Landrat Helmut Riegger präsentierte den Haushaltsplanentwurf für 2019. Foto: Härtel Foto: Schwarzwälder Bote

Etat: Landrat Riegger stellt 206 Millionen Euro starken Entwurf für Kreishaushalt 2019 vor / Großprojekte werden kreditfinanziert

Nach Jahren der Debatten und Vorentscheidungen zu den Großprojekten Hesse-Bahn, Krankenhäuser, Landratsamtserweiterung und Breitbandausbau soll 2019 das "Jahr der Umsetzung" werden. Das kündigte Landrat Helmut Riegger bei der Einbringung des Haushalts 2019 vor dem Kreistag an. In dieses "Jahr der Umsetzung" will er mit einer auf 31,6 Punkte erhöhten Kreisumlage gehen.

Kreis Calw. Für die Umsetzung der Großprojekte wird der Landkreis insgesamt 245 Millionen Euro ausgeben. 115 Millionen Euro kommen dabei als Zuschüsse vom Land. 130 Millionen Euro muss der Landkreis selbst beisteuern. Diese Summe wird der Landkreis Calw dabei komplett über Kredite finanzieren.

Dass man diese Vorhaben wenigstens zu einem Teil aus selbst über die Jahre angesparten Rücklagen bezahlt, wäre zwar "wünschenswert" gewesen, heißt es aus dem Landratsamt, doch eine Mehrheit des Kreistags habe keine Rücklagen bilden wollen, so Kreiskämmerer Albrecht Reusch und Landrat Helmut Riegger im Gespräch mit dem Schwarzwälder Boten.

Zu rechtfertigen sei diese enorme Kreditaufnahme dadurch, dass es sich bei allen Vorhaben um Projekte handle, die den Kreis fit für die Zukunft machten und "von denen auch unsere Kinder und Enkelkinder profitieren werden", sagte Helmut Riegger. Zudem sorge das aktuell extrem niedrige Zinsniveau dafür, dass der Schuldendienst in einem vertretbaren Rahmen bleibe.

Dass diese Vorhaben alle nötig sind, darüber ließ Helmut Riegger am Montag keinen Zweifel aufkommen. "Die Menschen erwarten zurecht auch im ländlichen Raum eine moderne Infrastruktur, eine gute Gesundheitsversorgung, attraktive Arbeitsplätze, eine gute Erreichbarkeit und schulische und kulturelle Bildung", so Riegger. Aus seiner Sicht brauche es diese "gemeinsame Kraftanstrengung" auch, um im Konkurrenzkampf mit den Ballungsräumen bestehen zu können.

Zudem haben diese Vorhaben für Riegger auch politische Dimensionen. Mit deren Realisierung zeige man, dass die Politik ihr Wort halte. Zudem habe die jüngste Wahl in Bayern gezeigt, dass überall dort, wo die Infrastruktur auf dem Rückzug ist, die Rechten, wie etwa die AfD, Zulauf hätten. "Insofern haben wir gar keine andere Wahl, als die jetzt von langer Hand vorbereiteten Zukunftsprojekte umzusetzen", machte Riegger klar.

Auf den eigentlichen Kreishaushalt, um den es in der Sitzung des Kreistags ging, haben diese Großprojekte zunächst einmal keine direkte Auswirkung. Denn sie alle werden außerhalb des Haushalts in Zweckverbänden oder Eigenbetrieben finanziert.

Auch ohne die Großprojekte hat der Landkreis jede Menge finanzieller Herausforderungen, Aufgaben und Ausgaben zu schultern, wie Riegger anführte. So habe man bei der Flüchtlingsunterbringung so sparsam gearbeitet, dass man im Zuge der "Spitz-Abrechnung" Millionen ans Land zurückzahlen müsse. In diesem Jahr 4,3 Millionen Euro, nächstes Jahr womöglich eine weitere Million.

Dazu wartet der Sozialhaushalt mit Rekordzahlen auf. Erstmals überschreiten die Aufwendungen für die Eingliederungshilfe für Behinderte die 30-Millionen-Marke. Insgesamt steigen die Transferaufwendungen um mehr als fünf Millionen Euro gegenüber dem Vorjahr. Weil der Bund sich immer mehr aus seiner Kostenbeteiligung an den Jobcentern zurückziehe, so Riegger, steige auch dort der Zuschussbedarf weiter. "Ein Ärgernis", wie es der Calwer Kreischef nannte. Generell sei man als Landkreis im Sozialbereich "fremdgesteuert", kritisierte der Landrat.

Zu den finanziellen Herausforderungen des Landkreises zählen auch Projekte jenseits von Hessebahn und Kliniken: 15 Millionen sollen 2019 in den ÖPNV fließen, mehr als zehn Millionen Euro soll die Erweiterung des Landratsamtes kosten. Neben Ausbauprojekten wie der Kreisstraße 4300 von den Sieben Tannen bis Gechingen fließt 2019 weiter Geld in die Erhaltung der Kreisstraßen: 1,6 Millionen Euro.

Und auch bei den Straßenmeistereien stehen Großvorhaben an: Die seien in einem schlechten Zustand und müssten neu gebaut werden, was für Helmut Riegger wieder Anlass zu deutlicher Kritik war: "Hier kommt das Land seinen Aufgaben in keinster Weise nach", konstatierte er. Dazu kommen noch fast drei Millionen Euro an Investitionen an den Berufsschulen. Und auch das Personal kostet mehr als im Vorjahr: etwa eine Million.

Angesichts solcher Herausforderungen bleibt am Ende – wie in jedem Jahr im Kreistag – die Frage nach der Kreisumlage, einer der wichtigsten Einnahmequellen des Landkreises. Die ist in diesem Jahr mit 26 Punkten die landesweit niedrigste, was allerdings nur möglich gewesen sei, weil der Landkreis fast neun Millionen Euro – und damit einen Großteil – seiner liquiden Mittel an die Kommunen zurückgibt, rechnete Riegger vor. Ohne diesen Effekt würde der Satz bei 30,4 liegen.

Doch welchen Satz braucht der Landkreis, um seine Aufgaben erledigen zu können? Schon im Vorfeld war Kreischef Riegger klar, dass auf seinen Vorschlag ein "Aufschrei" der Kreisräte folgen würde – er machte ihn trotzdem: Nach seinem Vorstellungen soll die Umlage auf 31,8 Prozent steigen. Damit würde der Landkreis noch unter den Sätzen der Jahre 2016 (32,6), 2015 (33,4) oder 2014 (33,0) liegen, wie Kreiskämmerer Albrecht Reusch im Gespräch mit dem Schwarzwälder Boten ergänzte.

Ein Aufschrei war in der Sitzung angesichts dieser Pläne zwar nicht zu hören. Doch die beiden Fraktionschefs Volker Schuler (FWV) und Jürgen Großmann (CDU) machten verklausuliert klar, dass sie mit dieser Zahl nicht einverstanden sind. Was am Ende tatsächlich herauskommt, wird sich nach den jetzt folgenden Beratungen zu dem 206 Millionen Euro starken Kreishaushalt zeigen.