnung wechseln", erzählt Schmieder. Das kann vor allem dann der Fall sein, wenn tief in die Privat- oder Intimsphäre eingedrungen wird.

Opferschutz ist einer der Bausteine polizeilicher Präventionsarbeit. "Seit der Polizeireform sind wir, was Personal und Technik anbelangt, flexibler geworden", betont Wolfgang Schick. Neben Jänsch stehen in Calw drei Mitarbeiter für die Verkehrs- und einer für die Kriminalprävention zur Verfügung, erläutert der Erste Polizeihauptkommissar aus dem Referat Prävention in Pforzheim. Es gelte, so Schick, gesellschaftlichen Veränderungen Rechnung zu tragen. Dabei verweist er insbesondere auf Gefahren durch die Medien.

Das Feld der Prävention reicht weit, so Sabine Schmieder. Da lasse sich auch beim Städte- und Wohnungsbau sowie bei Flüchtlingsunterkünften bei der Planung viel bewirken. Dabei gelte es, verdeutlicht Schick, Gettos und soziale Isolation zu vermeiden. Dunkle Ecken oder Unterführungen müssen oft nicht sein.

Konfliktpotenzial soll schon im Vorfeld vermieden werden

Insbesondere seit der Zustrom von Flüchtlingen abebbt, nimmt die Bereitschaft der Kommunen zu, sich in Sachen Asylbewerberunterkünfte diesbezüglich beraten zu lassen, stellt die Polizei fest. Dabei gehe es darum, möglichst schon im Vorfeld Konfliktpotenziale zu vermeiden. Etwa dadurch, dass Menschen aus verschiedenen Ethnien oder unterschiedlicher Religionen nicht in unmittelbarer Nachbarschaft untergebracht werden. Oder darauf zu achten, dass durch die Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr und das gesellschaftliche Leben die Integration erleichtert wird. Aber auch die Sicherung eines Flüchtlingsheims, um Anschläge zu vermeiden, gehört dazu.