Pennantsittiche stammen eigentlich aus Australien. Foto: /Hähnsen

Unter den schwarz-weißen Elstern in Gutach ist manchmal ein farbiger Punkt zu sehen. Dabei handelt es sich nicht um eine merkwürdige Mutation, sondern um ein exotisches Tier: Ein Pennantsittich lebt seit vier Jahren bei den Rabenvögeln.

In der heimischen Vogelwelt gibt es ein paar bunte Finken, aber dass zwischen schwarz-weißen Elstern manchmal ein buntes Exemplar zu entdecken ist, wird den einen oder anderen Gutacher wohl schon einmal verwundert haben. Und das zu Recht: Bei diesem Individuum handelt es sich nämlich um keine Elster, sondern um ein exotisches Tier: einen Pennantsittich, eine Vogelart, der eigentlich in Australien zu Hause ist.

 

Dem Tierschutzverein Hornberg-Gutach ist das Tier schon seit Jahren bekannt, wie die ehemalige Vorsitzende Loni Rinkenauer unserer Redaktion berichtet. Demnach handelt es sich bei dem Individuum um ein ehemaliges Haustier, das vor bereits vier Jahren seinen Besitzern entflogen ist. „Die Besitzer haben sich damals bei uns gemeldet und berichtet, dass der Vogel entflogen ist“, so Rinkenauer. Er wurde in Gutach gesichtet, verschwand dann aber in Richtung Hausach. „Wir dachten, jetzt ist er weg, den sehen wir nie wieder“, erzählt Rinkenauer. Doch dem war nicht so: Immer wieder tauchte in Gutach und in Hausach der Sittich auf und Einwohner meldeten dem Tierschutzverein, dass sie einen bunten Papagei gesehen hätten.

Irgendwann saß der Vogel sogar bei seinem ehemaligen Besitzern vor dem Haus auf einen Baum. „Die Bewohner waren sich nicht sicher, ob das wirklich ihr ehemaliges Haustier ist, aber als die Frau ein Lied anstimmte, das sie früher oft zusammen zusammen gepfiffen hatten, stimmte das Tier mit ein“, gibt Rinkenauer wieder.

Vogel und Besitzerin pfeifen gemeinsames Lied

Einfangen ließ der Sittich sich allerdings nicht mehr – und das soll auch so bleiben. „Die ehemaligen Besitzer und wir sind uns einig, dass der Vogel mittlerweile verwildert ist und eingehen würde, wenn man ihn einfangen und wieder drinnen halten würde“, sagt Rinkenauer. Von Menschen halte er mittlerweile Abstand und er käme draußen ganz gut zurecht.

Dabei hilft dem Vogel anscheinend, dass er Freunde gefunden hat. Pennantsittiche sind, wie die meisten Papageien, nämlich soziale Tiere und fühlen sich alleine nicht wohl. Dass ausgerechnet Elstern sich seiner angenommen haben, sei zwar ungewöhnlich, erstaune ihn aber nicht vollkommen, sagt Wolfgang Fiedler vom Max-Planck-Institut für Verhaltensbiologie.

Elstern seien nicht speziell dafür bekannt, dass sie artfremde Vögel bei sich aufnehmen, „aber wie alle Rabenvögel sind sie intelligent und können sich auf solche ungewöhnlichen Situationen einstellen.

Ein Mitglied mehr im Schwarm, das keinem schadet, kann ja beim Erspähen einer Gefahr durchaus helfen“, erklärt er.

Und es gebe durchaus einige Gemeinsamkeiten zwischen den Arten. Beide leben sozial und gleichen sich von der Größe her zumindest in etwa. Auch die Silhouette mit dem langen Schwanz habe gewisse Ähnlichkeiten.

Die Arten haben ein paar Gemeinsamkeiten

„Pennantsittiche sind es gewohnt, in großen Schwärmen zu leben und der offenbar irgendwo entkommene Einzelvogel hat sich eben irgendeinen Ersatz gesucht, der ihm wenigstens annähernd dieses Schwarmgefühl vermittelt“, so Fiedler. Es gebe vielleicht sogar Lautäußerungen oder Körperhaltungen, die vom jeweils anderen zumindest ansatzweise verstanden werden können.

Wie die beiden Arten miteinander kommunizieren, kann er nicht genau sagen. „Da wissen wir wenig darüber. Es gibt eine Reihe von Warnrufen, zum Beispiel bei vielen unserer Gartenvogelarten, der bedeutet ,Achtung Feind aus der Luft’, ein hoher langgezogener Ton. Dieser wird artübergreifend verstanden. Das wird auch für eine Reihe von Körpergesten und -reaktionen gelten“, meint Fiedler. Bei der Nahrung unterscheiden sich Pennantsittiche und Elstern allerdings in vielen Bereichen. Elstern sind laut Fiedler Allesfresser, die vor allem im Sommer viel Fleisch zu sich nehmen. Sittiche hingegen ernähren sich hauptsächlich von Körnern und Sämereien. Allerdings nehmen sie auch Früchte und gerne auch Insektenlarven zu sich.

Der Vogel frisst vor allem Körner und Samen

Das ist wohl auch einer der Gründe, warum der Sittich des Öfteren schon an Vogelhäuschen gesichtet wurde, wo er sich am Futter bediente, wie Loni Rinkenauer berichtet. Sie bittet darum, den Pennantsittich in Absprache mit dem Tierschutzverein zu füttern.

Ansonsten hat der Vogel anscheinend keine Probleme mit dem Überleben. Laut Fiedler stammen Pennantsittiche aus dem südöstlichen Australien und Tasmanien. Dort steigt der bis zu 2000 Meter ins Gebirge auf; er lebt also nicht in tropischen Klimaten. „Mit Feuchtigkeit wird er offenbar gut fertig, sehr tiefe Temperaturen und starker Frost dürften ihm aber durchaus gefährlich werden“, erklärt der Vogelexperte. „Was in solchen Fällen von längerfristig bei uns im Freien lebenden Papageien leider häufig berichtet wird, sind abgefrorene Zehen. Dafür scheint es ein besonderes Risiko zu geben. Aber natürlich kommt es auch auf die Vorgeschichte des Vogels an. Vielleicht hatte er regelmäßig die Möglichkeit, sich in einer Außenvoliere aufzuhalten und ist deswegen gegen tiefere Temperaturen etwas abgehärtet.“

Papageienkolonien in Deutschland

Mittlerweile konnten sich in Deutschland wieder Papageienpopulationen etablieren, die nach der Flucht oder der Freilassung einiger Tiere aus Gefangenschaft entstanden sind. Es gibt in Deutschland etwa zehn verschiedene, frei lebende Papageienarten, darunter Halsbandsittiche, Gelbkopfamazonen, Mönchsittiche und Großen Alexandersittiche. Sie leben in kleinen Kolonien von mehreren hundert Tieren vor allem in Städten wie Düsseldorf, Bonn, Köln oder Hamburg.