Philosophie des Firmenchefs: Die Mitarbeiter sind bei Trigema mehr als nur Mitarbeiter – sie sind Teil der großen "Betriebsfamilie". Foto: Trigema

Trigema-Chef Wolfgang Grupp feiert auch Mitarbeitern zuliebe. Stargast ist Schlagersängerin Helene Fischer.

Burladingen - Es sind nicht nur klare Worte, die Wolfgang Grupp regelmäßig in aller Munde bringen. Der Chef von Trigema, der Firmenpatriarch, manche nennen ihn "König von Burladingen", gilt auch als extravagant: Wegen des Affens, den er zum Maskottchen erkoren hat, wegen des Hubschraubers, mit dem er über Burladingen (Zollernalbkreis) schwebt, wegen seiner Villa mit Butler. Grupp: "Ich tue das, was ich für normal halte." Und dazu gehört die Treue zum Hauptstandort Burladingen auf der Schwäbischen Alb. Bereits die Frage, ob er schon einmal erwogen habe, im Billiglohn-Ausland zu produzieren, bricht er ab. "Nennen Sie mir einen Textilhersteller, der nach der Verlegung der Produktion ins Ausland reicher geworden ist", bricht es aus ihm heraus. Ohne Pause weiter: Manch einen Textilhersteller gebe es nach der Verlegung der Produktion ins Ausland nicht mehr. Und überhaupt: "Wir stellen keine Massenprodukte her, sondern innovative." Punkt. Die 100-jährige Geschichte seines Unternehmens gibt ihm ja recht.

 

Die Anfänge von Trigema liegen im Jahr 1919, als die Brüder Josef und Eugen Mayer eine stillgelegte Fabrik in Burladingen kaufen und die "Mechanischen Trikotwarenfabriken Gebr. Mayer" gründen – daher der Name Trigema. 1922 gehen die Brüder aber getrennte Wege. Eugen gründet seine eigene Firma, Josef führt als alleiniger Inhaber die Trikotwarenfabriken weiter. Er hat 25 Mitarbeiter, zwei Jahrzehnte später sind es 800, denn die Nachfrage nach Unterwäsche steigt, und es werden Filialbetriebe gegründet. Das Unternehmen ist für die damalige Zeit sehr modern und rationell.

1939 tritt Franz Grupp – der Schwiegersohn Josef Mayers – ins Unternehmen und übernimmt wichtige Funktionen in der Geschäftsleitung. Die Kriegsjahre bedeuten einen Rückschritt. Mit der Währungsreform 1948 blüht das Unternehmen wieder auf. 1952 arbeiten 960 Mitarbeiter bei Trigema. 1956 stirbt der Firmengründer, und Schwiegersohn Franz Grupp übernimmt. Neue Filialen kommen hinzu, auch die Tochterfirma Plastro-Mayer. Mitte der 60er-Jahre stagniert der Unterwäschemarkt, hochwertige Damenoberbekleidung wird ins Produktprogramm genommen, 1967 wird der damalige Tennisstar Wilhelm Bungert für die erste Trigema-Tenniskollektion verpflichtet. Das Unternehmen ist verschuldet.

Geschäftsleitung in dritter Generation

Als Wolfgang Grupp 1969 in dritter Generation die Geschäftsleitung übernimmt, setzt er auf den damaligen Trend der Flower-Power-Bewegung, die über den Großen Teich schwappt und für die das T-Shirt – neben der Jeans – das Symbol für jugendliche Mode ist. Jungunternehmer Grupp kehrt – dem Großvater folgend – zu den Wurzeln zurück, setzt auf T-Shirts und Tennisbekleidung. 1975 ist die Firma schuldenfrei, hat 28,1 Millionen Umsatz und ist seither Deutschlands größter Hersteller von Sport- und Freizeitbekleidung, der von sich reden machen weiß.

Im Unternehmerlager galt Grupp als Exot und Exzentriker – er wirbt mit einem Affen und produziert ausschließlich in Deutschland und zelebriert einen gewissen Lebensstil. Auch prangert er den Größenwahn und die Gier vieler Unternehmenslenker an, die es mit Wachstums- und Renditezielen übertrieben, damit Jobs und Unternehmen riskierten. Doch der Erfolg steht auf seiner Seite.

Auch im 100. Jahr des Bestehens ist das Unternehmen trotz Branchenkrise und harter Konkurrenz aus Asien erfolgreich. "Von 26 Textilfirmenchefs in Burladingen und Umgebung bin ich der einzige, der übriggeblieben ist", sagt Grupp. Da könne er nicht alles falsch gemacht haben. 2018 machte Trigema mit 1200 Mitarbeitern 101,8 Millionen Euro Umsatz. Über sich selbst sagt der alleinige Inhaber und Geschäftsführer: "Ich bin auch verantwortlich dafür, dass ich den Wandel der Zeit erkenne und Entscheidungen treffe, dass die Firma auch morgen noch existieren kann."

"Voll auf eigenes Risiko"

Das heißt auch: produzieren ohne Auftrag. Grupp: "Ich produziere von Januar bis Dezember ohne Auftrag, voll auf eigenes Risiko." Das Kapital seines Unternehmens sei das Lager. Während viele Wettbewerber die Segel gestrichen haben oder ins Ausland gegangen sind, habe er immer Geld verdient. Wie viel, sagt Grupp nicht. Die Geschäfte liefen gut genug, um seine Mitarbeiter zu beschäftigen und deren Kindern einen Arbeitsplatz zu garantieren. "Ich musste noch nie einen Mitarbeiter wegen Arbeitsmangel entlassen."

Die Mitarbeiter sind bei Trigema mehr als nur Mitarbeiter: Sie sind Teil der großen "Betriebsfamilie". "Die Mitarbeiter verschwinden nicht in der Anonymität." Ganze Familiengenerationen würden bei Grupp arbeiten. Und wenn seine Mitarbeiter ein Kind haben, bietet er ihnen einen Arbeitsplatz an. Der Gedanke, dahinter, ist so simpel wie genial: Die Eltern im Betrieb leiten ihre Kinder an, schließlich wollten sie sich ja nicht blamieren. Und das scheint zu funktionieren: "Fast alle Mitarbeiter in leitender Funktion haben einmal als Lehrling bei uns angefangen." Das Fest an diesem Samstag organisiere er auch seinem Personal zuliebe, schließlich würden sie viel zum Erfolg des Unternehmens beitragen. "Helene Fischer tritt sonst in Berlin, Hamburg und München auf – und jetzt in Burladingen." Gut für den Ruf sei das, und die Mitarbeiter erfülle es mit Stolz.

Und doch flammen immer wieder Vorwürfe auf, Trigema sei nicht modisch genug. Das kontert Grupp lässig. Mode machen sei keine Kunst, aber Mode verkaufen, das sei die Kunst. "Die Kleiderschränke der Menschen sind voll. Wir haben es mit einer bedarfsgedeckten Wirtschaft zu tun", sagt Grupp, und da gehe Produktionswachstum nur über Preisnachlässe. "Die Preisdrückerei hab’ ich nie mitgemacht", betont der Unternehmer, der einst auch die großen Kaufhausketten, SB-Märkte und Discounter beliefert hat. Weil ihn der Handel zu sehr unter Druck setzte, hat er den Handel teilweise selbst übernommen. Trends laufe er eben nicht hinterher.

Ökologisch nachhaltige Kleidung aus 100 Prozent Bio-Baumwolle

"Mit Billigware sind uns die Chinesen überlegen", meint Grupp. "Ich kann nur über Qualität und Innovation punkten. Kunden zahlen mehr, weil sie mehr erwarten." Dazu zählt auch ökologisch nachhaltige Kleidung aus 100 Prozent Biobaumwolle nach dem Cradle-to-Cradle-Prinzip, übersetzt von der Wiege zur Wiege. Das sind mittlerweile acht bis zehn Prozent der Trigema-Produktion. Auch arbeitet Trigema mit Partnern an intelligenter Kleidung mit Sensoren. "Ich bin nicht so arrogant und sage, mach’ ich nicht, wenn Anfragen kommen und ich Arbeitsplätze sichern kann." Für die Kliniken in Tübingen und Ludwigsburg etwa macht Trigema speziell Frühchenmützen – etwa 500 Stück im Jahr.

Trigema wird 100 Jahre alt – und das wird an diesem Samstag groß gefeiert. Wolfgang Grupp hat gerufen und sie sind alle gekommen. Auf der Gästeliste stehen neben Schlagerstar Helene Fischer auch die Namen einiger Politiker. Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) wird ebenso anwesend sein wie EU-Kommissar Günther Oettinger, sowie Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut und Staatsministerin Annette Widmann-Mauz (alle CDU). Wer die Feier besuchen will, erhält nur mit einer Einladung Einlass.