Der Jedermann in Melchingen wird vom Theater Lindenhof in einer modernen Version auf die Bühne gebracht. Foto: Bender

Nicht nur in Salzburg, auch in Melchingen auf der Burgruine wird diesen Sommer vom Theater Lindenhof das Theaterstück "Jedermann" aufgeführt. Keine leichte Kost, aber bunt und wortreich inszeniert.

Burladingen-Melchingen - "Jedermann stirbt". Das ist eine unumstößliche Tatsache. Mit "Jedermann" ist nach dem Theaterstück von Hugo von Hofmannsthal aus dem Jahr 1911 vor allem "der reiche Mann" gemeint. In der Neubearbeitung von Ferdinand Schmalz geht es mit kleinen Abwandlungen und Anpassungen an unsere Neuzeit ebenfalls um den schnöden Mammon und um Werte wie Nächstenliebe.

Man wird in das Stück hineingezogen

Die Burgruine ist natürlich ein phantastisches Ambiente für solch eine Aufführung unter freiem Himmel. Ganz nah dran an der Bühne sitzen die Zuschauer. Ja sogar um die Bühne herum. Jede Mimik der Schauspieler ist erkennbar. Zudem nehmen die Akteure hin und wieder auch zwischen dem Publikum Platz. Man wird hineingezogen in das Stück, das Konzentration vom Zuhörer fordert. Die langen Monologe der Hauptrollen verlangen dem Publikum einiges ab, auch wenn sie nicht in Versen und im Mittelhochdeutschen gehalten sind wie im Original.

Doch die Lindenhof-Schauspieler setzen die Inszenierung unter der Regie von Hartmut Wickert hervorragend um, ziehen ausdrucksstark die Zuschauer in ihren Bann. Dazu die Musik, welche Julia Koch und Samuel Kübler kostümiert und hoch oben über der Hauptbühne mischen. Die Kostüme von Katharina Müller tragen ohnehin ihr Übriges zum gelungenen Gesamtwerk bei.

Bernhard Hurm als "armer Nachbar Gott"

Der "arme Nachbar Gott", verkörpert von Bernhard Hurm, schließt mit der "teuflischen Gesellschaft", Rino Hosennen, Hannah im Hof und Luca Zahn, eine Wette ab. Wird Jedermann seine menschenverachtende und geldgierige Einstellung ändern oder nicht? Franz Xaver Ott als "Jedermann" verschließt sich den guten Ratschlägen seiner Frau (Petra Weimer) und seiner Mutter (Ursula Bürkert). Er macht sich einen Spaß mit dem armen Nachbarn Gott, steckt ihn in schicke Kleider, lässt ihn bei der Gartenparty mitfeiern, aber gibt ihm nicht genug, damit sich auf dieser Welt und in seinem Leben etwas ändern könne. Ein Schnaps? "Ich trinke nicht – aus Prinzip", lehnt der Nachbar ab. Daraufhin flößt ihm Jedermann eine ganze Flasche Hochprozentiges gegen seinen Willen ein.

"Befreunde dich mit dem Tod"

Überheblich ist er, der Jedermann, unbelehrbar, mitleidlos und berechnend. Seinem Vetter (Berthold Biesinger) will er keinen Cent seiner Schulden erlassen. Die "Buhlschaft Tod", gespielt von Linda Schlepps, rät dem Jedermann: "Verachte nicht den Tod, sondern befreunde dich mit ihm." Darauf die Antwort: "Das Spiel ist erst dann zu End, wenn Jedermann gewinnt." Doch kann er gewinnen? Als ihm bewusst wird, dass der Tod tatsächlich naht, will er den Vetter mitnehmen, ihm dafür dann doch die Schulden erlassen. Doch Jedermann erntet, was er gesät hat. Er wird vom Vetter verhöhnt. Was braucht es, dass ein Jedermann reumütig wird? Die Frage bleibt offen.

Der Besucher bleibt grübelnd zurück

"Man kann den Tod nicht eher begreifen, bis wir sterben. Bis dahin tanzen wir." Sind diese Worte des Jedermann das, was der Zuschauer als Lehre zieht? Das Schicksal des Jedermann in Melchingen bleibt mehr oder weniger offen. Echte Reue? Nicht wirklich. Eine Erlösung im Glauben? Nicht zu erkennen. Alle haben die Bühne verlassen und der Besucher bleibt grübelnd zurück. Er muss für sich selbst eine Lehre aus dem Leben Jedermanns ziehen.