Dokumentarfilm über Proben des Lindenhof-Theaters zu "Ein Dorf im Widerstand" läuft ab Januar in den Kinos
Von Erika Rapthel-Kieser
Mössingen/Stuttgart. "Ich war entsetzt, dass ich das nicht gewusst habe", sagt die 35-Jährige Katharina Thoms. Das hat sich geändert. Die SWR-Journalistin drehte einen Dokumentarfilm über das Lindenhof-Stück "Ein Dorf im Widerstand".
Dass sie einen Film drehen würde war nicht abzusehen, als sie vom SWR den Auftrag erhielt, zum 80. Jahrestag des Mössinger Generalstreiks einen Radiobeitrag zu erstellen. Doch dann begann bei ihr das große Staunen. "Ich habe Geschichte und Politikwissenschaften in Tübingen studiert und konnte nicht begreifen, dass dieses wichtige Ereignis so verschwiegen wurde", erzählt sie. Dabei seien Mössinger bei den ersten in Deutschland gewesen, die sich gegen die Nazis gewehrt hätten.
Als sie vom Projekt des Theaters Lindenhof erfuhr, fragte sie bei Regisseur Philipp Becker nach. Sie wollte die Proben mit der Kamera begleiten und eine Dokumentation erstellen. "Ich will dann aber auch dabei sein, wenn es knirscht", war ihre Bedingung, die eingelöst wurde.
"Wir standen immer mit der Kamera und der Mikrofon-Angel da rum und haben sicher manchmal genervt", erzählt sie. Sie fing frierende Darsteller ein nach acht Stunden Proben in der eiskalten Pausa-Bogenhalle, sie hielt die Minuten der Verzweiflung eines Regisseurs fest, aber auch das Wir-Gefühl der Laien-Darsteller, denen Becker das schier Unmögliche abverlangte.
Andrea Ayen ist eine der zentralen Figuren in dem Film. Ihr Vater war ein Anführer des Streiks, ihr Großvater und ihr Onkel waren dabei. Thoms begleitet Andrea Ayen, wenn sie sich mit Martin Rottach, der in der Inszenierung ihren Vater Paul spielt, auf Spurensuche durch Mössingen begibt. Sie lässt sie von ihrem Wunsch erzählen, dass das Andenken der Widerständlern mehr bewahrt wird.
Die Dokumentarfilmer arbeiteten ohne große Unterstützung, lediglich von der Rosa-Luxemburg-Stiftung gab es einen kleinen Zuschuss. Trotzdem: Thoms bereut keine Sekunde. "Ich musste das einfach machen", sagt sie. In den aufwändigen Proben mit den vielen Darstellern sieht sie Vorgänge des Generalstreiks gespiegelt. "Da fangen eine Menge Leute etwas an, von dem sie überzeugt sind, aber nicht wirklich wissen, was am Ende herauskommt“, erzählt die lebhafte 35-Jährige. Und vielleicht war der Streik auch für sie ein Handlungsvorbild: Etwas zu tun, weil es als eine persönliche Pflicht erscheint, und es durchzuhalten trotz Widrigkeiten und Hindernissen. Der Streifen wird am Jahrestag des Generalstreiks, am 31. Januar 2015, in Mössingen gezeigt. Danach soll er in den Kinos in der Region laufen.