Doris und Ludwig Schülzle. Beide haben sich ein Leben lang um die Filmkultur in der Fehlastadt verdient gemacht. Foto: Rapthel-Kieser Foto: Schwarzwälder Bote

Ehrung: Hohe Auszeichnung für Doris und Ludwig Schülzle aus den Händen von Hoffmeister-Kraut

"Ach, sind Sie mir still von Hollywood", sagt der 84-jährige ehemalige Kinobetreiber Ludwig Schülzle, während alles von der Oscarverleihung spricht. Die Streifen aus der US-Filmmetropole waren zeitlebens seine Sache nicht.

Burladingen. Dass er und seine Frau Doris es dennoch verstanden, jahrzehntelang die Filmkultur in der Fehlastadt aufrecht zu erhalten, dafür werden sie jetzt geehrt. Beide bekommen am Freitag, 14. Februar, aus den Händen der Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut die Staufermedaille verliehen.

Zwar haben sie ihr Kino vor gut einem Jahr geschlossen, die Ehrung ist jetzt jedoch wieder Anlass auf viele Jahrzehnte Kino-Geschichte in Burladingen und die Lebensleistung des rüstigen Rentnerpaars zurückzublicken.

Schülzles Eltern betrieben nach dem Zweiten Weltkrieg die Wirtschaft Saalbau in der Zollernstraße. Zweimal im Monat kam aus Tailfingen ein Vorführer mit seinem Projektor und zeigte Filme. Meistens war der Saalbau voll.

In den 1950ern platzte Kino aus allen Nähten

Dann, Anfang der 50er Jahre, entschloss sich Ludwig Schülzles Vater, ein Kino zu bauen. Er hatte den richtigen Riecher, das neue Kino wurde 1952 eingeweiht und die 50er wurden die große Kinozeit in Deutschland. Filme wie "Sisi" oder "Ben Hur" zogen die Massen an. Oft waren die 550 Plätze im Kino mit seinem Balkon nicht genug, es mussten Stühle aus der Wirtschaft nebenan herein geschleppt werden.

Ludwig Schülzle lernte nach der Schule den Beruf des Elektrikers. Weil das auch für die Filmvorführungen nützlich wäre, so fand sein Vater, der hauptberuflich ein Tiefbauunternehmen betrieb. Dann traf er seine Doris, die aus Bayern stammte. Nachdem ihre Eltern aus der Nähe von Garmisch nach Burladingen gezogen waren, betrieben sie viele Jahre eine Gastwirtschaft in Burladingen, den Zollern.

Wenn der junge Ludwig dann mit seinen Kameraden in der Fehlastadt um die Häuser zog, kehrte man auch dort ein. Doris bediente und so lernte sich das Paar kennen und heiratete. Noch gut erinnert sich Doris Schülzle an die ersten Ehejahre. Dass ihr Ludwig "eine bayerische und dann noch eine evangelische" geheiratet hatte, stieß bei so manchem auf Argwohn und Kritik. Mittlerweile haben Doris und Ludwig Schülzle zwei Töchter, Ottilie und Ulrike, und können längst schmunzeln über das Naserümpfen damaliger Zeitgenossen.

Als der von seinem Vater angestellte Filmvorführer ging, so erinnert sich der 84-jährige Ludwig Schülzle heute, "da musste ich ran". Im Kämmerchen hinter den Kinosälen hat er so manche Nacht verbracht und um nicht immer dieselben Filme anschauen zu müssen, hatte er einen kleinen Fernseher aufgestellt, verrät er lachend. Seine Frau verkaufte die Kinokarten, Popcorn sowie Getränke und gab den Kinobesuchern Tipps, was sie sich anschauen müssen.

"Wir haben ein sehr nettes Publikum gehabt", sagt sie im Rückblick. 1980, die große Kinowelle war längst verebbt, der Farbfernseher in den Wohnzimmern schon Standard, entschlossen die Schülzles sich zum Umbau. Sie teilten den einen großen Saal mit seinem Balkon in zwei Vorführsäle. Einer hat 105, der andere 50 Sitzplätze. Die Einrichtung war plüschig-rot und die Sitze mit Stoff bezogen. Das alles wirkt heute längst wieder antiquiert, aber gerade der Retro-Charme und die Filme mit Tiefgang waren es, die in den vergangenen Jahren die Besucher anzogen. Dass er, was die Auswahl der Filme anging, im zweiten Jahrzehnt der 2000er Jahre quasi ein Programmkino mit ernsten und außergewöhnlichen Filmen betrieb, das, so sagt Ludwig Schülzle, sei "aus der Not geboren". Denn an die großen Blockbuster kam er meist nicht ran, zu klein waren die Besucherzahlen für diese Streifen. Dass viele Filme zwar über die Filmförderung mit Geld deutscher Steuerzahler bezuschusst wurden, aber trotzdem nie den Weg in sein Kino fanden, ärgert ihn noch heute.

Burladinger zeigten Solidarität mit dem kleinen Kino

Über die Macht der Verleiher und die Ohnmacht kleiner Kinobetreiber kann er so manches erzählen. Ein Kino in der Größe der Burladinger Alblichtspiele könne heute ohne direkte Förderung gar nicht mehr existieren, konstatiert er. Deshalb hat er auch im vergangenen Jahr, als er dicht machte, gar nicht nach einem Nachfolger gesucht. "Ich hätte jedem Pächter davon abgeraten", sagt Schülzle ehrlich.

Sehr gerührt waren Doris und Ludwig Schülzle über die Solidarität der Burladinger Vereine. Als ihr Kino vor vier Jahren von Nazis beschmiert wurde, weil sie den Film über den Hitler-Attentäter Georg Elser ins Programm genommen hatten, strömten die Burladinger in ihr Kino und setzten ein starkes Zeichen. "Das hat uns wirklich sehr gefreut", sagt Doris Schülzle. Anlass zur Freude haben sie jetzt wieder. Dass sie beide vom Ministerpräsidenten mit der Staufermedaille geehrt werden, verstehen sie als große Anerkennung ihrer Lebensleistung.

Die Staufermedaille ist eine persönliche Auszeichnung des Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg und wird j etwa 50 Mal pro Jahr vergeben. Es gibt sie für besondere Verdienste um das Land und seine Bevölkerung. Die Auszeichnung existiert seit 1977, als anlässlich der Ausstellung zur Geschichte und Kultur der Stauferzeit und dem Staufer-Jahr 1977 in Baden-Württemberg die Medaille erstmals geprägt und herausgegeben wurde.