Ministerialdirektor Uwe Lahl (links) und Landrat Helmut Riegger auf den Widerlagern der Hesse-Bahn in Calw. Foto: Buck

Teil des Maßnahmenpakets fast fertig. Widerlager der Brücke vollendet. Konstruktion kommt im Frühjahr.

Calw - Der Ministerialdirektor des Verkehrsministeriums war vor Ort, der Landrat und andere lokalpolitische Prominenz. Der Grund: Die Hermann-Hesse-Bahn. Genauer die Widerlager für die Brücke über die B 295. Die sind jetzt nämlich bald fertig.

Heiß war es am Donnerstagmorgen auf den Widerlagern der Hermann-Hesse-Bahn (HHB) in Calw. Die Lager sind inzwischen fertiggestellt – und wurden kürzlich auch von Vandalen mit Spraydosen malträtiert. Doch nicht deswegen, sondern wegen des Baufortschritts war Ministerialdirektor Uwe Lahl vom Verkehrsministerium aus Stuttgart zu Gast. Und nicht nur der. Auch Nagolds Oberbürgermeister Jürgen Großmann, Oberreichenbachs Bürgermeister Karlheinz Kistner und Bad Liebenzells Schultes Dietmar Fischer von der lokalen Politprominenz wohnten dem Ereignis bei.

Herzensangelegenheit für den Amtschef

Lahl würdigte den Einsatz der Verantwortlichen, die das Projekt mit großem Engagement vorantrieben. Die HHB sei ihm ein Herzensanliegen, auch weil die Bahn die erste in Baden-Württemberg sei.

Und vor allem diejenige, die am weitesten vorangeschritten ist, lobte Lahl und ergänzte: "Die Landesregierung strebt die Reaktivierung zahlreicher Bahnstrecken in Baden-Württemberg an, um gerade im ländlichen Raum den Schienenverkehr als umwelt- und klimaschonende Mobilitätsform auszubauen."

Ins gleiche Horn stieß Landrat Helmut Riegger: "Wir brauchen zeitgemäße Mobilität im ländlichen Raum. Das wollen die Menschen." Und da komme der neuen HHB eine bedeutende Rolle zu, verbinde sie doch Calw, Althengstett und Ostelsheim mit dem Raum Stuttgart. Gerade für Pendler sei das von großem Vorteil, hob Riegger hervor. Man sorge so für eine Reduktion von Staus und Feinstaubaufkommen. Sofern die errechneten Zahlen nach der Inbetriebnahme zutreffen. 3500 Fahrgäste sollen mit der HHB einmal transportiert werden – das würde den Verkehr um 1000 Fahrzeuge reduzieren, heißt es.

Allerdings nur, wenn es gelingt die Hesse-Bahn von Calw über Weil der Stadt bis Renningen zu führen. "Hier besteht nämlich Anschluss an die S 6 und S 60. Das wird eine ÖPNV-Verbindung, wie wir sie in Calw noch nie hatten", blickt Michael Stierle, der Abteilungsleiter für Nahverkehr im Calwer Landratsamt, voraus. Doch genau da könnte es hapern, denn der Renninger Gemeinderat wehrt sich gegen den Ausbau seines Bahnhofs um ein weiteres Gleis.

Klageweg steht offen

Der Klageweg steht den Renningern nach wie vor offen. Das brachte nun Lahl beim Vorort-Termin in Calw auf die Palme und ließ den Amtschef des Verkehrsministeriums ungewohnt deutlich werden: "Wir haben uns damals mit allen Beteiligten geeinigt und auf das Stufenkonzept verständigt. Das ist für mich wie ein Vertrag und wenn man den nicht einhält, ist das für mich Vertragsbruch." Das Stufenkonzept sieht vor, dass die HHB in einem ersten Schritt mit Dieseltriebwagen bis Renningen realisiert wird, in einem zweiten dann auf alternative Antriebe, wie beispielsweise die Brennstoffzelle, umsteigt. In den damaligen Planungsrunden war auch die Stadt Renningen beteiligt. Dass gerade von dort nun Gegenwind kommt, stört Lahl, der vor einer weiteren Verzögerung des Projektes warnt. "Die Bürger entscheiden nicht zwischen Gemeinderat, Landrat und Bürgermeistern. Da sind wir alle ›die da oben‹." Und genau das sei eben schädlich, wenn dann solche Projekte ausgebremst würden. Deshalb hofft er, dass die Renninger von einer Klage absehen.

Dem pflichtete auch Riegger bei: "Wir müssen in der Politik auch mal zeigen, dass wir nicht nur reden, sondern auch umsetzen." Und genau das sei mit der Hermann-Hesse-Bahn das Ziel. Denn im Jahr 2021 soll der erste Zug über die Brücke rollen.

Dafür fehlt jetzt "nur" noch die eigentliche Brückenkonstruktion über die B 295. So wird im kommenden Frühjahr der Stahlüberbau der Brücke in Calw-Heumaden vor Ort montiert und anschließend auf die Widerlager geschoben.

Doch nicht nur in Calw werkelt man an der Fertigstellung der zu reaktivierenden Bahnstrecke. Aktuell finden zwischen Ostelsheim und Althengstett Hangsicherungsmaßnahmen statt. Dafür werden bis zu zehn Meter lange Anker in die Böschung gebohrt und der Hang mit einem Stahlseilgeflecht überspannt, um so einen Hangrutsch zu vermeiden. Für nächstes Jahr steht laut Landratsamt Calw außerdem der Neubau von Eisenbahnbrücken sowohl in Ostelsheim über die Bahnhofstraße als auch in Weil der Stadt über die Südumfahrung auf dem Programm. Ferner werden im Jahr 2020 vier Brücken, zwei Bahndurchlässe und Stützwände im östlichen Voreinschnitt zum Forster-Tunnel saniert.

ÖPNV-Knoten am Omnibusbahnhof

Zurück in Calw sieht Stierle bereits mit Freude der neuen Brücke entgegen. "Das wird ein neuer Stadteingang nach Calw", sagt er und geht auch noch auf die Betriebsplanung ein: "Wir wollen von 5 bis 22 Uhr im Halbstundentakt fahren, gegen später wird das dann ausgedünnt. Der Endhaltepunkt wird der ZOB in Calw, dort entsteht dann ein ÖPNV-Knotenpunkt aus Bus, Bahn und Parkplätzen."

Riegger überreichte Lahl abschließend symbolisch einen Nagel aus dem alten Gleisbett der Hesse-Bahn aus dem Jahr 1956 und schloss mit den Worten: "Wir setzten mit dem Bau jetzt ein Zeichen und stehen in drei Jahren hier mit der Trillerpfeife für den ersten Zug." Bis dahin gibt es aber noch viele offene Baustellen.