Fotos: Rapthel-Kieser Foto: Schwarzwälder Bote

Entrüstungssturm im Ortschaftsrat.170 Euro trotz fehlender Infrastruktur finden alle einhellig zu viel

Was die Straßen angeht, die man in Hörschwag ins ELR-Programm aufnehmen soll, sind sich die Ortschafträte in ihrer jüngsten Sitzung schnell einig gewesen. Ebenso bei den Bauplatzpreisen. Eine Bürgerfrage in Sachen Neubaugebiet entfachte hitzige Wortmeldungen.

Burladingen-Hörschwag. Es war ein mehrfacher Häuslebesitzer, der unter dem Tagesordnungspunkt "Bürgerfragestunde" das vermutlich am heißesten gehandelte Thema in diesem östlichsten Ortsteil Burladingens anstieß. Er entfachte damit einen wahren Entrüstungssturm.

Denn das Thema bietet nicht nur in Hörschwag Erregungspotential und ist eines, bei dem Bürger, potentielle Bauplatzkäufer und die Ortsvorsteherin Monika Spallinger-Rieder in der Sitzung einen perfekten Schulterschluss demonstrierten. Sie werde im Gemeinderat auf jeden Fall gegen einen Preis von 170 Euro oder mehr pro Quadratmeter stimmen, kündigte die resolute Hörschwager Rathauschefin schon mal ganz klar an.

Wann denn die Tiefbauarbeiten im Wiesäcker für das neue Baugebiet wohl fertig sind und wie hoch denn dann der Quadratmeterpreis wohl sein würde, preschte jener Zuhörer in der Hörschwager Festhalle mit seiner Frage vor. Den ersten Teil konnte Spallinger-Rieder schnell beantworten. Noch im Sommer wolle die Tiefbaufirma Storz aus Sigmaringen die Arbeiten beenden. Dann sei es am Gemeinderat, nach Vorlage der Verwaltung den Quadratmeterpreis fest zu legen, so Spallinger-Rieder.

Obwohl es auch in Hörschwag unbebaute Grundstücke in privater Hand gibt, war es der Ortsvorsteherin im vergangenen Jahr endlich gelungen, in vielen Gesprächen zusammen mit dem Bauamt der Stadt jenes Neubaugebiet durchzudrücken, das seit Jahren bei den Hörschwagern auf der Prioritätenliste oben stand aber immer wieder verschoben wurde.

Die Hörschwager Rathauschefin hatte mit erleben müssen, dass sich einige junge bauwillige Familien Richtung Osten oder Südosten orientieren, nach Mägerkingen, Trochtelfingen oder Gammertingen. Diese Familien wanderten in Städte und Gemeinden ab, die kaum zehn Kilometer entfernt sind und ihre Baugrundstücke für 80 Euro pro Quadratmeter oder etwas mehr verkaufen.

Etliche Gebäude stehen leer

"Wir verlieren damit die Zukunft von Hörschwag", argumentierte der Fragesteller aus den Bürgerreihen und erntete bei allen Anwesenden zustimmendes Nicken. Wohl nicht nur aus Kostengründen hatte die Stadtverwaltung den Hörschwager Wunsch nach Bauland-Neuerschließung immer aufgeschoben.

Denn auch dort gibt es, so wie in fast allen Ortsteilen, viele leer stehende, alte Gebäude. Die sind entweder abrissreif oder renovierungsbedürftig, wären aber bereits erschlossen und würden den mittlerweile hoch gehandelten Grundsatz "Innenentwicklung vor Außenentwicklung" nicht verletzen.

Trotzdem: Jetzt soll die Erschließung des Baugebietes Wiesenäcker mit vorerst fünf und später weiteren vier Bauplätzen im Sommer fertig werden – und schon schwant den Hörschwagern Schlimmes. Denn erst unlängst erregten die Quadratmeterpreise in Melchingen in der Gesamtstadt Diskussionen. Junge Melchinger kamen zur Bürgerfragestunde des Gemeinderats und monierten den sprunghaften Preisanstieg auf 170 Euro pro Quadratmeter, den sie sich nicht mehr leisten könnten und auf den sie bei ihren Eigenheim-Kalkulationen nicht gefasst waren. Hinzu komme der Druck von nahen Zentren wie Mössingen, Reutlingen oder gar Tübingen, die über die Talheimer Steige schnell zu erklimmen sind und alteingesessene Melchinger mit Städtern aus diesem Bereich in Konkurrenz treten lassen.

Dabei sei, so die Hörschwager in ihrer Diskussion erst in und dann vor der Festhalle, Hörschwag mit dem Teilort Melchingen, wo es Banken, einen Dorfladen, die Metzgerei, ein Theater und eine andere ÖPNV-Taktung gebe, doch gar nicht zu vergleichen. Hörschwag habe nichts von dieser Infrastruktur, und das, so die einhellige Meinung, müsse bei der Preisfindung neuer Bauplätze doch berücksichtigt werden.