Silvia Entress steht in der Kritik Foto: Archiv Foto: Schwarzwälder Bote

Querelen: Bei der Harmonie Gauselfingen wirft der gesamte Vorstand das Handtuch

Die Harmonie ist dahin. Im Gesangverein Gauselfingen hat es eine Austrittswelle gegeben. Sieben Mitglieder, quasi der ganze Vorstand, traten zurück. Jetzt verbleiben dem Verein nur noch neun aktive Sänger.

Burladingen-Gauselfingen. "Küss mich, halt mich, lieb mich" nach Karel Svoboda hatten die Chormitglieder bei ihrem gemeinsamen Konzert mit dem Musikverein am dritten Advent in der Peter-und-Paul-Kirche noch auf der Bühne gemeinsam gesungen. Danach waren viele von ihnen aber nicht mehr zu halten.

Auch Chorleiter Michael Eisele will nicht mehr

Sie offenbarten dem Dirigenten Michael Eisele, dass sie nicht weitermachen wollen. Dies bestätigt der 32-Jährige auf Anfrage des Schwarzwälder Boten. Er habe danach ebenfalls keinen Sinn mehr gesehen, am Pult des solchermaßen ausgebluteten Vereins, zu stehen, sich entschlossen, sein Amt niederzulegen, erzählt Eisele. Nach der darauffolgenden Probe habe er seinen Sängern das auch mitgeteilt, war bei der Weihnachtsfeier des Vereins schon nicht mehr dabei, weil das "unehrlich gewesen wäre", wie er sagt. Offiziell war er damit allerdings der erste, der seinen Rücktritt öffentlich machte.

"So etwas ist immer unschön", kommentiert Eisele die Vorgänge, räumt aber ein, dass der Streit im Vorstand und unter den Mitgliedern schon länger schwelte. Schon öfter habe er bei Sitzungen und Treffen des Vereins gesagt, dass es so nicht weiter gehen könne. Im Mittelpunkt der Kritik steht die Vorsitzende Silvia Entress, seit fünf Jahren – zusammen mit Martina Fink-Morgenstern – Vorsitzende und an der Spitze des Vereins, zu dem sich bis vor kurzem noch 17 aktive Sänger zählten.

Aber: "Mit ihrem stark dominanten Führungsstil kam ich schon längere Zeit nicht mehr klar. Deshalb wurde für mich eine Zusammenarbeit zunehmend schwerer, und aus diesem Grund musste ich diese Entscheidung treffen", sagt eins der ehemaligen Vorstandsmitglieder. Ein anderer beklagt: "Die Vorstandschaft wurde in Entscheidungen nicht einbezogen und über Sachverhalte nicht informiert."

Dabei hat Entress durchaus politische Ambitionen, will bei den Kommunalwahlen als Ortschaftsrätin kandidieren und Rudi Kanz als Ortsvorsteher beerben (wir berichteten). Eisele, auch stellvertretender Ortsvorsteher und seit Jahren im Ortschaftsrat, hat ebenfalls sein Interesse bekundet, das Gauselfinger Rathaus zu übernehmen. Allerdings betont er, dass die Auseinandersetzungen im Gesangverein Harmonie nichts mit dieser Situation zu tun haben und kein Politikum seien.

Im Gegenteil: "Ich bin jetzt 32 Jahre alt, kam mit 16 zur Harmonie und habe da mein halbes Leben verbracht. Es ist wirklich sehr schade, und es tut mir sehr leid um den Chor, denn wir haben in den vergangenen Jahren viele musikalische Höhepunkte gemeinsam erreicht", streicht der ehemalige Chorleiter heraus.

"Kalt erwischt", hat die Rücktrittswelle Silvia Entress, wie sie sagt. "Weder ich noch Martina Fink-Morgenstern sind im Vorfeld auf Verfehlungen angesprochen worden. Wer mich kennt, weiß, dass ich versuche, auf Kritik zu reagieren und es dann besser zu machen", rechtfertigt sie sich. Im Gegenteil, nachdem im Vorstand der Wunsch geäußert wurde, dass über die gemeinsamen Sitzungen mit dem Musikverein besser informiert wird, habe sie das Punkt für Punkt protokolliert und weitergegeben.

Und Entress wundert sich vor allem über eins: Nach den Sommerferien, also bereits im September, hatten sowohl sie als auch Martina Fink-Morgenstern den Mitgliedern der Harmonie mitgeteilt, dass sie in der nächsten Hauptversammlung nicht mehr als Vorsitzende zur Verfügung stehen. Das Führungsduo war also ohnehin auf dem Absprung. "Ich will bei der Kommunalwahl kandidieren, da kommt ein Haufen Arbeit auf mich zu und ich habe dann kaum noch Zeit", begründet Entress ihre Entscheidung. Trotzdem, sie will dafür sorgen, dass es weitergeht mit der Harmonie in Gauselfingen, ist schon auf der Suche nach einem neuen Chorleiter und anderen Sängern und hat wie sie sagt, auch schon Kontakt zum Chorverband aufgenommen, um die Situation zu beraten.

Auch Eisele blickt nach vorn. Schließlich steht der Musiker und Kantorist noch bei anderen Chören am Pult, dirigiert die Sänger in Stetten und den Burladinger Kirchenchor. "Denen kann ich jetzt vielleicht mehr Zeit widmen."