Geht spritzig, gesund und ungebeugt in den Ruhestand: Pastoralreferentin Adelheid Bumiller, hier bei der Abschiedsfeier im Kollegenkreise.Foto: Rapthel-Kieser Foto: Schwarzwälder Bote

Kirche: Adelheid Bumiller wird im Gottesdienst verabschiedet / Lateinamerikanische Befreiungstheologie hat sie geprägt

"Ich war fast überall wo ich hinkam die erste Frau, die dort gepredigt hat", erinnert sich die 63-jährige Pastoralreferentin der Seelsorgeeinheit Burladingen-Jungingen, Adelheid Bumiller, an ihre Berufslaufbahn zurück. Nun geht sie in den Ruhestand.

Burladingen. Wenn es inzwischen auch unter vielen eher betagten katholischen Gläubigen eine Selbstverständlichkeit ist, dass Frauen, ebenso wie Männer, Predigten halten oder Beerdigungen leiten, dann ist das ein großes Stück weit der Verdienst von Frauen wie Adelheid Bumiller. Denn sie gehörte mit zu den ersten, die 1976 in der Diözese Freiburg das Studium der Pastoralreferentin ergriffen. Eine der Neuerungen nach der Aufbruchstimmung der Alt-68er, die auch an der fast 2000 Jahre alten, katholischen Kirche nicht vorbeiging und sich niederschlug im Zweiten Vatikanischen Konzil.

Wenn jetzt, in den letzten Jahren ihres Dienstes, Frauen aus einer ländlichen Region wie Burladingen ihr sagen, sie würden gerne von ihr beerdigt werden, dann nimmt sie es als großes Kompliment – nicht für sich selber. Dazu ist sie zu bescheiden. Aber sie versteht es als Ausdruck dafür, dass diese erste und alle nachfolgenden Generationen von Pastoralreferentinnen zu einem Umdenken unter den Gläubigen beigetragen hat.

Dass die Pastoralreferentin eine solche Pionierin war, mag manchem kaum bewusst gewesen sein. Auch, weil sie - Predigten hin, Beerdigungen und Kirchendienst her – eigentlich eher eine Ruhige ist. Eine die, so scheint es immer, nicht so gerne von sich selber erzählt. Dabei verraten ihre Predigten und wen sie in ihren Schriften zitiert so viel über ihren Mut, ihre Unbeugsamkeit und die Zähigkeit mit der sie sich von Anbeginn ihrer Amtszeit für eine sozialere, den Armen und Vernachlässigten zugewandte, für Frauen und verheiratete Männer im Priesteramt offene katholische Kirche einsetzte. "In der Nachfolge der Apostelinnen Junia und Maria Magdalena ….", ist ihr Abschiedsbrief an die Seelsorgeeinheit überschrieben in dem sie noch einmal vehement, auch mit einem Zitat aus einem Gedicht des Priesters Andreas Knapp, ihre Kirche zu notwendigen Reformen auffordert.

Das diese Kirche weltumspannend ist, dass hat sie für Adelheid Bumiller, so verrät sie uns im Gespräch, "auch immer so spannend" gemacht. Denn die evangelische Kirche habe zwar schon weibliche Bischöfe und Pfarrerinnen, sei aber viel mehr in viele verschiedene Landeskirchen und je nach Land unterschiedliche evangelikale Gruppen gespalten.

Diese Weltumspannung hat aus Adelheid Bumiller auch ein wenig eine pastorale Globetrotterin gemacht. In Freiburg und Rom hat sie studiert, im von zuvor von Unruhen und dem Befreiungskampf geprägtem südostasiatischen Inselstaat Osttimor hat sie vier Jahre Friedensdienst geleistet. In Lateinamerika war sie in ihren Ferien in unterschiedlichen Projekten aktiv, hat die Ideen der dortigen Bischöfe von der Befreiungstheologie kennengelernt – und zu der ihren gemacht. Immer als Christin, immer im Dienst für Arme, Kranke, Schwache – immer dem Vorbild Christi nacheifernd.

Dass mit dem derzeitigen Papst ein Befreiungstheologe im Amt ist, einer der die Abgewandtheit von weltlichen Gütern, die persönliche Bescheidenheit eines Kirchenfürsten, die Zugewandtheit zu den Schwächsten einer Gesellschaft und die Verantwortung für die Mutter Erde wieder stärker betont – es mag Adelheid Bumiller eine späte Genugtuung sein.

Bumiller kam in den letzten sieben Jahren ihres Pastoralreferentinnen-Dienstes gewissermaßen wieder in ihre Heimat zurück. Denn sie stammt aus Jungingen, ihre Eltern betrieben dort viele Jahre das Hotel und Restaurant "Post". Von ihrem Bruder bekam sie zur Abschiedsfeier im Pfarramt, die sie zusammen mit der scheidenden Pfarrsekretärin Marianne Schroft für die Kollegen ausrichtete dann auch eine Flasche "Bumiller-Sekt".

Sie freut sich darauf, Zeit für Dinge zu haben, zu denen sie im Berufsalltag eigentlich nicht so kam

Die Pastoralreferentin klärte mit einem Lachen auf. "Das ist jetzt nur das Etikett", aber, tatsächlich haben einige der Bumiller-Vorfahren sich nach Frankreich begeben und es dort im Anbau von edlen Reben und dem Keltern von gutem Wein und Schaumwein wohl zu mehr als lokaler Berühmtheit gebracht.

Familienforschung und Freunde, das könnten jetzt die Dinge sein, denen Adelheid Bumiller sich im Ruhestand wieder verstärkt widmen kann. Denn: "Unsere Arbeit ist ja auch viel von Wochenenddiensten und Abendterminen geprägt", sagt sie im Rückblick. Und ja, sie freue sich auf den Ruhestand, freue sich darauf, Zeit für Dinge zu haben, zu denen sie im Berufsalltag eigentlich nicht so kam.

"Ich bin ja noch relativ gesund", sagt sie. In Hechingen will sie vorerst wohnen bleiben. Dort hat sie sich vor einigen Monaten noch mutig für die Frauengruppen von Maria 2.0 engagiert. "Ich würde gerne noch in meiner Lebenszeit Reformen erleben. Das Zölibat müsste fallen und das Priesteramt müsste Frauen offen stehen", hat sie damals in einem Interview gesagt. Nach immer mehr Diskussionen um Missbrauch und Vertuschungen verraten die Austrittszahlen viel über den Zustand der katholischen Kirche. Sie hat wohl kaum noch einmal 2000 Jahre Zeit.