Das Reinigen des Felsgesteins war eine mühselige und langwierige Arbeit. Die sechs Burladinger Wehrleute in einer Pause vor ihrem Fahrzeug, das an die ölverseuchte Küste transportiert wurde. Gastfreundlichkeit und leckeres Essen für die Helfer aus Deutschland. Fotos: Archiv Eule Foto: Schwarzwälder Bote

Öltanker-Havarie: Als die "Amaco Cadiz" die Bretagne verseuchte, bewiesen die Fehlastädter was Freundschaft unter Nachbarn ist

Als der Öl-Frachter "Wakashio" unlängst vor Mauritius havarierte, kamen bei so manchen alten Feuerwehrleuten in Burladingen die Erinnerungen hoch. Vor 42 Jahren schrubbten sie einen Strand in der Bretagne sauber.

Burladingen. Als am 17. März 1978 der Supertanker "Amaco Cadiz" nahe der französischen Hafenstadt Brest Schiffbruch erlitt, auseinanderbrach und seine gesamte Ladung von 230 000 Tonnen Öl verlor, hielt die Welt den Atem an.

In der Bretagne wurden 350 Kilometer Strand verseucht, 15 000 Seevögel verendeten, der wirtschaftliche Schaden wurde auf 230 Millionen Mark geschätzt. Auf der Grundlage des deutsch-französischen Katastrophenhilfe-Abkommens bot die deutsche Feuerwehr dem französischen Innenministerium ihre Unterstützung an.

Insgesamt 380 Feuerwehrleute und das Technische Hilfswerk aus Regionen ganz Deutschlands wurden an 27. Mai 1978 nach Frankreich mit ihren Fahrzeugen in Marsch gesetzt. Mit dabei: Sechs Kameraden der Feuerwehr Burladingen mit ihrem ZB-Tanklöschfahrzeug TLF 16/25. Im Einsatz waren Zugführer Hans Acker, Manfred Pfister, Gerd Pfister, Alwin Mauz, Berthold Maier und Hans-Peter Müller die zwei Wochen lang in mühsamer Kleinarbeit halfen, den Strand zu reinigen. Einer davon hat seine Eindrücke niedergeschrieben und in zwei Fotoalben der Feuerwehr Burladingen hinterlassen.

Fahrzeug geht in Stuttgart auf die Schiene

S chwarz und leblos sei der Strand gewesen, fast mit einer Mondlandschaft zu vergleichen, das Öl war überall. Selbst an scheinbar sauberen Stellen erkannten die Wehrleute beim Betreten: "Wir stehen auf schmierigem Untergrund". Mehr als 230 000 Tonnen Öl hatten sich auf der bretonischen Küste ausgebreitet, standen teilweise bis zu 80 Zentimeter hoch an den sonst sehr reizvollen Stränden.

Nachdem ihr Fahrzeug bereits am Freitag in Stuttgart auf die Schiene verladen war, fuhren die sechs Feuerwehrmänner mit dem Zug am Samstagmorgen nach Saarbrücken, dem zentralen Treffpunkt, und kamen am Sonntagabend im Hafen von Brest an.

In Auszügen aus den niedergeschriebenen Erinnerungen des Burladinger Chronisten der Feuerwehr heißt es unter anderem: "Eine kurze Begrüßung und gegen 22 Uhr setzten sich endlich die in drei Abschnitte unterteilten Kolonnen in Bewegung. Nach etwa einer Stunde erreichten wir, das waren 48 Mann aus Fulda, Wetzlar, Kassel, Hanau, Königsbrunn, Wendlingen, Konstanz, Winterlingen, Stuttgart und Burladingen unser Einsatzgebiet.

Der Ort, in dem wir untergebracht waren, hieß Ploudalmezeau und war 27 Kilometer von Brest entfernt. Dort wurden wir in der dortigen Schule und einem Familienheim einquartiert. Am folgenden Tag ging es im Geleit mit Militärfahrzeugen an unsere Einsatzstelle, eine halbe Stunde entfernt und in Sichtweite zur havarierten "Amaco Cadiz.

Zum ersten Mal sahen wir das Meer und die Strände. Alles war schwarz und leblos, das Reinigen der Küste sollte mit den Dampfstrahlgeräten vorgenommen werden, ein Nachspülen der abgedampften Felsen mit Wasserrohren der Feuerwehr. Nachdem alle Gerätschaften aufgebaut waren, begannen wir damit. Eine mühselige Arbeit, gegen Abend waren nur wenige Quadratmeter gesäubert, das entfernte Öl sammelte sich in Lachen zwischen den Felsen und musste in Richtung Meer gespritzt werden.

Da wir nur bei Ebbe arbeiteten, um das Öl auffangen zu können, blieben wir in der ersten Woche bis 22 Uhr an der Einsatzstelle. In den folgenden Tagen ging es dann um 5.45 aus den Betten, um den Tag voll ausnützen zu können. Immer wieder änderten wir unser Vorgehen um möglichst effektiv zu arbeiten.

Die Arbeit mit einem B-Rohr in einem solch unwegsamen Gelände erforderte hohe körperliche Anstrengung von allen Helfern. Die Ergebnisse blieben unbefriedigend weshalb bald der Wunsch nach chemischen Lösungsmitteln aufkam. Dies wurde vom Bürgermeister des Ortes zunächst abgelehnt, da er noch größere Schäden befürchtete. Trotz der anstrengenden Arbeit herrschte immer eine sehr gute Stimmung in unserer Truppe.

In der zweiten Woche wurde die Arbeit wesentlich erleichtert, da der Bürgermeister endlich seine Einwilligung zum Einsatz von Lösungsmitteln gab. Über den Einsatz dieser Mittel kann man geteilter Meinung sein, jedoch ließ sich damit der Teer von den Felsen wesentlich besser abdampfen und die Arbeiten gingen zügig voran. Mitte der Woche wurden wir zu einem Diavortrag über die ersten Tage der Katastrophe eingeladen. Erst dadurch konnten wir einen Eindruck von den bisher geleisteten Arbeiten gewinnen und feststellen, dass das Gröbste schon geschafft war.

Liebenswürdigkeit und Gastfreundschaft

A m Donnerstag gab die Feuerwehr von Ploudalmezeau einen Empfang bei dem wir recht herzlich begrüßt wurden. Wie in den ganzen 14 Tagen unseres Aufenthaltes war auch das kameradschaftliche Verhalten der Bevölkerung uns gegenüber sehr auffallend. Diese Liebenswürdigkeit und Gastfreundschaft der Bretonen war für uns alle das eindrucksvollste Erlebnis dieser Reise überhaupt. Die Passanten winkten uns freundlich zu und zahlreiche Freundschaften wurden geschlossen, obgleich es große Sprachschwierigkeiten gab.

Am Freitag kam dann der letzte Arbeitstag. Wir reinigten eine größere Fläche von Steinen und säuberten anschließend unsere Geräte und Fahrzeuge. Ein letzter Blick von den Dünen auf unsere Einsatzstelle zeigte uns eine Farbveränderung vom öligen Schwarz in ein normales Steingrau. Wir hatten etwa drei Viertel der zu säubernden Fläche gereinigt. Am Freitagabend wurden wir in der Turnhalle durch eine Folkloregruppe, einen Dudelsackpfeifer, einen Stimmenimitator und jede Menge Ansprachen voll des Lobes von französischer Seite verabschiedet.

Am Samstag wurde unser TLF 16 in Brest wieder auf den Zug verladen und nach dem Essen bestiegen wir zum letzten Mal die Armeelaster, die uns in gewohnt ruckeliger Art nach Brest brachten wo wir den Zug zur Heimreise bestiegen."

Alle sechs Burladinger Feuerwehrleute trafen gesund wieder in Burladingen ein und wie könnte es anders sein, wurden im damaligen Stammlokal der Wehr im "Engel" gebührend empfangen.