Auch in den Burladinger Physiotherapiepraxen gelten verschärfte Hygienemaßnahmen. Sie sind aber systemrelevant, um das Gesundheitssystem zu unterstützen, und sollen Patienten auffangen. Foto: ©Pixel-Shot_stock.adobe.com Foto: Schwarzwälder Bote

Gesundheit: Physiotherapeutin Saskia Streicher über Probleme ihrer Zunft, Systemrelevanz und Schutzvorkehrungen in den Praxen

Burladingen. Die Coronakrise hat den Physiotherapie-Praxen in Burladingen einen harten Schlag versetzt. Für viele dieser im medizinischen Bereich tätigen Kleinunternehmen ist das existenzgefährdend. Wir sprachen dazu stellvertretend für alle mit Saskia Streicher, die ihre Praxis im Zentrum am Rathausplatz gerade erst dort eingerichtet hat.

Frau Streicher, dürften denn Patienten trotz der Ausgangsbeschränkungen zu Ihnen kommen?

Ja, wir fallen nicht unter die Schließungen, die am Wochenende vom Land erlassen wurden, wir sind wie gewohnt und mit unserem Leistungsangebot für unsere Patienten da.

Warum wird da ein Unterschied zu Friseur- oder Kosmetikbetrieben gemacht?

Wir gelten als systemrelevante Berufsgruppe, denn wir tragen ja dazu bei, dass Menschen, ob alt, jung, chronisch krank oder akut verletzt, auch in der jetzigen Situation durch unsere Therapie ihren Alltag bewerkstelligen können, oder ihr Allgemeinzustand sich nicht verschlechtert und sie mobil bleiben. Somit fangen wir einige Patienten ab, die das Gesundheits-system jetzt zusätzlich belas-ten würden, wenn sie keine Therapie bekämen.

Wieso das denn?

Zum Beispiel sind jetzt viele Rehaeinrichtungen, geschlossen, nicht dringliche Operationen werden verschoben. Für diese Patienten sind wir jetzt die erste Anlaufstelle, um deren Rehabilitation zu gewährleisten. Aber auch diejenigen, die jetzt im Moment unabkömmlich für ihre Arbeitsstelle sind und ihr Arbeitspensum hochgeschraubt haben, zählen zu unseren Patienten.

Aber wie ist die Situation für die Physiotherapiepraxen nun in Burladingen tatsächlich?

Wir haben natürlich sehr viele Absagen unserer Patienten, die Betreuung der Pflege- und Behindertenheime fällt weg, die Terminpläne leeren sich immer mehr, da wenig Rezepte nachkommen. Wir spüren die Unsicherheit der Patienten. Man ist im Zwiespalt, auf der einen Seite hat man Patienten, deren Zustand sich ohne Therapie verschlechtert, sie werden immobil, haben mehr Schmerzen und bauen ab. Auf der anderen Seite sollen einige dieser Patienten im Moment natürlich besser zu Hause bleiben.

Verstehen Sie die Angst der Menschen?

Ja, natürlich, die Unsicherheit und Angst sind deutlich zu spüren und verständlich, wir haben alle Angehörige, deren Gesundheit durch dieses Virus in Gefahr kommen könnte. Wir versuchen daher aufzuklären und zu beraten, auch über das Telefon geben wir Tipps für Übungen oder Maßnahmen, die der Patient zur Überbrückung dieser Zeit machen kann. Das gestaltet sich aber noch sehr schwierig.

Welche Schutzvorrichtungen haben denn die Burladinger Physiotherapeuten für ihre Patienten getroffen, die in die Praxis kommen?

Wir tragen Mundschutz und gegebenenfalls Handschuhe und halten uns an die in dieser speziellen Zeit geltenden Hygienevorschriften. Vom Wartebereich aus versuchen wir jeden Patienten direkt in einen Therapieraum zu bringen, so dass kein Kontakt unter den Patienten entsteht. Desinfektionsmittel steht ebenfalls dort für die Patienten. Wir therapieren niemanden, der krank ist. Selbst ein Schnupfen oder ein Unwohlsein ist im Moment ein absolutes No-Go für eine Therapie. Solchen Leuten sagen wir am Telefon, dass sie besser zu Hause bleiben.

Und wo bekamen Sie die Ausrüstung her, es hieß doch, es gibt nichts mehr?

Wir haben zum Glück noch genügend Desinfektionsmittel, Mundschutz hatten wir noch einen Restbestand, da bekommen wir jetzt noch welche von BeneVit-Chef Kaspar Pfister vermittelt. Bestellungen im Internet sind zurzeit erfolglos, außerdem soll hierbei selbstverständlich das Klinik und Pflegepersonal bevorzugt werden, das hat oberste Priorität.

Wie finden Sie denn das Krisenmanagement auf den verschiedenen politischen Ebenen derzeit?

Im Moment sind die Möglichkeiten begrenzt, um unsere älteren und vorbelasteten Mitbürger vor dem Virus zu schützen. Da hilft nur der Lockdown. Ich bin zuversichtlich, dass unser Gesundheitssystem diesem Sturm standhält und bin froh, dass Deutschland so gut ausgebildetes Personal in der Pflege, dem medizinischen Personal und unter den Ärzten hat. Davon profitieren wir jetzt und das veranlasst die Politik sicher, diese Bereiche danach auch besser zu honorieren.

Na, Ihr Wort in Gottes Ohr. Also gar keine Kritik?

Die unterschiedliche Handhabe der Bundesländer mit der Situation war anfangs schwierig, aber so langsam bekommen die Hilfsangebote Struktur und Firmen sowie Geschäfte sehen einen Lichtblick, wenn man das mit Blick auf die Wirtschaft sagen kann. Da gibt es ja viele Unternehmen und Menschen, die wir alle nachher wieder brauchen.

 Die Fragen stellte Erika Rapthel-Kieser