Am 8. Dezember wird bundesweit der Katastrophenfall geübt. Um 11 Uhr soll die Bevölkerung möglichst flächendeckend gewarnt werden. Ein neues System soll einen ähnlichen Reinfall wie vor zwei Jahren verhindern.
Heulen die Sirenen – oder heulen sie nicht? Blinken die Mobiltelefone rechtzeitig auf? Solche Fragen stellen sich am 8. Dezember. Um 11 Uhr soll beim bundesweiten Warntag eine Probewarnung möglichst viele Menschen in Deutschland erreichen. Eine Dreiviertelstunde später soll die Entwarnung folgen. Wie erfolgreich das wird, ist eine spannende Frage. Denn beim ersten Warntag seit der Wiedervereinigung vor gut zwei Jahren ging einiges schief. Warnapps schlugen wegen Überlastung zu spät oder gar nicht an, viele Sirenen blieben stumm.
Nun also die Neuauflage – mit einem Jahr Verspätung, weil noch an der Technik gefeilt werden musste. Für die Übung gibt es wichtige Gründe. Seit Ende des kalten Krieges haben die Deutschen überwiegend gute Zeiten erlebt. Der Bevölkerungsschutz ist dabei zunehmend in den Hintergrund getreten, stellenweise geradezu vernachlässigt worden. Doch jetzt, angesichts von Unwetterkatastrophen wie im Ahrtal, von Klimawandel, Terror und Krieg in Europa, scheint eine funktionierende Warnkette plötzlich wieder aktueller denn je.
Damit sich die Pleite vom September 2020 nicht wiederholt, sind die Warnmittel ausgeweitet worden. Bund, Länder, Landkreise und Kommunen wollen diesmal auf möglichst vielen verschiedenen Wegen Alarm auslösen. Die Nationale Warnzentrale im Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) will damit sowohl die technischen Systeme testen als auch die Bevölkerung sensibilisieren.
Zentrales Instrument des bundesweiten Alarms ist das Modulare Warnsystem (Mowas). Über Mowas sendet das Bundesamt die Probewarnung an viele verschiedene Kanäle, die angeschlossen sind. Dazu gehören Rundfunk- und Fernsehanstalten, Zeitungsredaktionen sowie weitere Medien, digitale Werbetafeln, aber auch Apps fürs Handy wie die Warn-App Nina.
Cell Broadcast wird erprobt
Neu in der Erprobung ist das System Cell Broadcast. Dieser zusätzliche Warnkanal soll bis Februar 2023 einsatzbereit sein und beginnt jetzt seine Testphase gemeinsam mit den Mobilfunknetzbetreibern. Für Cell Broadcast braucht man keine App auf dem Handy. Vielmehr soll die Probewarnung bei vielen Mobiltelefonen direkt auf dem Bildschirm aufleuchten. Dafür müssen sie empfangsbereit sein, das heißt eingeschaltet und in einer Funkzelle eingebucht. Weil zudem ältere Geräte nicht geeignet sind, gehen Experten davon aus, dass über Cell Broadcast nur etwa jedes zweite Handy erreicht wird. Die Behörden erhoffen sich vom Testlauf hierzu genauere Erkenntnisse.
Zu diesen zentralen Warnmöglichkeiten kommen noch weitere hinzu – nämlich diejenigen, über die Kommunen und Landkreise zusätzlich verfügen. Deren Beteiligung ist allerdings freiwillig. In erster Linie geht es dabei um Sirenen oder Lautsprecherwagen.
Die Sirenenprogramme sind noch am Anfang
Die werden allerdings vielerorts stumm bleiben. Denn nach Ende des Kalten Krieges ist das bis dahin existierende bundesweite Sirenennetz den Kommunen angeboten und in der Folge weitgehend abgebaut worden. Es galt als überholt und veraltet. Doch auch hierbei hat es zuletzt ein Umdenken gegeben. Rund 90 Millionen Euro hat der Bund in einem bereits 2021 aufgelegten Sirenen-Förderprogramm den Ländern zur Verfügung gestellt. Das Geld dürfte reichen, um ungefähr 5000 Anlagen neu zu errichten oder bestehende zu ertüchtigen. Das genügt nicht für eine flächendeckende Warnung. Und viele Gemeinden stecken noch mitten im Aufbau, sodass zumindest die neuen Sirenen vielerorts noch nicht zur Verfügung stehen.
Einen wirklichen Überblick darüber, wo was vorhanden ist, gibt es bisher nicht. Deshalb sind Bund und Länder derzeit dabei, auch gemeinsam ein bundesweites Warnmittelkataster aufzubauen. Darin sollen alle vorhandenen Warnmittel, insbesondere Sirenen, enthalten sein.
Um Rückschlüsse darüber zu bekommen, wie erfolgreich der Warntag verlaufen ist, setzt das BBK auch auf Reaktionen der Bevölkerung. Besonders dem neuen Kanal Cell Broadcast gilt dabei das Interesse. Dafür steht am Warntag und in den Tagen danach unter www.umfrage-warntag.de eine Umfrage im Internet zur Verfügung. Und alle Beteiligten hoffen, dass die Handys diesmal rechtzeitig aufleuchten und zumindest manche Sirenen heulen.