Informieren über die Angebote des Betreuungsvereins (von links): Andrea Perschke, Bert Rubacek und Shirley Sieg.Foto: Stöß Foto: Schwarzwälder Bote

Soziales: Betreuungsverein der Diakonie im Landkreis Calw sucht weitere ehrenamtliche Mitarbeiter

Was ist, wenn man selbst nicht mehr in der Lage ist, eigenverantwortlich zu handeln? Für viele Menschen ist das Thema "Betreuung" unbekannt. Zumindest wissen sie recht wenig darüber. Seit einigen Monaten stehen Shirley Sieg (32) und Bert Rubacek (53) den Rat- und Hilfesuchenden Menschen zur Seite.

Kreis Calw. Nach ihrer Einarbeitungsphase beim "Betreuungsverein der Diakonie im Landkreis Calw e.V." erzählen sie nun dem Schwarzwälder Boten von den vielen guten Seiten, die mit einer Betreuung verbunden sind. Zudem wünschen sie sich, dass sich Menschen davon angesprochen fühlen, als ehrenamtlicher Betreuer einzusteigen.

Die Diplom Pädagogin (Gymnasiallehrerin) Sieg sowie Diplom-Sozialarbeiter und -fachwirt Rubacek arbeiten beim "Betreuungsverein der Diakonie im Landkreis Calw" auf der Stelle eines hauptamtlichen Betreuers. Neben Birgit Bruckner stehen somit der Bevölkerung im Kreis Calw drei Betreuer zur Verfügung. Anzutreffen sind Shirley Sieg in den Calwer Diakonieräumen (Badstraße). Die beiden anderen sind in den Nagolder Räumlichkeiten der Diakonie (Hohe Straße) anzutreffen.

Die beiden frisch gekürten Betreuer erläuterten, dass der Betreuungsverein in enger Verbindung mit der Betreuungsbehörde (Landratsamt) sowie dem Betreuungsgericht (im Amtsgericht) steht. "Denn ohne Beschluss eines Betreuungsgerichts findet keine Betreuung statt", stellt Diakonieverbands-Geschäftsführerin Andrea Perschke unmissverständlich klar. Umgekehrt bedeutet dies, "wurde eine Betreuungsbehörde eingeschaltet und liegt ein Gerichtsbeschluss vor, kann die Betreuung stattfinden".

Für viele Menschen liegt das Nebulöse darin, was überhaupt der Begriff "gesetzliche Betreuung" bedeutet. Sieg und Rubacek verdeutlichen, dass durch eine Betreuung "die Interessen und Bedürfnisse eines Menschen vertreten werden, wo dieser es selbst nicht mehr kann". Sei es in "Aufenthaltsbestimmungen, allgemein schwierigen Lebenssituationen oder in Wohnungsangelegenheiten", so die Drei. Oder man denke an "Vermögens- und Einkommensangelegenheiten". Nicht zuletzt kann Hilfe auch bei Themen aus dem "Gesundheitsbereich" wichtig werden. Es wird immer schwierig, wenn sich der Betroffene selbst nicht mehr zu helfen weiß und keine Verwandten in der Nähe sind oder welche nicht dazu bereit sind. Denn das Leben kann sich von einem Moment auf den anderen schicksalhaft ändern. Hier zeigt es sich, dass es gut ist, wenn man vorher alles geregelt hat.

Ein Beispiel: Bei der gesundheitlichen Versorgung verlassen sich viele Menschen darauf, dass sich der Ehepartner um die Betreuung kümmern wird. Ganz so einfach ist es aber nicht. Es ist gesetzlich nicht vorgegeben, dass sich die Ehepartner von vorneherein gegenseitig vertreten (dürfen). Dazu braucht es eine Vorsorge- oder Generalvollmacht. Doch nicht immer liegt eine solche vor, beziehungsweise es gibt keine Angehörigen, die sich kümmern.

Und genau darin liegt das große Positivum der Betreuung selbst. Perschke zeigte sich begeistert über diese Einrichtung "Betreuung". "Bei uns in Deutschland wird niemand alleine gelassen. Dafür sorgt unser, wenn auch aufwändiges, tolles System, das richtig fantastisch" ist. Peschke weiß, wovon sie spricht. Die 49-Jährige Herrenbergerin hat in ihrer beruflichen Startphase noch die Auslegung eines Begriffes mit erleben müssen, vor dem sich heute noch manch ältere Menschen ängstigen: Die Entmündigung. "Doch die Entmündigung gibt es nicht mehr", unterstreicht Andrea Perschke. 1992 wurde in der Gesetzgebung ein Paradigmenwechsel festgeschrieben, durch den "die Individualität des einzelnen Menschen, dessen Willen und Möglichkeiten stets im Vordergrund stehen". Das Selbstbestimmungsrecht und die Gestaltungsfreiheit des Menschen stehen an erster Stelle (Stichwort Menschenwürde). "Ein gesetzlicher Betreuer ist demnach kein Polizist, vielmehr wird bei einer Betreuung immer nach einer Lösung im Sinne des Betreuten gesucht", so Perschke.

Rund 70 ehrenamtliche Betreuer

Durch die demographische Entwicklung steigt die Zahl der Bedürftigen an Betreuung; dadurch sind auch immer mehr Betreuer vonnöten. Neben den Berufsbetreuern, wie es beispielsweise Sieg, Rubacek und Bruckner im Landkreis verkörpern, werden Bürger dazu eingeladen, sich als "ehrenamtliche Betreuer" zu engagieren. Mittlerweile werden rund 70 ehrenamtliche Betreuer von Sieg und Rubacek begleitet.

Shirley Sieg und Bert Rubacek haben deshalb neben der originären Aufgabe, Hilfsbedürftige zu betreuen, noch ein zweites Aufgabengebiet: In der Bevölkerung neue ehrenamtliche Betreuer zu werben, Menschen zu motivieren, sich als ehrenamtliche Betreuer zu engagieren. Ihr Versprechen: Interessierte können stets auf die beiden als Ansprechpartner zurückgreifen. Gerade in schwierigen Betreuungssituationen sind sie beratend da. Außerdem führen sie regelmäßig Fortbildungsveranstaltungen für Ehrenamtliche sowie Informationsveranstaltungen für die sonstige Bevölkerung durch. Sie begleiten die Ehrenamtlichen bei Erstkontakten.

Andrea Perschke: "Es werden weitere engagierte Menschen gesucht, die sich auf andere einlassen können und die bereit sind, verantwortlich für Andere zu handeln. Man muss keine Angst haben, dieser Aufgabe nicht gewachsen zu sein. Man muss auch nicht studiert haben; vielmehr ist die persönliche Lebenserfahrung das Kapital, um einen Mitmenschen zu unterstützen." Denn, so das Motto des Diakonie-Betreuungswesens "Tipps und Infos sind gut. Aber eine Einzelfallberatung ist unersetzlich."

Wichtig zu wissen: Obwohl der Diakonieverband Träger dieses Betreuungsvereins ist, erfolgt die Beratung unabhängig von Konfession und Weltanschauung, zudem ist sie kostenlos.