Da staunt der Evolutionsbiologe: Wolfgang Maier sieht zum ersten Mal in seinem Leben eine lebende Schiege. Foto: Rapthel-Kieser

Tübinger Evolutionsbiologe und Humangenetikerin nehmen die Schafziege von Hans-Peter Girra unter die Lupe.

Burladingen-Starzeln - "Das Thema fällt mir wie vom Himmel", begeistert sich der Tübinger Evolutionsbiologe Wolfgang Maier für die Schiege im Killertal. Seit Montag steht fest: Es ist ein Junge.

Über die seltenen Mischwesen zwischen Schaf und Ziege hat der Professor zwar viel geforscht und geschrieben. Eine lebende Schiege hatte er selbst allerdings noch nie gesehen. Bis er gestern im Killertal Schazi begegnete.

Im Dienst der Wissenschaft wurde der kleine Vierbeiner gestern von seinem Besitzer Hans-Peter Girra zum ersten Mal eingefangen. Danach wussten es alle ganz genau: Es ist ein Junge.

Auch die Mutter des kleinen Hybriden wurde eingefangen und vom Professor und der Humangenetikerin Ulrike Mau-Holzmann untersucht. Ihm Blut abzunehmen, erwies sich aber als zu schwierig. Auf Anhieb war keine Vene zu finden, deshalb soll demnächst der Tierarzt anrücken und Schazi, die Mutter und den Vater im Dienst der Wissenschaft zur Ader lassen.

Das Blut will die Tübinger Humangenetikerin dann untersuchen, um sicher sagen zu können, ob es sich um eine Schiege handelt. Maier, mittlerweile im Ruhestand, freut sich: "Diese Schiege könnte der Aufhänger für mich sein, dass ich das endlich mal in Druck gebe", sagt er über seine gesammelten Erkenntnisse. Schiegen seien nämlich äußerst selten. "Genetisch dürfte so etwas eigentlich gar nicht funktionieren", kommentiert Maier. Ziegen und Schafe gehören nämlich unterschiedlichen Rassen und Gattungen an: Schafe haben 54, Ziegen 60 Chromosomen.

"Aber Gattungen sind menschliche Kategorien. Das interessiert doch die Tiere nicht. Wenn der Hormonschub kommt, ist es denen egal, ob sie zur Gattung A oder B gehören", erklärt Maier, wie es zu der ungewöhnlichen Beziehung zwischen dem drei Jahre alten Ziegenbock Flecki und dem Schaf, Einhorn genannt, gekommen sein mag. Üblicherweise würden solche Hybriden vor der Geburt absterben. Um so spannender findet Maier es, dass im Gehege von Hans-Peter Girra in Starzeln noch ein weiteres Schaf trächtig ist, für deren Nachwuchs auch nur der Ziegenbock verantwortlich sein kann.

Mau-Holzmann, Lehrbeauftragte für das Fach Humangenetik an der Universität Tübingen will die Chromosomenzahl der Schiege untersuchen. Nach wissenschaftli- chen Erkenntnissen müssten es 57 sein.