Mal divenhaft, mal drollig: Die Stars der Szene haben bei der großen Burlesque-Gala gezeigt, dass es mehr um „Tease“ geht als um „Strip“.
Stuttgart - Der Burlesque-Kenner weiß: Er muss kreischen, pfeifen, stöhnen, wenn ein Teil auf den Bühnenboden fällt. In dieser Hinsicht war die Grand Gala am Samstagabend im Friedrichsbau-Varieté deutlich intensiver als im Jahr zuvor. Schon bei der zweiten Auflage scheint sich das Stuttgart Burlesque-Festival in der Stadt etabliert zu haben. Bereits wenige Wochen nach dem Vorverkaufsstart war der Varieté-Saal komplett belegt. Und viele Damen im Publikum waren stilecht gekleidet: Corsage, Perlenkette, große Robe und onduliertes Haar.
Burlesque ist langsames Entblättern und große Show, mal dramatisch, mal drollig. Anders als bei der Premiere 2016 dauerte das Festival diesmal vier Tage, von Donnerstag bis Sonntag, und der international besetzte Wettbewerb fand nicht erst bei der Gala, sondern schon am Freitag im Kellerclub statt. Die Gewinnerin, Lulu Applecheek, trat mit ihrer schrägen Schneemann-Nummer am Samstag neben internationalen Stars in einer Art Nummernrevue auf, moderiert von Sheila Wolf aus Berlin. Die Veranstalter des Abends, Fanny di Favola, Raunchy Rita und Elmar Jäger, sind nicht nur stadtbekannt, sondern auch in der Szene bestens vernetzt – so hatten sie die Auswahl unter zahlreichen Darstellern aus ganz Europa.
Zu den Größen auf der Bühne zählte Missa Blue aus London, die sich nicht nur auszog, sondern dabei noch Schwerter verschluckte. Außerdem begeisterte Harden Reddy aus München, der „King of Boylesque 2016, mit seiner poetischen Pinocchio-Nummer. Und Betsy Rose aus London verkörperte die Tradition des Genres, das glamouröse Showgirls. Das Publikum war verzückt von Aleksei von Wosylius, der in seinem Showact „White Rabbit“ den weißen Hasen aus Alice im Wunderland mit Grazie und einem grandiosen Kostüm darstellte.
Von ihrer Kunst könnten die wenigsten Darsteller leben, erklärte der Veranstalter Jäger in der Pause. „Die Kostüme und die Choreografie sind Do-it-yourself. Burlesque ist Idealismus.“ Umso beeindruckender sei es, mal nicht vor höchstens 70, 80, sondern vor mehr als 300 Zuschauern aufzutreten. Insofern: Ziel erreicht.