Wenn Harry Ebert zum 31. Mai endgültig seinen Hut genommen hat, übernimmt Burladingens Erster Beigeordneter und Kämmerer Berthold Wiesner als Wahlausschuss-vorsitzender. Foto: Rapthel-Kieser

Innenministerium verlangt Sicherheit. Berthold Wiesner wird Vorsitzender des Wahlausschusses. Mit Kommentar

Burladingen - Die auf Sonntag, 10. Mai, terminierte Bürgermeisterwahl in Burladingen hat der Wahlausschuss abgesagt. Das führte zu einigen Spekulationen. Auf Anfrage des Schwarzwälder Boten stellt das Landratsamt klar: Der noch amtierende Stadtchef Harry Ebert geht endgültig am 31. Mai. Seine Amtszeit geht nicht in die Verlängerung.

Tatsächlich hätte es, wäre dieser Wahltermin nicht abgesagt worden, zu kuriosen Szenen kommen können. Denn, so will es das Kommunalrecht in Baden-Württemberg, kandidiert ein Bürgermeister, so wie Harry Ebert, nicht mehr, weil er seine Entlassung eingereicht hat, ist er während seiner Amtszeit automatisch der Vorsitzende des Wahlausschusses. Mit allen Kompetenzen, die das Kommunalrecht ihm gibt.

Außer dem Vorsitzenden Ebert gehörten dem Burladinger Bürgermeister-Wahlausschuss bis dato die Gemeinderäte Claudia Dehmer (CDU), Johannes Leibold (Freie Wähler), Manfred Knobloch (Grüne/Bündnis 90) und für die AfD Mike Dehmer an. Zu ihren Stellvertretern wählte der Gemeinderat in der Sitzung am 13. Februar seinerzeit Armin Diebold, Alexander Schülzle, Bernhard Hurm und Andreas Scheu.

Ebert hätte als Vorsitzender aber weitreichende Kompetenzen gehabt, unter anderem diese: "Die Bewerber haben zusätzlich gegenüber dem Vorsitzenden des Gemeindewahlausschusses an Eides statt zu versichern, dass sie nicht nach § 46 Absatz 2 der Gemeindeordnung von der Wählbarkeit ausgeschlossen sind. § 8 Absatz 2 Sätze 1 und 3 bis 5 sind entsprechend anzuwenden", so heißt es im Kommunalwahlgesetz des Landes.

Da hätte also ein Harry Ebert, dem Gemeinderäte unverhohlen in öffentlicher Sitzung vorwarfen, gegen seinen Amtseid verstoßen zu haben, seinem möglichen Nachfolger oder einer Nachfolgerin die eidesstattliche Erklärung abnehmen müssen, dass rechtlich nichts gegen sie vorliegt, was gegen eine Kandidatur spräche. Oder, wie es das Kommunalrecht über nicht wählbare Bürger formuliert: "Die vom Wahlrecht ausgeschlossen sind (§ 14 Absatz 2), oder die infolge Richterspruchs in der Bundesrepublik Deutschland die Wählbarkeit oder die Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter nicht besitzen."

Coronavirus hat jetzt alle Pläne auf den Kopf gest ellt

A uch wäre es Harry Ebert vor allen anderen als Vorsitzender des Wahlausschusses gewesen, der die Unterstützungsunterschriften, die jeder Kandidat braucht, in Burladingen sind das aufgrund der Einwohnerzahl 50, hätte prüfen müssen. Er hätte, zusammen mit dem Gemeindewahlausschuss, eine Bewerbung zurückweisen können, wenn die Form oder Frist nicht gewahrt worden wäre.

Man stelle sich diese Gemengelage am Wahlausschusstisch vor. Besonders pikant, nach Eberts jüngsten Statements im Amtsblatt, zu denen keine der Fraktionen auch nur ein Sterbenswörtchen sagen wollte. Denn da hatte sich der scheidende Bürgermeister nicht nur als üblicher Rechtsausleger, sondern auch als Ausleger des Rechts, speziell des Kommunalrechts, gebärdet.

Was da auf die Vertreter der lokalen Presse zugekommen wäre, die Ebert, seit 1999 im Amt und eigentlich noch bis 2023 gewählt, ja bis zuletzt auf die Schulbank gesetzt und denen er vernünftige Auskünfte trotz Verweis des Landratsamtes stets verweigert hat – der neugierige Leser, der am Tag nach der Wahl nach Informationen giert, kann es sich vorstellen.

Im Kommunalwahlrecht wird bestimmt: "Die zugelassenen Bewerbungen sind vom Bürgermeister spätestens am dem 15. Tag, für die Neuwahl nach § 45 Absatz 2 der Gemeindeordnung spätestens am achten Tag vor dem Wahltag öffentlich bekannt zu machen." Und Harry Ebert als Wahlausschussvorsitzender hätte am Wahlabend auch das Wahlergebnis offiziell bekannt geben müssen. Wann und wie und in welcher Form gegenüber den Medienvertretern – er hätte vieles in der Hand gehabt.

Jetzt aber hat ein Virus alles verändert. Das Innenministerium von Baden-Württemberg wollte den Städten und Kommunen, was anstehende Wahlen und Bürgerentscheide in der Corona-Krise angeht, zwar "so viel Selbstverwaltung wie möglich" lassen. Aber die Stuttgarter Behörde stellte eindeutig klar: "Es gibt eine klare Richtschnur: Der Infektionsschutz geht im Zweifel immer vor."

Der Gemeinderat muss jetzt einen neuen Wahlausschuss bilden

Al so sagte Ebert zusammen mit seinem Wahlausschuss, jetzt auch im jüngsten Amtsblatt, die Wahl ab.

Und das ist der, auch formaljuristisch, springende Punkt. Die Wahl wurde nicht verschoben. Sie ist abgesagt. Der Wahlausschuss löst sich auf, der Gemeinderat muss zusammen kommen, einen neuen Wahlausschuss bilden und neue Termine vorgeben. Solange der Virus wütet, erst mal unmöglich.

Hätte der Wahlauschuss den für den 10. Mai anberaumten Termin einfach auf unbestimmte Zeit nur verschoben, Ebert hätte womöglich als per Kommunalrecht eingesetzter Vorsitzender auf sein Recht als dieser Vorsitzender auch nach dem Ende seiner Amtszeit beharren können.

Das geht jetzt jedoch nicht mehr. Das Landratsamt stellte auch auf Anfrage unserer Zeitung nach dem Dienstende Harry Eberts eindeutig klar: "Das Dienstverhältnis endet, wie beantragt, am 31. Mai 2020."

Und das Landratsamt gibt auch noch gleich vor, wer der nächste Vorsitzende des Wahlausschusses laut Satzung sein muss. "Der Beigeordnete ist der Vertreter des Bürgermeisters (siehe § 49 der Gemeindeordnung für Baden-Württemberg)". Na dann mal ran, Herr Berthold Wiesner.

Kommentar: Sauberer Schnitt

Von Erika Rapthel-Kieser

Das Corona-Virus verlangt von allen, schwere Einschnitte hinzunehmen. In persönliche Freiheiten, liebgewordene Gewohnheiten, in den Geldbeutel und auch die Bürgerrechte. Jetzt hat die um sich greifende Pandemie aber für einen sauberen Schnitt im Burladinger Rathaus gesorgt. Dort hatte sich der Stadtchef seine letzten Amtsmonate anders vorgestellt. Wollte in offizieller Position das Amt übergeben, wollte im Mai auf dem Marktplatz noch "ne große Hockete" machen. Alles Makulatur. Die Bürgermeisterwahl abzusagen, bei der er als Wahlausschussvorsitzender agiert hätte, das mag da der letzte Dienst gewesen sein, den Bürgermeister Harry Ebert seiner Stadt und seinem Gemeinderat nun erwies. Denn damit hat er das Ende seiner Amtszeit endgültig festgelegt. Schade nur, dass es dazu einer solchen Katastrophe bedurfte.