"Wild ist schmackhaft und ein wertvolles Fleisch, zudem aus der Region": Walter Greff. Foto: Schwarzwälder Bote

Interview: Kreisjägermeister Greff über marodierende Rotten, schneearme Winter und neue Jagdmethoden

Burladingen. Wildschweine, so würde der Schwabe sagen, benehmen sich auf Feldern, Wiesen und neuerdings sogar auf Sportplätzen, wie die Sau. Dem Fußballfeld und der Trainingsstätte des TV Hausen haben sie bitter zugesetzt. Die Population von Schwarzwild ist in den vergangenen Jahren angewachsen, die Jäger versuchen, den Bestand zu dezimieren. Wir sprachen dazu mit dem Vorsitzenden der Kreisjägervereinigung Hechingen, Kreisjägermeister Walter Greff.

Herr Greff, was suchen Schwarzkittel eigentlich, wenn sie auf Wiesen und Feldern das Unterste zu Oberst pflügen?

Das ist jahreszeitlich etwas unterschiedlich. Im Winterhalbjahr ist es hauptsächlich tierisches Eiweiß in Form von Insektenlarven, Würmern und Engerlingen was die Sauen suchen, in den Sommermonaten sind es auch verschiedene Pflanzenwurzeln, die ausgegraben werden. Dabei sind natürlich extensiv bewirtschaftete Flächen besonders interessant, da dort die Artenvielfalt und das Bodenleben am intensivsten sind.

Warum sind es so viel mehr Wildschweine in unseren Wäldern als noch vor Jahrzehnten?

Dafür gibt es gleich mehrere Gründe. Ein Hauptgrund sind die milden Winter ohne starken Frost und Schneelage, die es den Sauen ermöglichen ohne große Verluste über den Winter zu kommen. Gleichzeitig fruchten die Waldbäume seit Jahrzehnten viel öfters und bringen fast jedes Jahr eine üppige Bucheckern- und Eichelmast, was die Kondition der Rotten enorm verbessert. Nicht zuletzt trägt auch der zunehmende Maisanbau in der Landwirtschaft einen großen Anteil an der Vermehrungsfreudigkeit der Schwarzkittel. Im Prinzip besteht für die Sauen dadurch fast das ganze Jahr ein früher nie dagewesenes Fraßangebot.

Stimmt es, dass manche Bachen deshalb zweimal pro Jahr Junge haben?

In der Tat stellen wir immer öfters fest, dass einzelne Bachen nach starker Mast, wie im Vorjahr ein zweites Mal Frischlinge bekommen, was dann einer Vermehrungsrate von über 300 Prozent in nur einem Jahr bewirken kann. Das bedeutet, dass aus einem Frühjahrsbestand von 50 Sauen bis zum Herbst zirka 200 werden können.

Was können Jäger tun, um das Problem in den Griff zu kriegen?

Allein mit der bisher hauptsächlich ausgeübten Ansitzjagd an der Kirrung, kann der enorme Zuwachs nicht mehr abgeschöpft werden. Das heißt, es müssen zusätzliche Jagdarten angewendet werden, um mehr Stücke zu erlegen. Dazu bieten sich in erster Linie Drückjagden an, bei denen die Sauen aktiv in ihren Tageseinständen aufgesucht werden, wo sie aus den Dickungen mit Hunden und Treibern ›gedrückt‹ werden. Auch wird zur Zeit über die Zulassung weiterer Hilfsmittel in Form von Zielhilfen zur Nachtjagd diskutiert, da die Probleme von Jahr zu Jahr größer werden.

Was macht es den Jägern schwerer, die Schwarzkittel zu erwischen?

Fehlender Schnee, was die Jagd enorm erschwert und dem Jäger die Möglichkeit zum ›Kreisen‹ nimmt, starke Bewölkung in der Mondphase, was die Sicht bei Mondlicht verhindert, sowie starke Mastjahre, die den Sauen den Anreiz nehmen an die Kirrung zu kommen. Und nicht zuletzt die hohe Intelligenz des Schwarzwildes, das sich auf jede neue Situation sehr rasch einstellt und sehr schnell dazu lernt.

Wird es künftig öfter revierübergreifende Drückjagden geben, nachdem die im Killertal so erfolgreich war?

Es wäre durchaus mein Wunsch, dass der Erfolg der letzten revierübergreifenden Jagd über insgesamt fünf Reviere Schule macht und mehr Nachahmer findet. Es erfordert zwar eine sehr hohe logistische Arbeit und eine aufwändige Planung um allen Belangen des Tierschutzes und der Sicherheit gerecht zu werden, aber die Chancen auf Erfolg sind wesentlich größer, als bei kleinflächigen Drückjagden, da das Schwarzwild einen größeren Aktionsradius hat, als die zumeist kleinflächigen Reviere. Wir werden nicht umhin kommen, diese Jagdart in Zukunft verstärkt anwenden zu müssen.

Und augenzwinkernd gefragt: Hilft es, wenn wir alle mehr Wildbret essen?

Natürlich, ganz im Ernst. Wild ist schmackhaft und ein wertvolles Fleisch, zudem aus der Region. Feinschmecker können also dazu beitragen, der Natur und der Ausgewogenheit unserer Wildbestände einen großen Dienst zu erweisen.

  Die Fragen stellte Erika Rapthel-Kieser.

Unter Kirrung versteht der Jäger eine Lockfütterung. Es ist ein Platz, an dem Getreide, Mais oder andere nichtfleischliche Stoffen wie Eier und Käse ausgelegt und von Schwarzwild als Nahrung gesucht werden. Von einem nahegelegenen Hochsitz kann dann das Wild beobachtet, gezählt und auch erlegt werden. Als Kreisen bezeichnet der Waidmann bei frisch gefallenem Schnee einen Wald zu umgehen und nach den Fährten und Spuren des Wildes zu suchen, um die Unterschlupfe zu finden.