Der Geschädigte wollte in der Kneipe seine Rechnung nicht bezahlen. Foto: ©Jan Mika-stock.adobe.com

Am Ende eines Kneipenabends will die Bedienung abkassieren. Soweit, so normal. Doch der Gast weigert sich und beschimpft die Frau. Anschließend eskaliert der Streit und der betrunkene Gast ruft die Polizei. Nun wurde der Fall vor dem Hechinger Landgericht verhandelt.

Burladingen - Die zwei angeklagten Frauen wirken irgendwie so, als würden sie nicht in einen Gerichtssaal gehören. Verunsichert blicken sie im Saal umher. Und tatsächlich: Mit der Zeit stellt sich heraus, dass es nicht immer ganz eindeutig ist, wer eigentlich Täter und wer Opfer ist.

Doch von vorne: Die Beiden werden beschuldigt, den Geschädigten – der zwischenzeitlich verstorben ist – in einer Kneipe in einem Burladinger Ortsteil zu Boden gezerrt, anschließend getreten und ausgeraubt zu haben. 125 Euro soll ihre Beute gewesen sein.

"Wollten Feierabend machen"

Die jüngere Frau will sich zu den Vorwürfen äußern: "Es war unser letzter Gast, wir wollten Feierabend machen. Er saß den ganzen Abend schon alleine am Tisch und spendierte auch Drinks." Als sie abkassieren wollte, weigerte er sich. "Nein, das kann überhaupt nicht sein, das ist viel zu viel", soll er geschrienen haben. Mit ihm sei es immer besonders schwierig gewesen, so die junge Frau.

Dann habe sie ihre Mutter – die auch auf der Anklagebank sitzt – zur Hilfe geholt. "Sie hatte schon immer mehr Geduld mit ihm." Letzten Endes soll er dann doch einen 50-Euro-Schein hingelegt haben. Doch damit war die Sache noch nicht vorbei. "Dann hat er wieder angefangen rumzuschreien: ›Du hast mich bestohlen!‹"

Sehr wütend gewesen

Er sei sehr wütend gewesen und taumelnd aufgestanden. "Nachdem er mich geschubst hat, habe ich zurückgeschubst, woraufhin er zu Boden ging", sagt die Angeklagte. Dabei ging auch noch eine schwere Marmor-Tischplatte zu Boden, die die Mutter und auch den über der Kneipe wohnenden Besitzer auf den Plan rief.

"Ich konnte es irgendwann nicht mehr ertragen, dass er mich ständig als Diebin bezeichnete. Dann sind mir die Nerven durchgegangen, und ich habe mit beiden Beinen auf ihn eingetreten." Er sollte einfach gehen und uns in Ruhe lassen, meint die Angeklagte.

Pächter versucht zu schlichten

Der Geschädigte habe eigentlich bereits Lokalverbot wegen einer ähnlichen Geschichte gehabt, schaltet sich die Mutter der Angeklagten ein. Der Pächter, der zwischenzeitlich durch den Lärm auch dazugekommen war, versuchte die Situation dann zu schlichten, indem er mit dem Geschädigten aus der Kneipe ging.

Dort bestand der betrunkene Geschädigte darauf, die Polizei zu verständigen. "Die Polizisten konnten ihn allerdings kaum verstehen und ein Alkoholtest war auch nicht durchführbar", so der Pächter vor Gericht. Wie hart die Tritte denn gewesen seien, will Richter Wührl wissen. "Wie ein Mädchen hat sie getreten, das war nicht mit voller Wucht."

200 Euro ans Tierheim

Schlussendlich wurden die Anklagepunkte des Raubes gegen die beiden Angeklagten fallen gelassen. Das Verfahren wegen gefährlicher Körperverletzung gegen die junge Frau wurde gegen eine Zahlung von 200 Euro an das Tierheim Tailfingen eingestellt. Die Mutter hingegen wurde freigesprochen.