1968 ist die ehemalige Teefabrik von viel Grünland umgeben. Foto: Landesarchiv/StAL/Nr. 16601

Ein Wohn- und Ferienkomplex für bis zu 800 Personen wird Ende der 60er-Jahre in Haslach geplant. Selbst in die "Bild" schafft es das ambitionierte Projekt seinerzeit: "Das Hotel, in dem die Liebe König ist" titelt das Blatt.

Haslach - 2,1 Hektar groß ist das Grundstück, auf dem 1968 noch die ehemalige Teefabrik Kraushaar steht. Schon in diesem Jahr ist jedoch bei einer Gemeinderatssitzung die Rede davon, dass das Gelände verkauft werden könne. Damals hält der Gemeinderat das Areal noch "bei der Beschaffenheit des Grundstücks" nicht für eine Wohnbebauung geeignet. Zunächst geht es bei Gesprächen mit der Grundstücksbesitzerin und Interessenten um die Wiederansiedlung von Gewerbe, nach Möglichkeit sogar wieder einer Teefabrik. Selbst ein Altenzentrum steht zwischenzeitlich in der Diskussion.

Schnell kommt aber das wohl ambitionierteste Projekt auf, das dort entstehen soll, wo heute Wohnhäuser entlang der Baumeisterstraße stehen: Ein Wohnbauunternehmen aus Esslingen plant ein großes Ferien- und Wohnzentrum. 160 Meter lang, soll der Gebäudekomplex aus sieben miteinander verbundenen, terrassenförmig angeordneten Baukörpern bestehen. Mit bis zu 16 Stockwerken soll das Gebäude Platz für 600 bis 800 Menschen bieten. Geplant wird das Großprojekt vom Haslacher Architekten Günter Eitel. Die Stadt will zudem auf dem Gelände ein Hallenbad errichten.

Eine "kleine Stadt in der Stadt"?

Publik gemacht wird das Projekt in der Oster-Ausgabe der lokalen Presse 1969. Überschrieben mit "Plant Haslach eine kleine Stadt in der Stadt?" befindet der Autor: "Wäre diese Meldung am 1. April erschienen, hätten unsere Leser sicherlich an einen Aprilscherz gedacht." Geplant ist, das geht aus Akten im Haslacher Stadtarchiv hervor, eine Fertigstellung im Jahr 1972. Im Volksmund bekommt das Projekt schnell den Spitznamen "Brummer".

Die Gesamtkosten werden auf 15 Millionen D-Mark geschätzt. Als "größtes Wohnbauprojekt des Schwarzwalds" schlägt die Planung Wellen bis Norddeutschland. Und nach einer Pressekonferenz, die im November 1969 einberufen wird, ist Haslach plötzlich sogar in der "Bild" vertreten. Unter dem Titel "Das Hotel, in dem die Liebe König ist" fabuliert das Boulevardblatt von einem Paradies für Flitterwöchner mit Betten, die nicht knarren, und schalldichten Zimmern. Und einem "Ledigenmarkt", bei dem es für Singles zur Sache gehen soll. Bürgermeister Josef Rau verbittet sich eine solche Berichterstattung und lässt in einem Leserbrief, der lokal erscheint, durchblicken, wie wenig er von der Sache hält.

Projekt scheitert an "katastrophaler Lage im Bausektor"

Nicht nur wegen dieses "Skandals" erhält die Stadt auch negative Rückmeldungen. Urlaubsgäste, die von den Plänen aus ihren Heimatzeitungen erfahren, schlagen teils die Hände über dem Kopf zusammen. "Jetzt plant die Stadt Haslach einen solchen Hochhaus-Komplex zu bauen. Meiner Überzeugung nach, wäre das ein großer Wahnsinn", schreibt beispielsweise ein langjähriger Gast aus Schleipe im Sauerland.

Der Traum platzt Anfang der 70er: Wegen der "katastrophalen Lage auf dem Bausektor", wie der Bauträger es in einem Schreiben an die Stadt Haslach ausdrückt, muss er Konkurs anmelden. Das Gelände wird zwangsversteigert und letztlich als Bauland erschlossen. Von der Teefabrik oder dem "Brummer" ist in der Baumeisterstraße heute nichts mehr zu sehen.