Fand im Archiv einiges für die Fasnet in den 30er- und 50er-Jahren, Helmut Unmuth. Die Fotos des Straßenumzugs in Ringingen entstanden wohl um 1930, denn im Jahr 1933 kaufte die Post das Grundstück in der Hauptstraße, erstellte darauf ihr Gebäude und weihte es 1934 ein. Foto: Mühlhansel/Rapthel-Kieser Foto: Schwarzwälder Bote

Brauchtum: Helmut Unmuth übers Walfischstehlen, Haberbetteln und noch vieles mehr

Die Narren in der Region waren schon vor Jahrzehnten für manchen derben Spaß zu haben, sie trotzten der Obrigkeit und glossierten das Ortsgeschehen. Für den Schwarzwälder Boten hat der Ringinger Hobby-Historiker Helmut Unmuth in seinem Archiv gestöbert.

Burladingen-Ringingen. "Erst als es den Menschen nach dem Zweiten Weltkrieg in den fünfziger Jahren wieder besser ging, kehrte auch der Frohsinn zurück, und die Fasnet wurde wieder fester Bestandteil", gibt Unmuth zu bedenken. In Burladingen erschien die Fasnetszeitung der "Nautle", die sich an alle Zünfte rund um Burladingen wandte und, so Unmuth, "nicht zimperlich" mit ihrer Berichterstattung war. Lange Zeit bevor aus Burladingen eine Stadt wurde, und auch längst vor der Gemeindereform, hatten die Nautle einen Narrenpräsidenten, "den Lehrer Kajetan Sauter, der hat schon in dieser Zeit gesamtstädtisch gedacht", sagt Unmuth lachend, wenn er die gemeinsamen Züge und Scherze der Zünfte Revue passieren lässt.

Involviert waren außer den Nautle die Käsapostel, die Schneidstuhlreiter, die Golle, Walfischstehler, Kleinberliner, Rauchkatzen, Spältlesgucker, Schnägäger, Reinhardshausener, Matzenbacher und Blechle. Die Käsapostel, das waren die Junginger, in deren Ortschaft Käse hergestellt wurde, Golle nannte man früher die Ringinger, und die Wahlfischstehler waren die Salmendinger, die den Melchingern einmal von ihrem Umzugswagen einen stattlichen Walfisch entwendet und versteckt hatten. Der Wal war allerdings nur aus Pappmaché.

In Ringingen hatten die Narren sogar ein eigenes Blättle. Die "Heufelder Mistzeitung", in der alles glossiert wurde, was sonst der Öffentlichkeit verborgen geblieben war, schildert Unmuth. Waren die Ringinger Narren teilweise in den 30er-Jahren noch hoch zu Ross unterwegs gewesen, wie die frühen Fotos belegen, fuhren sie 1950 mit Pferdefuhrwerken und den wenigen Traktoren mit einem Handwerker- und Gewerbeumzug nach Burladingen, wo sie vom Bürgermeister Rettich und dem Narrenpräsidenten Kajetan Sauter vor dem Rathaus begrüßt wurden.

Auch 1953, so weiß Unmuth, stand die Fehlastadt am Fasnetssonntag ganz im Zeichen der Besetzung durch die hochnärrischen Gollianer, die mit sechs Papp-Panzern, Funk- und Aufklärungswagen der "Europa-Armee" einmarschierten.

Anschließend formierte sich der Zug vor dem Latschare, wo Sauter den Narren aus Ringingen als Zeichen der Anerkennung und Würdigung einen Hafen mit gestandener Milch überreichte und im Gegenzug dafür von den Golle einen glänzenden Saunabel in Empfang nehmen durfte, berichten die Chroniken. Anschließend fanden sich Nautle und Golle zu einem friedlichen und gemütlichen Umtrunk in der Linde ein.

In R ingingen war es Brauch, dass die Narrengesellschaft ihren Bierverbrauch dadurch finanzierte, dass sie im Dorf bei den Bauern Haber bettelte, also um Getreide schnorrte. Das konnte man bei einem Händler in der Enggasse verkaufen und in bare Münze umwandeln. "Da wurde oft um den Preis für das Getreide geschachert", sagt Unmuth. Das Haberbetteln wurde dann am 20. Januar 1953 vom Gemeinderat Ringingen verboten. "Es hat aber zunächst niemand interessiert, sondern ging noch einige Jahre weiter", berichtet der Ringinger Hobby-Historiker. Als Narr muss man der Obrigkeit halt trotzen.