Lindenhoftips V: Regisseur Biermeier empfiehlt die Krimis vom Autor der TV-Erfolgsserie "Babylon Berlin", Volker Kutscher

Burladingen-Melchingen (eri). Wenn sich der in Passau, in Niederbayern, geborene Gast-Regisseur Christoph Biermeier für das Theater Lindenhof in Melchingen eines Stückes annimmt, dann wird es immer spannend. Denn der 56-jährige inszeniert so vielseitig und tiefgründig wie es sein Werdegang wohl erahnen lässt.

Schon während seiner Studienzeit gründete er eine Freie Theatergruppe, war jahrelang Intendant der Freilichtspiele in Schwäbisch Hall, hatte Lehraufträge an der TU in Berlin und der Akademie für Darstellende Kunst in Ludwigsburg. Von 2004 bis 2016 war er Intendant der zweitältesten Festspiele Deutschlands, den Freilichtspielen Schwäbisch Hall. Seine Inszenierungen, mit denen er "vergessene Theaterformen neu beleben" will, wie er selber sagt, wurden vielfach ausgezeichnet. Von 1994 an arbeitete er als freier Regisseur, unter anderem am Bayerischen Staatsschauspiel München, dem Nationaltheater Mannheim, dem Staatstheater Braunschweig, dem Theater Osnabrück, den Städtischen Bühnen Freiburg, dem Staatstheater Kassel, dem Landestheater Salzburg, den Ruhrfestspielen Recklinghausen und dem Lindenhof. Als Regisseur ist er in vielen Bereichen tätig. Er inszeniert im Bereich Schauspiel, Oper und Operette und Musical. Seine Inszenierungen gewannen vielfach Preise und wurden als Gastspiele im In- und Ausland gezeigt.

Jüngstes Werk: "der herzlfresser"

Für den Lindenhof hat er unter anderem die "Stubenoper" des bayerischen Arztes und Komikers Ringsgwandl ebenso fulminant in Szene gesetzt, wie die mittlerweile legendäre Winterreise unter tiefblauem Himmel und auf vereisten Wegen auf dem Himmelberg. Mit "Georg Elser – Allein gegen Hitler" nahm er sich in Melchingen eines Stückes Widerstandsgeschichte an. Um Widerstand ging es auch im englischen Stück "Brassed Off – mit Pauken und Trompeten" das das Aufbegehren der Minenarbeiter gegen die knallharte Margaret Thatcher thematisierte und bei den Ruhrfestspielen im Pott, zu denen die Lindenhöfler vor zwei Jahren eingeladen waren, minutenlang von einem stehenden Publikum beklatscht wurde.

Christoph Biermeiers jüngstes Regie-Werk auf der Schwäbischen Alb, "der herzlfresser" hatte Ende Februar noch Premiere, dann platzten die meisten der vorgesehenen Termine wegen der Corona-Regeln. Seitdem ist alles abgesagt, sind die Schauspieler in Kurzarbeit, die Intendanten ringen mit der Krise und um neue Konzepte und auch Christoph Biermeier hat, wie er ironisch schreibt "eh nix zu tun" und empfiehlt unseren Lesern etwas, zu dem er als Regisseur eine ganz besondere Beziehung hat. Schließlich ist er der Regisseur einer vielbeachteten und vom Publikum umjubelten Revue über die 20er-Jahre im Admiralspalast in Berlin die von der Presse umjubelt noch einmal durch viele deutsche Städte touren soll. Es geht also um die "roaring twenties" und Biermeier schreibt: "Die 20er Jahre des letzten Jahrhunderts sind "in" – keine Frage! Viel beigetragen zu der Popularität der "roaring twenties" hat sicherlich die TV-Serie "Babylon Berlin". Die Vorlage dazu hat Volker Kutscher mit seinen Krimis um den Kriminalkommissar Gereon Rath geliefert. Mittlerweile hat er sieben davon geschrieben und sie sind allesamt spannend und klug und vor allem sind sie sehr genau recherchiert.

Diese Krimis zeigen uns ein ungeschminktes Bild des Lebens in Berlin vor hundert Jahren. Sie führen uns in eine Welt, in der alles möglich ist – im Guten wie im schlechten. Es ist der berühmte Tanz auf dem Vulkan. Es ist aber auch eine Zeit der gesellschaftlichen Umschwünge, der Revolutionen, der Polarisierungen und des Verbrechens. Volker Kutscher gelingt es, diese Zeit virtuos einzufangen. Er trifft den Ton und uns Leser mitten ins Herz. Aber es gelingt ihm noch mehr: er zeigt, dass die 20er-Jahre des letzten Jahrhunderts nicht so weit weg sind von den 20er-Jahren unseres Jahrhunderts. Wir wissen, wie die goldenen 20er-Jahre endeten. Und – so vermittelt es uns Kutscher eindringlich – wir sollten wachsam sein!"

Dem Lindenhof wünscht einer seiner beliebtesten Gast-Regisseure "viele soliabos und ein gesundes durchkommen durch diese seltsame zeit".