Der Anbau und Nutzung der Weißtanne soll in den vergangenen Jahren zurückgegangen sein. (Symbolbild) Foto: Forstamt

Neues Verarbeitungszentrum soll dem Schwarzwälder Symbol-Baum zur Renaissance verhelfen.

Calw - Es geht um eine echte Trendwende - und um den Erhalt eines der typischen Symbole des Schwarzwalds, der seinen Namen ausgerechnet der Weißtanne verdankt. Deren Anbau und Nutzung ist in den letzten Jahren "ganz brutal zurückgegangen".

Das sagt Hans-Joachim Fuchtel, CDU-Bundestagsabgeordneter aus dem Wahlkreis Calw-Freudenstadt. Und Parlamentarischer Staatssekretär im Bundeslandwirtschaftsministerium. Weshalb Fuchtel bereits im vergangenen Sommer eine Initiative gestartet hat, das "Kulturgut Weißtanne" für den Schwarzwald - und hier vor allem für den Nordschwarzwald, dessen Wälder noch mehr als die im Süden von der Weißtanne geprägt werden - auf breiter Front zu neuen Erfolgen zu führen.

Die Weißtanne wird wieder wettbewerbsfähiger

Erster Baustein: Der Aufbau einer sogenannten Brettsperrholz-Fertigung speziell aus Weißtannen-Hölzern. Brettsperrholz (BSP) ist ein im Verhältnis leichter, extrem begehrter Werkstoff im Gebäudebau, weil mit ihm auch große Bauteile vorgefertigt werden können, was die Bau- und Fertigungszeiten auf Baustellen gegenüber beispielsweise dem Betonbau drastisch reduziert. Die Prognosen für die Absatzmöglichkeiten von BSP schießen aktuell geradezu in die Höhe - weil durch die Fähigkeit von (verarbeiteten) Holz, CO2 dauerhaft zu binden, genau solchen Baustoffen in Zeiten des Klimawandels für die Zukunft eine extrem große Bedeutung zukommt.

Isabella Kläger vom Horber Sägewerk Dölker, wo heute noch Fichten- und Tannen-Hölzer gemeinsam verarbeitet werden, erläutert die Herausforderung bei der Weißtanne dabei: "Die Weißtanne braucht eine längere und aufwendigere Trocknung als die Fichte", weil der Holzkern "feuchter" ist. Im Schnitt verdoppelt das den Zeitaufwand für die Weißtanne. Gleichzeitig ist der Trocknungsvorgang aufwendiger - "weil man die eingesetzte Temperatur, ebenfalls anders als bei der Fichte, nur allmählich steigern darf". Um diese Nachteile zumindest zum Teil auszugleichen, soll die künftige Brettsperrholz-Fertigung "näher an den Wald heran rücken", wie es Fuchtel ausdrückt. So kann Transportaufwand eingespart werden - die Weißtanne wird wieder wettbewerbsfähiger.

Produkte aus heimischer Weißtanne sollten auch hier produziert werden

Sollen größere Weiten im Holzbau überwunden werden - etwa bei großen, freitragenden Hallen - wird sogenanntes Brettschichtholz (BSH) verwendet, aus denen sich im Prinzip schier endlos lange Tragbalken produzieren lassen. Das größte, jemals erbaute freitragende Holzdach der Welt (bei der Expo 2000 in Hannover) war aus Weißtannen aus dem Schwarzwald produziert worden. Allerdings von einem österreichischen Unternehmen. Wo aktuell tatsächlich auch das meiste verwendete Brettsperrholz hierzulande herkommt - selbst solches, dessen Holz tatsächlich aus dem Schwarzwald stammt und hier auch als Bauholz eingesetzt wird. Oder aus Frankreich - wie im Fall des neuen Nationalparkzentrums Ruhestein. Ein Missstand, den es zu beseitigen gelte, wie Hans-Joachim Fuchtel findet - gerade vor dem Hintergrund der CO2-Problematik im Transportwesen. Produkte aus heimischer Weißtanne, die hier verwendet werden, sollten auch hier produziert werden.

Tatsächlich befindet sich mittlerweile eine private Investorengruppe unter Führung eines "regionalen, erfahrenen holzverarbeitenden Betriebes" auf konkreter Standortsuche für eine Brettsperrholz-(und Brettschichtholz-)Fertigung im Nordschwarzwald. Neben Waldnähe gehe es dabei um die Ausnutzung der guten Verkehrsanbindungen im Nordschwarzwald etwa über die künftige Pforzheimer Westtangente nach Norden, in Richtung Frankreich oder auch Bayern. Aber auch die geplante Reaktivierung "der Bahn-Verladestation in Horb" soll das künftige Verarbeitungszentrum für die Weißtanne nutzen können.

Fuchtel: "Eine ultimative Schlüsselindustrie in Zeiten des Klimawandels"

Aber die Vision von Fuchtel geht weit über eine Fertigung von Weißtannen-Werkstoffen "made in Nordschwarzwald und Germany" hinaus: "Die Weißtanne ist ein echtes Markenzeichen, ein Image-Träger unserer Heimat." Alle historischen Bauernhöfe im Schwarzwald seien zum Beispiel immer aus Weißtannen-Holz gefertigt. "Weil es weitgehend harzfrei ist, besonders feuchtigkeitsresistent und damit extrem langlebig." Auch deshalb soll das Weißtannen-Verarbeitungszentrum "Keimzelle für sehr viel mehr" werden. Fuchtel nennt das, was ihm vorschwebt, "eine Erlebniswelt Weißtanne" - in der einerseits zum Beispiel Zimmerer und Architekten Aus- und Weiterbildungsangebote nutzen könnten, wo aber auch in Kooperation mit einer Hochschule Forschung zum Thema Weißtanne stattfinden und gebündelt werden könnte. Oder in einem Erlebnispark "wie in Legoland" selbst die Kleinsten an "diesen wahnsinnig tollen Werkstoff Weißtanne" herangeführt werden.

Es gehe dabei auch darum, so Fuchtel weiter, solche anlaufenden neuen Projekte an die "verschiedenen, bestehenden Initiativen rund um den Werkstoff Holz und die Weißtanne anzubinden und mit diesen zu kooperieren, um später" - ähnlich wie in der Vergangenheit im Automobilbereich - "eine echte Cluster-Bildung voranzubringen". Mit dann auch möglichst großer Breitenwirkung: Ein (virtuelles) Ausstellungszentrum "von internationalem Rang" könnte die "Marke Black Forrest", die bereits Weltruf genieße, für die strategische Entwicklung der heimischen Holzindustrie nutzbar machen. "Eine ultimative Schlüsselindustrie in Zeiten des Klimawandels", wie es Fuchtel formuliert.

Auch deshalb gebe es für die Weißtannen-Initiative bereits "breite Signale der Zustimmung". Als Vertreter des Bundes sehe er es beispielsweise mit großer Freude, dass etwa vom baden-württembergischen Landwirtschaftsminister Peter Hauk in Zusammenwirken mit der Universität Freiburg eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben wurde, um auch insgesamt die Möglichkeiten von "hochwertigen, innovativen Holzfertigungen in Baden-Württemberg" zu ermitteln. Die Ergebnisse sollen bereits im kommenden Jahr vorgelegt werden. "Diese Initiative kann nicht hoch genug eingeschätzt werden, damit das Ganze eine eindeutige Zukunftsausrichtung bekommt", so Fuchtel. Denn dann könnte es vielleicht auch gelingen - ganz nach dem Vorbild, wie es einst Lothar Späth am Standort Jena für das Thema Optik vorgelegt habe - "an Ort und Stelle Projekte der angewandten Forschung im Maschinenbau in Verbindung mit einschlägigen Hochschulen auf den Weg zu bringen". Denn so etwas könnte dann auch auf Bundesebene förderfähig werden. "Die Signale sind da mehr als positiv."