Filetstück in Killer: Ein Ehepaar aus Mössingen hat das ehemalige Holzhauer-Haus gekauft, liebevoll renoviert und umzäunt. Es will seine Pferde im Offenstall halten und dafür die Scheune nutzen. Foto: Rapthel-Kieser

Großtierhaltung statt Bebauung in Killers Ortsmitte. Nachbarn in Bürgerfragestunde.

Burladingen-Killer - Pferde sind friedlich. Sie kämpfen nicht, sie flüchten. Die Vierbeiner in Killers Ortsmitte sind noch nicht mal da und schon umkämpft. Drei Anlieger hatten sich zur Bürgerfragestunde des Ortschaftsrats eingefunden, einer davon kritisierte den Antrag auf Nutzungsänderung heftig.

Den Antrag hatte ein Mössinger Ehepaar gestellt, das die bisherige Scheune des ehemaligen Holzhauer-Hauses in der Kirchweiler Straße 6 und die rundherum liegenden Grundstücke von rund 3400 Quadratmetern zum Offenstall umfunktionieren will. Rundherum, mitten im Ort unterhalb der Kirche zwischen Kirchweiler- und Hofstätterstraße, liegen noch einige weitere unbebaute Wiesen, teilweise als Obstgärten genutzt, alle in Händen von mehreren Eigentümern. Das ehemalige Holzhauer-Haus mit den großen Grundstücken dahinter hatte zuvor lange im Winterschlaf gelegen.

Wie ein Überbleibsel aus Killers guter alter Zeit

Mit den etwas verwunschen wirkenden Butzenscheiben, dem schiefen Gartentürchen und dem verwilderten Garten wirkte es lange wie ein Überbleibsel aus Killers guter alter Zeit. In der war Großtierhaltung mitten im Dorf und die Misthaufen vor der Tür üblich. Niemand störte sich damals daran.

Jetzt ist das anders. Dass in den Kirchweiler wieder große Vierbeiner einziehen sollen, hat zumindest einen Nachbarn zum schriftlichen Widerspruch veranlasst und die anderen so wach gerüttelt, dass sie, wie sie einräumten, "zum ersten Mal in einer Bürgerfragestunde" waren. Ob mehr als ein Widerspruch gegen das Ansinnen der Neubürger einging, konnte Ortsvorsteher Josef Pfister nicht sagen. "Einer kam bei mir an, den habe ich ans Bauamt weitergeleitet. Es ist aber möglich, dass dort oder im Landratsamt noch weitere Einsprüche liegen."

Einen der Kritiker dem angrenzend an die Flurgrundstücke 119, 120, 121/1 und 125 – um die es in dem Antrag geht – noch ein Wiesle gehört, ließ Pfister in der Bürgerfragestunde ausgiebig zu Wort kommen. Der Mann kritisierte nicht nur die Pferdehaltung, sondern auch, dass eine Genehmigung des Antrags auf Nutzungsänderung dann wohl für alle Zeiten bestehen werde. Also dass aus den "Filetstückchen" in der Ortsmitte niemals mehr Bauerwartungsland oder Bauland werde. Dabei seien die unbebauten grünen Grundstücke zwischen der Hofstätter und der Kirchweiler Straße im Ortskern perfekt zum Wohngebiet geeignet. Das hatte ihm auch das Landratsamt in einer Antwort geschrieben. Die Behörde sprach gar von "Musterfläche" für innerörtliche Entwicklung. Es sagte im Antwortschreib

en aber gleich auch deutlich, warum diese Grundstücke nicht mal mehr im auf den für 50 Jahre fest geschriebenen Flächennutzungsplan als mögliches Bauland aufgeführt werden: Mehrere Versuche die Grundstücksbesitzer an einen Tisch zu bringen und zu einem Verkauf an die Stadt zu bewegen, scheiterten. Burladingen hätte das Gelände dann erschlossen und die Bauplätze verkauft.

Ortsvorsteher Josef Pfister selber hatte im Abstand von Jahrzehnten zwei solcher Versuche unternommen und redete sich über das Thema fast in Rage. "Heute wären sie vielleicht froh, sie hätten verkauft", kommentierte er das Verhalten der Wiesle-Besitzer.

Die Halde in Killer sei ein Beispiel dafür, wie es laufen könne, wenn die Stadt nicht aufkauft, erschließt und es keinen Bauzwang gebe. Dort gebe es noch rund zwanzig erschlossene Bauplätze, die von Generation zu Generation weitervererbt werden, während auf der anderen Seite viele Killermer Kinder wegziehen und auswärts bauen müssen, weil sie im Ort keinen Bauplatz bekommen. "Da sind wir in Killer extrem gebrannt", stellte er klar. Aber: "Wir können niemanden zwangsenteignen."

Und das Ansinnen der Noch-Mössinger abzulehnen, so beschied der Rathauschef seinem rege diskutierenden Ortschaftsrat, ginge sowieso nicht. Für dieses Gebiet gäbe es keinen Bebauungsplan, es sei ein landwirtschaftliches Anwesen und Großtierhaltung damit sowieso erlaubt. Den Antrag auf Nutzungsänderung abzulehnen ginge auch deshalb nicht, weil schon die Bauvoranfrage vom Ortschaftsrat positiv entschieden worden sei. Rechtlich ginge es auch gar nicht anders. Die Nutzungsänderung sei jetzt reine Formsache. "Wenn wir eine Nutzungsänderung ablehnen, halten die neuen Besitzer die Pferde halt im Stall statt in der Scheune", kommentierte eine Rätin und auch der Ortsvorsteher stellte klar, dass die Noch-Mössinger mit ihrem Grundstück machen könnten, was sie wollten.

"Wenn wir keine andere Nutzung und kein anderes Konzept für die Grundstücke haben, können wir auch nicht ablehnen", betonte der Ortschaftsrat Josef Kästle. Die Nutzungsänderung wurde einstimmig genehmigt.

Kommentar

Schöner Mist

von Erika Rapthel-Kieser

Pferdeäpfel im Ortskern von Killer werden wohl nicht das Problem werden. Die neuen Eigner haben nicht nur die Sanierung des Gebäudes, sondern auch ihren modernen Offenstall mit befestigter Fläche, Weiden und abdeckbarem Container für die Hinterlassenschaften gut durchdacht. Die Pläne, die da rumgereicht wurden, rangen den Räten Respekt ab. "Schöner Mist" mag sich jetzt aber so mancher in Killer denken, dessen Vorfahren oder der auch selber sich an seiner Scholle festklammerte. So lang, bis sie nur noch zur Verpachtung als Pferdeweide taugt.

Da hat sich mancher wohl verspekuliert. Leere Bauplätze als Wertanlage nützen niemandem, sondern können der Entwicklung eines Teilorts sogar schaden. Und sie führen die Bemühungen, Einwohner im ländlichen Raum zu halten, ad absurdum. Jetzt wird Killer eben mit einem Postkartenmotiv belohnt: Weiden und glückliche Tiere mitten im Ort, direkt unterm Kirchturm.

Info

Offenstallhaltung

Die Offenstallhaltung gilt unter Pferdeleuten als fortschrittlich und artgerechter. Die Herdentiere werden nicht in einer Box gehalten, wo sie in ihrer Bewegung eingeschränkt sind, wenig Kontakt zum Artgenossen haben, und oft verhaltensauffällig werden, sondern sie können sich innen und außen frei bewegen. Offenstall-Pferde gelten als gesünder und leistungsfähiger als Boxenpferde. Sie arbeiten besser mit, sind zufriedener und ausgeglichener. Sie bekommen ein dickeres Winterfell, die Pflege wird dadurch aufwendiger, es entfällt aber meist das "Eindecken".