Oliver Geiger ist während des Shutdowns mindestens genauso kreativ und aktiv wie zuvor.Foto: Bender Foto: Schwarzwälder Bote

Religion: Musiker Oliver Geiger aus Bitz bleibt über das Internet mit den Gemeindegliedern in Verbindung

Was macht ein Organist, wenn die Kirchen für Gottesdienste geschlossen bleiben müssen? Richtig, er wird noch kreativer als sonst.

Burladingen/Bitz. Ein Gottesdienst ohne Orgelmusik ist mehr als gewöhnungsbedürftig. Hin und wieder kann diese zwar durch einen Chor oder Solisten oder eine Gitarrenbegleitung ersetzt werden, aber für Gottesdienstbesucher gehört der Klang des königlichen Instrumentes einfach zur sonntäglichen Feier dazu. Orgelklänge in einer leeren, in einer geschlossenen Kirche? Eigentlich paradox, außer der Organist übt ein Musikstück oder der Orgelbauer ist mit Wartungsarbeiten beschäftigt.

Nun können die Gottesdienste derzeit ja laut behördlicher Verordnung aufgrund der Pandemie noch nicht in ihrer gewohnten Form stattfinden, wodurch es sonntags für so manchen Organisten eigentlich auch nichts zu tun gibt. Außer, der Gottesdienst wird aufgezeichnet und im Internet gestreamt.

Glücklicherweise sehen die Kirchen in der Regel derzeit noch von Kurzarbeit für ihre Angestellten ab und denken auch nicht unbedingt über betriebsbedingte Kündigungen nach. Also hat ein Organist bei vollem Gehalt gerade etwas mehr Freizeit, die er genießen könnte.

Nicht so Oliver Geiger aus Bitz. Der 45-jährige Kirchenmusiker ist sowohl bei der Evangelischen Kirchengemeinde Bitz als auch bei der Evangelischen Kirchengemeinde Burladingen als Organist angestellt. Die Hände in den Schoß legen? Nein. Schließlich sagt Oliver Geiger von sich selbst: "Ich sehe mich als einen, der einen Auftrag zu erfüllen hat, der mich wiederum erfüllt. Musik ist für mich etwas, das Himmel und Erde miteinander verbindet."

Und so hat er sich gleich zu Beginn der Gottesdienstverbote im März an seine Heimorgel gesetzt und seither etliche Kirchenlieder eingespielt. Die Audiodateien stellt er den beiden Kirchengemeinden, bei denen er angestellt ist, zur Verfügung, die sie auf ihren Internetauftritten eingebunden haben, so dass die Gemeindeglieder sie anhören und mitsingen können.

Ob "Jesu geh voran" oder "Herr, deine Liebe". Es sind bekannte und auch weniger bekannte Stücke, die Geiger aufgenommen hat. Und für Beerdigungen hat er ganz besondere Werke zur Verfügung gestellt. "Wenn ich einmal soll scheiden" oder "So nimm denn meine Hände" sollen den Abschied vom geliebten Menschen leichter machen. Als Kirchenmusiker weiß Geiger, dass sich so manche Trauernde auch "Time to say goodbye" wünschen, was er ebenfalls eingespielt hat.

In Sachen Urheberrecht ist der Organist, der in Esslingen und Tübingen Evangelische Kirchenmusik studiert und sich auch als Chorleiter und Komponist einen Namen gemacht hat, auf der sicheren Seite. Entweder stammen die Stücke von Komponisten, welche bereits seit 70 Jahren verstorben sind, oder es handelt sich um seine eigenen Improvisationen und Sätze.

Pfarrerin Annegret Liebmann darf bei ihm regelrecht Einspielungen für den jeweiligen Sonntag ordern. Langeweile ist für Oliver Geiger also kein Thema. Er arbeitet sozusagen im Homeoffice. Ein wahrlich kreativer Kopf – nicht nur, was die Musik betrifft.

Und die Pfarrerin wählt für jeden Sonntag seit Beginn der Corona-Krise Gebete, geistliche Impulse und Musikstücke aus, damit die Gemeindeglieder sonntags zu Hause selbst aktiv werden können – beten und singen anhand der Liturgie auf der Homepage www.burladingen-evangelisch.de. Sie selbst läutet hierzu regelmäßig die Glocken der Versöhnungskirche als akustisches Zeichen um 10.30 Uhr, wenn sich eigentlich die Evangelischen versammeln würden. In Gedanken und Gebeten sind dennoch alle verbunden.