Der Kreiswahlausschuss des Landkreises Calw tagte unter dem Vorsitz von Landrat Helmut Riegger (Zweiter von links). Fotos: Kunert Foto: Schwarzwälder Bote

Kreiswahlausschuss: Der gewählte Kandidat Miguel Klauß bekommt kein Mandat / Stimmen bleiben aber für seine Partei gültig

Der Super-Wahltag am 26. Mai war ein gewaltiger Kraftakt – für alle Beteiligten. Auch ein echter Wahl-Krimi. Vorerst letzter Akt dabei in Bezug auf die Kreistagswahl: Die Feststellung des offiziellen amtlichen Endergebnisses durch durch den Kreiswahlausschuss.

Kreis Calw. Die formalen Fakten: Der neue Kreistag wird aus 48 Mitgliedern (zehn Frauen und 38 Männern) bestehen. Stärkste Fraktion ist die CDU mit 15 Sitzen (davon ein Ausgleichssitz), gefolgt von den Freien Wählern mit zwölf Sitzen (davon ein Ausgleichssitz). Auf die SPD- und Bündnis90/Die Grünen-Fraktion entfallen jeweils sieben Sitze, auf die AfD vier, und für die FDP-Fraktion ziehen dank zweier Ausgleichssitze drei Kandidaten in den Kreistag ein. Die Wahlbeteiligung lag bei 57,1 Prozent und war damit um 8,6 Prozentpunkte höher als bei der letzten Kreistagswahl.

Außerdem stellte der Kreiswahlausschuss in der öffentlichen Sitzung fest, dass der AfD-Bewerber für den Wahlbezirk Calw, Miguel Klauß – nachdem ihm schon der Sitz im Nagolder Gemeinderat verweigert wurde –, nun auch nicht in den Kreistag einziehen darf. Bei der Sitzzuweisung konnte er nicht berücksichtigt werden, so Landrat Helmut Riegger als Vorsitzender des Kreiswahlausschusses, da er nach Angaben der Stadt Nagold als zuständiger Meldebehörde zum Zeitpunkt der Wahl und auch in den drei Monaten zuvor zwar in Nagold gemeldet, aber dort tatsächlich nicht wohnhaft gewesen sei, sondern außerhalb des Kreisgebiets. Mindestens drei Monate aber muss ein Kandidat in einer Kommune des Landkreises wohnen, bevor er zu einer (Kreistags-)Wahl antreten darf. Deshalb rückt nun anstelle von Klauß der AfD-Bewerber mit der nächsthöheren Stimmenzahl im gleichen Wahlkreis nach. Dies ist der 47-jährige Martin Kern, ebenfalls aus Nagold.

Auf Nachfrage aus den Reihen seiner Beisitzer im Kreiswahlausschuss erläuterte Landrat Riegger, dass die für Klauß abgegebenen Stimmen für seine Partei gültig bleiben, auch wenn er selbst wegen fehlender Voraussetzungen eigentlich unwählbar war. Andreas Stefanik, Leiter der Geschäftsstelle des Kreiswahlausschusses, ergänzte, dass man sich für diese Vorgehensweise ausdrücklich beim zuständigen Regierungspräsidium als nächsthöher Aufsichtsbehörde rückversichert habe. "Die Liste soll nicht dafür bestraft werden", so Stefanik, dass eines ihrer Mitglieder "bei der Verteilung der Sitze des Kreistags" aus formalen Gründen "unberücksichtigt bleiben muss" – so die entsprechende Formulierung im Amtsdeutsch.

Die Stadt Nagold hatte nach der dortigen Gemeinderatswahl, zu der Miguel Klauß ebenfalls als AfD-Kandidat angetreten war, festgestellt, dass die von Klauß angegebene Wohnadresse (im Nagolder Teilort Vollmaringen) tatsächlich eine noch als unbewohnbar geltende Baustelle ist.

"Die Stadt Nagold hat da schlichtweg einen Fehler gemacht"

Zwar hatte die Wahlkommission der Stadt Nagold im Vorfeld der Wahlen Klauß eine Wählbarkeitsbescheinigung ausgestellt, aber die werde – so die Erläuterung von Landrat Riegger jetzt in der Sitzung des Kreiswahlausschusses – stets nur durch Abgleich der Wahllisten mit dem Melderegister erstellt. Entscheidend seien aber "die tatsächlichen Verhältnisse". Erst die nachträgliche Überprüfung vor Ort habe dann ergeben, dass das angegebene Wohnhaus von Klauß "objektiv nicht bewohnbar" ist, und er tatsächlich noch außerhalb des Kreisgebiets seinen wahren Wohnsitz habe. Allerdings: "Das hätte man auch schon vor der Wahl wissen müssen", so Riegger

Miguel Klauß selbst, der der Sitzung des Kreiswahlausschusses gemeinsam mit dem AfD-Kreisvorsitzenden Günther Schöttle (der ebenfalls in den Calwer Kreistag einziehen wird) beiwohnte, widersprach dieser Darstellung. Er wohne bereits seit Februar in dem Haus in Vollmaringen, so Klauß. Auch wundere er sich, dass er selbst zu dieser Sache nie gehört worden sei. Das sei aus Sicht des Landkreises Calw und des Kreiswahlausschusses nicht nötig gewesen, so Riegger, da "die Angaben der Stadt Nagold eindeutig" seien. "Die sagt, Sie wohnen nicht dort" – damit würden klare gesetzliche Regelungen greifen.

Riegger wörtlich: "Die Stadt Nagold hat da schlichtweg einen Fehler gemacht, dass sie das nicht schon im Vorfeld überprüft hat." Der jetzige Entscheid des Kreiswahlausschusses könne nur dann revidiert werden, so Riegger direkt an Klauß gewandt, "wenn Sie nachweisen", dass das Haus in Vollmaringen doch seit Februar bewohnbar ist und auch wirklich bewohnt werde.

AfD-Kreisvorsitzender Günther Schöttle zweifelte die Eindeutigkeit der Rechtslage an. Man habe seitens der AfD Anwälte zu dem Sachverhalt befragt, die eine andere Rechtsauffassung dazu vertreten würden – weshalb man zwar den jetzigen Entscheid des Kreiswahlausschusses "auf jeden Fall akzeptiere", aber in Nachgang trotzdem Rechtsmittel dagegen einlegen werde. Sollte es dazu kommen, müsste das zuständige Regierungspräsidium als zuständige Aufsichtsbehörde über diesen Einspruch entscheiden. Die Arbeit des neuen Kreistags sei aber von einem solchen Verfahren erst einmal nicht betroffen, so Riegger. Es könne wie geplant seine Arbeit aufnehmen.