Heimatgeschichte: Leser hinterfragen, ob die Kreisreform 1973 dies nicht geändert hat / Regierungspräsidium Karlsruhe zuständig

Württembergisch oder doch badisch? Das ist die Frage, die sich seit der Veröffentlichung des Beitrags "Seit 675 Jahren ist Calw württembergisch" dem ein oder anderen Leser stellt. Doch weitere Recherchen bestätigen: Auch der Wechsel zum Regierungspräsidium Karlsruhe machen Calw nicht zu einer badischen Stadt.

C alw. Sowohl in der Redaktion als auch beim Autoren des Beitrags, "Seit 675 Jahren ist Calw württembergisch", haben sich Leser gemeldet, ob diese Zuordnung 2020 noch zutrifft. Denn immerhin sei die einst mit bedeutendste Stadt des einstigen Königreichs Württemberg doch seit der Kreisreform, die im Jahr 1973 gegriffen hat, dem badischen Regierungspräsidium (RP) Karlsruhe zugeordnet. Dieser Wechsel in der Zeit der Kommunalreform trifft natürlich zu. Aber er hat aus Calw und anderen Gemeinden damit keine badische Stadt gemacht.

Gleiche Bewohner

Calw ist nicht nur württembergisch geblieben, weil die gleichen Württemberger wie vor dem Wechsel von der Tübinger Mittelbehörde in Calw weiterlebten. Unverändert blieb die Landesherrschaft der zusammengeschlossenen Länder Baden und Württemberg, wo lediglich Verwaltungsbezirke neu geordnet wurden. Gut, ein Strich könnte beim Länderzusammenschluss vom 25. April 1952 nach den Kriegswirren gezogen werden. Aber wer denkt schon daran, wenn sogar – zum Leidwesen vieler Badener – der "Herrschaftssitz" Stuttgart wird. Außerdem versuchte ja eine politische Strömung in Baden durch eine Volksabstimmung noch 1970 im dortigen Landesteil den Länderzusammenschluss rückgängig zu machen.

Viel schwerer in der Wertung zu gewichten ist aber, dass noch zum 1. Januar 1975 der baden-württembergische Gesetzgeber – um eine beständige württembergische Norm herauszugreifen – im "Baden-Württembergischen Ausführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch" festschrieb: "Für Überfahrts- und Trepprechte, die im württembergischen Rechtsgebiet auf Grund des Art. 234 des württembergischen Ausführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch vor Inkrafttreten dieses Gesetzes bestellt worden sind, bleiben die bisherigen Bestimmungen mit Ausnahme der Art. 235 Abs. 2, Art. 239 Abs. 3 und Art. 242 Abs. 1 weiterhin anwendbar."

Zuständiges Landgericht

Auch die Einteilung der Gerichtsbezirke zeigt, wohin Calw gehört. Sitzt doch das zuständige Landgericht in der alten württembergischen Stadt Tübingen. Gar das gute alte Südwürttemberg-Hohenzollern lebt wieder auf, betrachtet man die Einteilung des Landesarchivs. In dieser ist nämlich Calw und sein alter, bis vor die Tore Pforzheims reichender Teil um Neuenbürg, dem Sprengel Sigmaringen zugeordnet, soweit nicht das Hauptstaatsarchiv Stuttgart für übergeordnete staatliche Behörden oder das 2012 eingerichtete Grundbuch-Zentralarchiv in Kornwestheim mit dem Bestand der 654 aufgelösten Grundbuchämter des Landes zuständig sind.

Weiter ist nach wie vor die "Evangelische Württembergische Landeskirche" in Calw und anderen ehemaligen württembergischen Städten und Gemeinden zu Hause. Außer dem Dekanat Calw-Nagold, gehören auch die Dekanate Neuenbürg mit einigen Enzkreis-Gemeinden und selbst Mühlacker zum Zuständigkeitsbereich. Erich Hartmann darf sich also weiter als evangelischer, württembergischer Dekan und Landrat Helmut Riegger natürlich als württembergischer Landrat fühlen. Entsprechendes gilt für den gerade wiedergewählten katholischen Dekan Holger Winterholer in Calw-Heumaden. Nicht vergessen werden darf in diesem Zusammenhang Calws Oberbürgermeister Florian Kling, zumal er ein "Kind dieses Landkreises" ist.