5500 Tonnen Verpackungsmüll werden im Kreis Calw jährlich über den Gelben Sack entsorgt. Foto: Seeger

Im Landkreis Calw fallen jedes Jahr 9500 Tonnen Kunststoffabfall und 600 Tonnen an Mikroplastik an.

Kreis Calw - Ende 2018 hatten die Freien Wähler im Kreistag Ideen und Konzepte eingefordert, wie man den Plastikmüll im Landkreis Calw reduzieren kann. Diesem Antrag ist die Abfallwirtschaft nachgekommen und präsentierte nun ihre Ergebnisse. Und die zeigen, dass die Möglichkeiten auf diesem Sektor für den Kreis recht eingeschränkt sind.

Um wie viel Plastikmüll geht es überhaupt? Diese Frage beantwortete Christian Gmeiner, Geschäftsführer der Abfallwirtschaft Kreis Calw, gleich zu Beginn seines Vortrags: Pro Jahr sind es deutschlandweit sechs Millionen Tonnen Kunststoffabfälle, fünf Millionen davon fallen direkt beim Endverbraucher, also den Bürgern an. Das bedeutet, dass im Landkreis Calw jährlich 9500 Tonnen Kunststoffabfall anfallen.

Der mit Abstand größte Anteil entfällt dabei auf die Verpackungen, die zwar zum größten Teil Einmalverpackungen seien, aber trotzdem aus sehr beständigem Material hergestellt seien, wie Gmeiner betonte. So brauche eine simple Plastikflasche 450 Jahre, um zu vergehen.

Ein Teil des Kunststoffmülls, 5500 Tonnen an Leichtverpackungen, werde im Kreis Calw über den Gelben Sack oder die Gelbe Tonne von den Dualen Systemen entsorgt. Die Finanzierung der Dualen Systeme erfolgt durch Lizenzgebühren, die die Firmen bezahlen, die die Verpackungen in Umlauf bringen. Die Lizenzgebühren sind in die Kosten der Produkte miteinkalkuliert und werden vom Kunden beim Kauf mitbezahlt. Daher bestehe kaum ein Anreiz, Verpackungsmüll zu reduzieren. Folge: Seit Einführung der Dualen Systeme habe sich die Menge der Kunststoffverpackungen verdoppelt.

Neben den 5500 Tonnen über den Gelben Sack entsorgten Verpackungen verwertet die Abfallwirtschaft 300 Tonnen an Nichtverpackungen aus Kunststoff, die sortenrein an den Wertstoffhöfen erfasst werden. Der Rest des anfallenden Kunststoffabfalls – stolze 3700 Tonnen – werde nicht sortenrein entsorgt, etwa über den Restmüll, den Biomüll, in Form von Elektrogeräten oder Altautos.

Gut 75 Prozent des Abfalls in Weltmeeren ist Kunststoff

Von all diesem Kunststoff kann nach Angaben der Abfallwirtschaft nur ein Bruchteil tatsächlich recycelt werden. Schätzungen zufolge maximal 30 Prozent. Grund für diese Quote ist, dass es eine enorme Anzahl ganz unterschiedlicher Kunststoffe gibt – PP, PE oder PVC , um Beispiele zu nennen. Und diese können nur recycelt werden, wenn sie sortenrein vorliegen. Das Problem: Viele Verpackungen bestehen aus Verbindungen unterschiedlicher Stoffe und sind in Größe, Form und Farbe höchst unterschiedlich. Daher werden sie energetisch verwertet und nicht recycelt.

Aber auch der recycelte Kunststoff hat laut Abfallwirtschaft ein Problem: er ist teurer, und so manches Gesetz und manche Auflage spricht gegen den Einsatz.

Das in der aktuellen Diskussion immer wieder auftauchende Mikroplastik entsteht durch Verrottung oder Zerfall von großen Plastik-Teilen. Es wirkt wie ein Magnet für Umweltgifte und weist eine bis zu 100-fache Konzentration an Umweltgiften auf als die direkte Umgebung. Bei Wasserlebewesen ist die schädliche Wirkung des Mikroplastiks bereits bekannt, wie es sich auf den Menschen auswirkt, ist dagegen noch nicht erforscht. Von dieser Plastikart fallen in Deutschland gut 330 000 Tonnen jährlich an. Heruntergebrochen auf den Kreis Calw sind das 600 Tonnen jährlich.

Mit Kunststoffmüll unmittelbar verbunden ist das Problem der Vermüllung der Meere, 75 Prozent des Abfalls in den Meeren bestehe aus Kunststoff, berichtete Abfallwirtschaftschef Gmeiner. Zehn Millionen Tonnen Kunststoffabfall geraten über Flüsse in die Weltmeere, 80 Prozent davon aus Flüssen in Asien und Afrika.

Welchen Einfluss kann Landkreis ausüben?

Doch wie kann sich der Kreis Calw an der Reduktion dieser enormen Mengen beteiligen? Welchen Einfluss kann er ausüben? Da macht die Abfallwirtschaft wenig Hoffnung. Verbote hätten oder haben teilweise große Auswirkungen, doch eine Einflussmöglichkeit des Kreises sei da nicht vorhanden. Ähnlich sieht es nach Ansicht der Abfallwirtschaft bei Gesetzen aus. Auch die Einflussmöglichkeiten über die Aufklärung der Verbraucher schätzen AWG und AWB "eher niedrig" ein. Über konkrete Projekte vor Ort wie Unverpacktläden oder Pfandbecher statt Coffee-to-go-Becher habe man zwar Einflussmöglichkeiten, allerdings sei die Auswirkung solcher Aktionen eher überschaubar, heißt es in der Analyse der Abfallwirtschaft.

Einziges konkretes Projekt, das eine gewisse Wirkung auf den Themenkomplex habe, sei die im Entstehen begriffene Bioabfallvergärungsanlage in Neubulach-Oberhaugstett. Durch moderne Technik verhindere sie den Eintrag von etwa 50 Tonnen Kunststoffen – die etwa über Plastik-Biomülltüten in den Bioabfall geraten – in die Umwelt durch Komposte.

Der Umweltausschuss des Kreistags, dem die Studie vorgestellt wurde, wollte sich nicht recht zufrieden geben mit diesen Erkenntnissen. Der Freie-Wähler-Fraktionschef Volker Schuler plädierte mit Herzblut für mehr Engagement der Kommunen und des Kreises bei der Vermeidung von Plastikmüll. Und auch CDU-Fraktionschef Jürgen Großmann forderte die Abfallwirtschaft auf, mit mehr Initiativen den Menschen das Problem bewusst zu machen.